Totschlag und Brandstiftung Palliativarzt soll vier Menschen in Berlin getötet haben
Er soll vier Menschen getötet haben, nun sitzt er in Untersuchungshaft: Die Polizei hat einen 39 Jahre alten Palliativarzt festgenommen. Sie ermittelt auch wegen des Verdachts auf Brandstiftung.
Ein Palliativarzt soll in Berlin vier Patienten getötet haben. Der 39-Jährige sitzt in Untersuchungshaft, wie Staatsanwaltschaft und Polizei mitteilten. Gegen ihn wird wegen des Verdachts des Totschlags und der Brandstiftung ermittelt. Das Motiv des Mannes sei noch unklar, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es werde geprüft, ob es noch weitere Verdachtsfälle geben könnte.
Der Mediziner war laut Staatsanwaltschaft seit Jahresanfang im Palliativteam eines Pflegedienstes beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit soll er nach den Ermittlungen zwischen dem 11. Juni und dem 24. Juli vier Patientinnen auf bisher noch unbekannte Weise in deren Wohnungen getötet haben. Anschließend habe er dort Feuer gelegt, um die Taten zu vertuschen, hieß es.
Bei den mutmaßlichen Opfern handelt es sich demnach um vier Frauen im Alter zwischen 72 und 94 Jahren. In drei Fällen habe der Mann ein Feuer gelegt, in einem Fall sei es bei versuchter Brandstiftung geblieben.
Versuchte Vertuschung durch Brandstiftung
Im Falle einer 87-jährigen Seniorin, die der Verdächtige am 11. Juni in Berlin-Neukölln umgebracht haben soll, konnten die alarmierten Rettungskräfte die Frau zunächst noch reanimieren. Sie starb kurze Zeit später im Krankenhaus.
Am 8. Juli soll er den Angaben zufolge ebenfalls in Neukölln eine 76-Jährige in deren Wohnung getötet haben. Hier sei ihm der Versuch, ein Feuer zu legen, missglückt. Der Mann habe daraufhin Angehörige der Frau informiert und behauptet, er stünde vor der Wohnung und sie reagiere nicht auf sein Klingeln.
Ein weiteres Opfer in Neukölln soll eine 94 Jahre alte Patientin gewesen sein. Eine 72 Jahre alte Frau soll der Arzt dann am 24. Juli im Berliner Ortsteil Plänterwald getötet haben.
Zunächst Ermittlungen wegen Brandstiftung mit Todesfolge
Die Festnahme des Mannes und die Vorführung bei einem Haftrichter erfolgten bereits am Dienstag. Seither sitzt der 39-Jährige in Untersuchungshaft. Der Mediziner war bei den Ermittlungen zu den Bränden zunehmend in den Fokus geraten. Zunächst wurde wegen Brandstiftung mit Todesfolge ermittelt, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Parallel habe es einen Hinweis vom Pflegedienst gegeben.
"Wir können Ihnen sagen, dass der gesamte Sachverhalt für uns unbegreiflich ist und wir zutiefst erschüttert sind", zitierte die "Abendschau" des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) den Pflegedienst. Die vollständige Aufklärung der Vorgänge habe jetzt oberste Priorität. "Und wir kooperieren bestmöglich mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft."
Die Wohnungen der Opfer lagen meist in Mehrfamilienhäusern. Von den Bränden waren daher noch andere Bewohnerinnen und Bewohner betroffen, von denen einige verletzt wurden.
Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Taten stehen laut Staatsanwaltschaft noch am Anfang. In den Wohnungen der Opfer fehlen nach bisherigen Erkenntnissen keine Wertgegenstände, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Gegen eine Tötung auf Verlangen spricht aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Brandserie. Auch die konkrete Todesursache müsse noch untersucht werden, so der Sprecher.
Immer wieder Tötungsdelikte in der Pflege
In der Vergangenheit sorgten andere Fälle getöteter Patienten für Schlagzeilen. Ende April wurde in Berlin ein früherer Herzmediziner der Charité zu vier Jahren Haft verurteilt, weil er nach Ansicht des Landgerichts zwei Schwerstkranke auf der kardiologischen Intensivstation in den Jahren 2021 und 2022 mit überdosierten Medikamenten getötet hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sowohl der Arzt als auch die Staatsanwaltschaft sind in Revision gegangen.
In Bremen wurde ebenfalls im April ein Altenpfleger wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach Auffassung des Landgerichts Bremen wollte er mit seinen Taten Anerkennung erlangen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt den Mann, weitere Taten begangen zu haben.
In München wurde im Mai 2023 ein Krankenpfleger wegen zweifachen Mordes und sechsfachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt. Der 27-Jährige hatte vor Gericht unumwunden eingeräumt, zwei 80 und 89 Jahre alte Patienten getötet und es bei drei weiteren versucht zu haben. Das Motiv, das er angab: Er wollte seine Ruhe haben.
Der wohl bekannteste Fall dürfte der von Ex-Pfleger Niels Högel sein. Das Landgericht Oldenburg verurteilte ihn im Juni 2019 wegen 85-fachen Mordes zu lebenslanger Haft. Zugleich stellte es die besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren in der Praxis so gut wie ausschließt. Der als "Todesengel" bekanntgewordene Högel war wegen 100 Morden angeklagt, bei denen er seinen Opfern eigenmächtig Medikamente gespritzt haben soll.
- Nachrichtenagentur dpa