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Europawahl 2019: Kritik und Hoffnung - Europäer erzählen, was sie bewegt


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Das bewegt Europa vor der Wahl
"Unsere Sorgen sind im Westen Europas nicht bekannt"

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Aktualisiert am 25.05.2019Lesedauer: 5 Min.
Europäer erzählen, was sie bewegt: Sie haben viel Kritik an der EU – aber auch eine Menge Hoffnung.Vergrößern des Bildes
Europäer erzählen, was sie bewegt: Sie haben viel Kritik an der EU – aber auch eine Menge Hoffnung. (Quelle: t-online)
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Wenn Europa am Wochenende wählt, bestimmen die Menschen, wie es mit der Union weiter geht. Bei t-online.de erzählen sie, was sie bewegt: Dabei gibt viel Kritik an der EU – aber auch eine Menge Hoffnung.

In diesen Tagen ist Europawahl: 400 Millionen Wahlberechtigte aus 28 Ländern sind aufgerufen, das Parlament zu bestimmen. 400 Millionen Sorgen und Nöte, Hoffnungen und Zuversichten. Doch was denken die Menschen von den Niederlanden bis nach Bulgarien über die Wahl? Für welche Themen brennen sie? Was macht sie wütend? Wie wichtig ist ihnen Europa?

Wir haben nachgefragt: Herausgekommen sind Schlaglichter, die zeigen wie unterschiedlich Europa wahrgenommen wird – und das trotzdem über viele Ansichten Einheit herrscht.

Laura Stromberger ist Social-Media-Managerin bei der Caritas Österreich:

Mich beschäftigt die Spaltung der Gesellschaft, gerade im Hinblick auf Wahlen. Aber ich sehe es auch bei meiner Arbeit für eine NGO. Ich sehe, dass in der Politik sehr populistisch und schwarz-weiß denkend gearbeitet wird, mit Manipulation und die Halbwahrheiten. Ich glaube auch, dass für viele Menschen nicht mehr genug Zeit ist, zu überlegen, was gerade politisch und in der Gesellschaft passiert.

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Die Politik betrifft mittlerweile alle Entscheidungen: ob ich jetzt regionale Bio-Lebensmittel kaufen kann, ob Sozialhilfeempfängern Leistungen gekürzt werden oder Förderungen an härtere Maßnahmen geknüpft werden. Es gibt heutzutage nichts mehr Unpolitisches.

Gerade in solchen Zeiten finde ich es gut, einen Schirm über Europa zu haben. Jemanden, der eine gemeinsame Identität sieht oder sogar eine moralische Instanz darstellt. Eine Institution, die Belange Europas zusammenfasst. Was etwa gut in Amerika funktioniert: Die Menschen sehen sich zunächst als Amerikaner, bevor sie sagen, aus welchem Bundesstaat sie kommen. Und bei uns ist ja jeder zunächst Wiener, oder aus Stockerau und dann irgendwann ist er Österreicher. Und erst an fünfter Stelle – wenn überhaupt – kommt dann die Identität als Europäer.

Lisa Pak, geboren und aufgewachsen in den Niederlanden, arbeitet in der Mobile-Gaming Industrie in Berlin:

Ich fühle mich nicht sehr mit den EU-Wahlen verbunden, weil es sich für mich so anfühlt, als würden alle Länder dort ihre eigenen Interessen verfolgen, anstatt gemeinsam an einer Zukunft der gesamten EU zu arbeiten. Zum Beispiel glaube ich, dass wir als Gemeinschaft die Lage der Flüchtlinge verbessern könnten: Ich finde, dass wir alle in der EU dafür sein sollten, Flüchtlingen zu helfen und ihnen eine neue Heimat zu geben, wenn ihr Land durch Krieg zerstört wird und ihr Leben nicht mehr sicher ist. Doch viele Länder haben egoistische Motive, sie sagen man müsse helfen, aber man könnte niemanden mehr aufnehmen. Das wirkt, wie eine Ausrede: "Ja wir helfen, aber nur wenn es uns selbst keinen Ärger macht."

Für mich – die gerne reist und bereits in vielen Ländern gelebt hat – würde ich mir wünschen, die Länder hätten nicht alle ihre eigenen Gesetze und Regeln: Das fühlt sich nicht wie eine Union an. Klar sollte jedes Land seinen eigenen Charakter haben und auch eigene Regeln – aber es sollte sich nicht immer nur alles darum drehen. Ich würde mir daher mehr gemeinsame Kampagnen der Länder wünschen, mit denen sich die EU-Bürger einerseits identifizieren können, aber die andererseits auch zeigen, dass sie in mehr als nur einem Land relevant sind. Das würde sich wie eine echte Gemeinschaft anfühlen – und das ist etwas, für das man momentan wirklich wählen gehen sollte.

