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Unfälle: Debatte über Notbremsassistenten nach Busunfall auf A9


Nach dem Bus-Inferno
Debatte über Notbremsassistenten nach Busunfall auf A9

Von dpa
Aktualisiert am 05.07.2017Lesedauer: 3 Min.
Warum sich das Feuer so schnell ausbreitete muss noch aufgeklärt werden.Vergrößern des Bildes
Warum sich das Feuer so schnell ausbreitete muss noch aufgeklärt werden. (Quelle: Matthias Balk./dpa)

Münchberg (dpa) - Der Busunfall mit 18 Toten hat eine Debatte über Notbremsassistenten ausgelöst. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erwägt, das Abschalten solcher Systeme in Omnibussen und Lastwagen zu verbieten. Der ADAC fordert strengere gesetzliche Vorgaben für deren Einsatz.

Allerdings macht die Polizei noch keine Angaben dazu, ob der auf der Autobahn 9 bei Münchberg verunglückte Reisebus mit einem Notbremsassistenten ausgestattet war - geschweige denn, ob das System abgestellt war. Auch zum Stand der Verletzten gab es am Mittwoch kaum Neuigkeiten.

Dobrindt sagte: "Es ist richtig darüber nachzudenken, die Deaktivierung nicht mehr zu ermöglichen." In Omnibussen sei das Abschalten dieses Systems eher unüblich, in Lastwagen werde es hingegen oft getan, erläuterte Dobrindt. Für neu zugelassene Busse und Lkw sind Notbremsassistenten seit 2015 vorgeschrieben.

Nach Ansicht des Verkehrswissenschaftlers Sören Hohmann vom Karlsruher Institut für Technologie sollten sie nicht komplett abschaltbar sein: "Man sollte in diesem Bereich nicht-ausschaltbare Systeme für das Manöver des letzten Augenblicks zulassen." Damit sei die letzte von drei Warnstufen gemeint, die eigentliche Vollbremsung. Gewarnt wird zunächst mit einem Piep- oder Hupton, danach mit leichter Verzögerungsbremsung. Die letzte Stufe, die Vollbremsung, soll ein Fahrer auf keinen Fall abschalten können.

"Das ist auch eine gesellschaftliche Frage", sagte Hohmann. Zwar seien Warntöne vor der Vollbremsung störend für die Fahrer, die lange in ihrem Lastwagen oder Bus sitzen. "Auf der anderen Seite ist das ein Beruf, und die Zahl der Lastwagen auf der Straße nimmt zu."

Zudem gibt es mehr Baustellen und damit potenzielle Staugefahren, wie eine ADAC-Sprecherin deutlich machte. Auf Jahresfrist sei deren Zahl um ein Fünftel gestiegen. Allerdings müsse etwa bei Lkw mit mehr als acht Tonnen das Tempo nur um zehn km/h gedrosselt werden. "Im November 2018 kommt eine Verschärfung, dann müssen sie bis zu 20 km/h verringern können", sagte die Sprecherin. "Ein Bus fährt bis zu 100 km/h. Bei der Masse, die da kommt, reicht das nicht."

Am Montag hatte sich auf der A9 ein Stau gebildet, als der Reisebus auf einen Sattelzug auffuhr und Feuer fing. 18 Menschen starben, 30 wurden verletzt. Von den Überlebenden kamen 26 aus Sachsen und 4 aus Brandenburg. Der Großteil der Verletzten ist nach Angaben des sächsischen Sozialministeriums inzwischen entlassen worden und wieder in der Heimat. Drei Menschen hatten lebensgefährliche Brandwunden erlitten. Ihr Zustand sei unverändert, sagte eine Polizeisprecherin.

Ein Verkehrsunfallsachverständiger und ein Brandsachverständiger seien mit den Ermittlungen betraut, die sich noch einige Zeit hinziehen dürften. Nach bisherigen Erkenntnissen gehen sie davon aus, dass der Busfahrer für den Unfall verantwortlich ist. Der 55-Jährige starb in den Flammen. Technische Mängel werden aber auch überprüft.

Für die Sanierung des Autobahnabschnitts werde eine Fachfirma kommende Woche die Deckschicht der Fahrbahn auf einer Länge von 250 Metern abfräsen, berichtete die "Frankenpost" unter Berufung auf die Autobahndirektion Nordbayern. Dann werde eine neue Asphaltschicht auftragen. Ein genauer Termin für den Einsatz stehe noch aus.

Die Frage nach Notbremsassistenten stellt sich derweil ebenso Autofahrern. Auch für Pkw sei die flächendeckende Ausrüstung damit wünschenswert, sagte Forscher Hohmann. "Die Systeme sind ausgereift genug." Der ADAC sieht das anders: Ein Test ergab, dass die Sensoren beim Erkennen von Hindernissen gut funktionieren. Es gab aber Probleme bei nasser Fahrbahn und wenn bestimmte Sensoren abgedeckt waren - wie es etwa durch Laub oder Vogelkot passieren könnte.

Insgesamt kam der Autoclub zu dem Urteil, ein Notbremsassistent stelle neben dem elektronischen Stabilitätsprogramm den bestmöglichen Unfallschutz dar. "Deshalb sind die Hersteller aufgefordert, sie zuverlässig zu konstruieren und serienmäßig für alle Fahrzeugklassen anzubieten." Die Sprecherin sagte, die Systeme müssten ausgereifter werden.

Laut ADAC sind knapp ein Viertel aller Unfälle in Deutschland mit Personenschäden Auffahrunfälle. "Rund 40 Prozent davon wären durch den Einsatz eines Notbremsassistenten zu vermeiden."

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