"Bitter, aber unumgänglich" Greenpeace hält Wiederbetrieb von Steinkohlekraftwerken für nötig
Normalerweise spricht sich Greenpeace deutlich gegen Kohlekraftwerke aus. Wegen der Energiekrise weicht die Organisation nun aber von ihren Prinzipien ab.
Der Umweltverband Greenpeace hat die Wiederinbetriebnahme von Steinkohlekraftwerken für die Stromversorgung als notwendig bezeichnet. "Es ist bitter, aber unumgänglich, dass bereits stillgelegte Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen", sagte Karsten Smid, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace. "Um sich aus der politisch verschuldeten Abhängigkeit von Putins Gaslieferungen zu befreien, müssen Steinkohlekraftwerke kurzzeitig in die Bresche springen."
Damit daraus kein Rückschritt für den Klimaschutz werde, müssten jedoch die jetzt zwangsläufig entstehenden zusätzlichen Emissionen in den folgenden Jahren ausgeglichen werden, sagte Smid angesichts der geplanten Wiederinbetriebnahme von Steinkohlekraftwerken in Bexbach (Saarland) und Heyden (Nordrhein-Westfalen).
Greenpeace fordert Verzicht auf Braunkohlekraftwerke
Greenpeace fordert aber, auf das Anfahren von Braunkohlekraftwerken für die Stromversorgung zu verzichten. "Für eine sichere Stromversorgung muss kein einziges der besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke wieder angefahren werden – um die beschlossenen Klimaziele zu erreichen, dürfen sie auf keinen Fall neu befeuert werden", sagte Smid. "Die hohen Preise für Gas und Strom erzwingen einen sparsamen Umgang mit Energie und machen Wind- und Sonnenstrom konkurrenzlos günstig", sagte der Greenpeace-Experte.
Die Bundesregierung will Strom wieder vermehrt aus Kohle produzieren lassen, um in der Energiekrise Gas zu sparen. Seit dem 14. Juli erlaubt eine Verordnung, dass Steinkohlekraftwerke aus der sogenannten Netzreserve wieder in Betrieb gehen können.
NRW produziert Strom hauptsächlich aus Kohle
In Nordrhein-Westfalen produzierten die Energieversorger im ersten Halbjahr 2022 deutlich mehr Strom aus Kohle als im Vorjahr. Die Nutzung von Gas ging dagegen deutlich zurück, wie das Statistische Landesamt IT.NRW am Montag mitteilte. Erneuerbare Energien spielten im bevölkerungsreichsten Bundesland bei der Stromproduktion der Energieversorger weiter nur eine untergeordnete Rolle.
Von Januar bis Juni 2022 war der wichtigste Energieträger in der Stromerzeugung Kohle mit einem Anteil von insgesamt 81 Prozent an der Bruttostromerzeugung. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 stieg die Stromerzeugung aus Braunkohle um 13,5 Prozent sowie aus Steinkohle um 52,1 Prozent.
Aus Erdgas wurden von Januar bis Juni dieses Jahres 6.224 Gigawattstunden Strom erzeugt. Der Anteil von Strom aus Erdgas betrug 13,8 Prozent an der Bruttostromerzeugung, was ein Rückgang von 30,5 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum ist.
Nur 2,9 Prozent der Stromproduktion der nordrhein-westfälischen Energieversorgungsunternehmen stammten aus erneuerbaren Energieträgern. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutete dies ein Plus von 19,5 Prozent.
- Nachrichtenagentur dpa