Katja Goumnerova aus Bulgarien ist Journalistin und Schriftstellerin. Sie hat viele Jahre in Westdeutschland gelebt und gearbeitet. Sie lebt in Sofia:

An der Europawahl teilzunehmen, ist wichtig. Vor allem für die jungen Menschen des Landes, weil es ihnen die Möglichkeit gibt, sich in der Zukunft an allem zu beteiligen. Ich habe in den letzten Jahren erkannt, was für eine wichtige Rolle die Europaparlamentarier für Bulgarien spielen. Deswegen werde ich die Gelegenheit zu wählen nicht verpassen.

Durch unsere Stimmen können wir Bulgarien in der Mitte des europäischen Projekts positionieren. Es ist nicht vollkommen und längst nicht vollendet. Wenn wir Bulgaren in die Zukunft in der Europäischen Union blicken, muss ich sagen, dass wir keine föderalistische Gemeinschaft anerkennen sollten, solange nicht einiges passiert: Die Macht der rechtsorientierten Parteien muss geringer werden. Die Bürokratie im Europaparlament muss bekämpft werden. Die Rechtskontrolle über alle Mitgliedsländer muss strenger werden, um Korruption zu bekämpfen.

Einige Sorgen, die wir hier haben, sind den Regierungen und Menschen im Westen Europas gar nicht bekannt. Diese Probleme dort verständlich zu machen, darin sehe ich die Rolle unserer Europaparlamentarier. Die Zukunft der Europäischen Union hängt vom Prinzip der Gleichberechtigung ab. Nur wenn alle Mitgliedsstaaten respektiert werden, wird es funktionieren. Sonst droht allen ein Domino Effekt!

Madeleine Alizadeh lebt in Wien und ist Podcasterin, Instagrammerin und Aktivistin:

Mich beschäftigt vor allem die Klimakrise und das Artensterben. Uns muss klar werden, wie wir mit den ökologischen Herausforderungen und dem Planeten der Zukunft umgehen wollen.

Die EU-Wahl spielt dabei eine sehr große Rolle. Viele Umweltschutzgesetze werden auf EU-Ebene beschlossen, was uns wiederum auf nationaler aber auch globaler Ebene betrifft.

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Santiago Núñez Negrillo ist Webentwickler aus Spanien. Seit acht Jahren lebt er in Berlin:

Ich glaube viele Leute denken, dass Entscheidungen, die im Europa-Parlament getroffen werden, nicht für die Bürger sondern für die großen Konzerne sind. Manchmal ist es auch für mich unklar, welche Vorteile es bringt zu Europa zu gehören. Sowohl die Politiker als auch die Medien sprechen kaum über die Vorteile von Europa, nur über Strafen oder Verboten, die aus dem EU-Parlament oder Europas Gerichten kommen. Deshalb kann ich nachvollziehen, dass die Leute es nicht glauben, warum eine gemeinsame Zukunft besser ist als eine getrennte.

Um zu verstehen, was die europäische Gemeinschaft wirklich ist, muss man durch Europa reisen und mit Leuten von anderen Ländern sprechen – dann begreift man auch die Vorzüge der EU. Mir kommt es oft so vor, dass wegen dieser Unwissenheit der Menschen über die Politiker und ihre Arbeit, die Europawahl nicht ernst genommen wird und die Menschen sich nicht mit der Union verbunden fühlen.

Für mich ist Europa allerdings sehr wichtig. Als Ausländer kann ich erleben, wie einfach es ist, zu arbeiten, ein Bankkonto zu eröffnen, zu verreisen. Das alles ermöglicht mir ein gemeinsamen Europa.

Sara Deborah ist Geigerin und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Süd-England:

Worauf beruht die europäische Zusammenarbeit ursprünglich? Auf dem Wunsch der Völker, friedlich und mit Respekt für individuelle Kulturen miteinander zu leben, positiv in der Welt zu wirken und den beruflichen, wirtschaftlichen und persönlichen Austausch miteinander zu ermöglichen. In den nächsten Jahren kommen riesige Anforderungen auf uns zu, vor allem im Hinblick auf radikale, allumgreifende Maßnahmen um das Schlimmste des Klimawandels aufzuhalten – innerhalb der nächsten zwölf Jahre so heißt es, wird das Schicksal unserer Kinder und Nachkommen unwiederbringlich bestimmt.


Die Bewahrung unseres Lebensraumes können wir nur gemeinsam erreichen, durch schnelles, verantwortliches Handeln. Dann ist mir auch wichtig, dass die sozialen Werte, die Europas Kultur geprägt haben, wieder in den Mittelpunkt rücken: gleiche Chancen für alle, Aufnahme von Notleidenden, gegenseitige Hilfe. Keine Abschottung vom Rest der Welt, sondern ein sich selbst erneuerndes und regulierendes, bürgernaheres Europa, das seine Werte in der Welt vertritt und lebt. Alle, denen unsere Welt und das friedliche Zusammenleben der Menschen am Herzen liegt, sollten wählen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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