Gesellschaft MeToo-Debatte spaltet Deutschland
Berlin (dpa) - Eine Mehrheit der Erwachsenen in Deutschland findet eine Debatte wie MeToo über Missbrauch und Sexismus wichtig. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.
Von den 56 Prozent, die die Debatte wichtig nennen, halten sie 13 Prozent sogar für "sehr wichtig" und 11 Prozent für "äußerst wichtig". Auf der anderen Seite finden 27 Prozent eine Debatte über sexuelle Übergriffe, erlebte sexuelle Belästigung sowie Machtmissbrauch generell "weniger wichtig" oder "unwichtig". Der Rest (17 Prozent) der 2036 Teilnehmer machte keine Angabe.
Bei den Frauen ist der Anteil jener, die das Thema "sehr" oder "äußerst" wichtig finden, mit 29 Prozent höher als bei den Männern (19 Prozent). Ein Drittel der Männer hält eine solche Debatte für unwichtig oder weniger wichtig, bei den Frauen ist es ein Fünftel.
Die sogenannte MeToo-Bewegung gibt es seit einem halben Jahr. Sie ging von den USA aus: Die Schauspielerin Alyssa Milano übernahm den Begriff im Oktober von der Aktivistin Tarana Burke und rief dazu auf, sich mit dem Schlagwort #MeToo ("Ich auch") als Opfer sexueller Übergriffe zu erkennen zu geben. Das sollte das Ausmaß des Problems sichtbar machen. Vorangegangen war ein "New York Times"-Artikel mit Vorwürfen gegen den US-Filmproduzenten Harvey Weinstein.
Auf die Frage, ob sie von der MeToo-Debatte schon mal gehört haben, antworteten nun 53 Prozent mit Ja, ganze 42 Prozent verneinten das hingegen. Der Rest machte keine Angabe. Bei den Männern waren es mehr (56 Prozent), die davon schon gehört haben, als bei den Frauen (50 Prozent).
Generell sind Frauen und Männer in Deutschland laut Umfrage sehr uneins darüber, ob es hierzulande eine Gleichberechtigung der Geschlechter gibt. So antworteten nur 32 Prozent der Frauen mit Ja. Bei den Männern waren es dagegen 57 Prozent. 63 Prozent der Frauen sahen dagegen keine oder eher keine Gleichberechtigung, bei den Männern waren es nur 39 Prozent. Der Rest machte jeweils keine Angabe oder antwortete mit "Weiß nicht".
Diejenigen Teilnehmer, die die MeToo-Debatte kennen, sind auch gespalten in der Frage, ob die Diskussion in der deutschen Gesellschaft eine Veränderung bewirkt hat. 44 Prozent meinen, die Debatte habe keine Veränderung gebracht, 27 Prozent sehen eine positive Veränderung und 12 Prozent eine negative Veränderung. 17 Prozent machten keine Angabe. Frauen sehen dabei eher eine positive Veränderung (31 Prozent) als Männer (24 Prozent).
Gespalten ist die Bevölkerung auch, wenn es darum geht, ob die MeToo-Debatte gut geführt werde. "Übertrieben" finden sie laut Umfrage 43 Prozent (50 Prozent der Männer, 36 Prozent der Frauen). Genau richtig im Umfang findet sie ein Drittel. "Die Debatte sollte aktuell noch stärker verfolgt werden" sagten 15 Prozent. Bei den Frauen taten dies 20 Prozent, bei den Männern nur 11 Prozent.
Zwei Drittel der Erwachsenen in Deutschland (65 Prozent), die die MeToo-Debatte kennen, sagten außerdem, diese Debatte habe bisher keinen Einfluss auf ihr persönliches Leben gehabt. Allerdings gaben auch 18 Prozent (21 Prozent der Frauen, 14 Prozent der Männer) an, dass sie darüber in ihrem familiären Umfeld oder mit Freunden diskutieren. Fast jedem Zehnten (9 Prozent gesamt, 15 Prozent bei Frauen, 3 Prozent bei Männern) sind entsprechende Erlebnisse von früher eingefallen. 7 Prozent diskutieren an ihrem Arbeitsplatz über MeToo.
6 Prozent fühlen sich im Vergleich zu früher im Umgang mit Männern oder Frauen unsicherer. Jeweils 3 Prozent sagten, sie verhielten sich nun anders im Alltag oder aber sie teilten nun Erlebnisse von früher mit jemandem. Vorfälle von früher angezeigt haben 2 Prozent.