Junge Union rebelliert gegen AKK Parteibasis soll Kanzlerkandidat bestimmen
Sie wollen künftig mitentscheiden, wer aus der Partei für das Kanzleramt kandidiert: Die Junge Union hat sich klar gegen den Willen von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gestellt – und Friedrich Merz gefeiert.
Gegen den ausdrücklichen Willen von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Junge Union am Freitag für mehr Mitsprache der Partei bei der Suche nach einem künftigen Kanzlerkandidaten gestimmt. Ein entsprechender Antrag auf eine Urwahl erhielt auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Saarbrücken mit 170 von 277 gültigen Stimmen eine klare Mehrheit von gut 60 Prozent. 107 Delegierte stimmten mit Nein. Das Votum dürfte die wegen sinkender Umfragewerte ohnehin in Bedrängnis geratene Kramp-Karrenbauer weiter unter Druck setzen.
Merz wird wie Popstar gefeiert
Zuvor hatte Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) die Union im Urwahlstreit auf dem JU-Kongress zum Zusammenhalt aufgerufen und sein weiteres Engagement für die CDU angekündigt. Die Delegierten feierten ihn dafür fast wie einen Popstar. Für etliche unter ihnen gilt er offenbar weiterhin als großer Hoffnungsträger der Union.
Die Entscheidung der JU für eine Urwahl bedeutet noch nicht, dass ein solches Verfahren Wirklichkeit wird. Zum einen ist neben CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer auch der CSU-Vorsitzende Markus Söder dagegen. Zum anderen ist unklar, wie der CDU-Parteitag Ende November über einen entsprechenden Antrag entscheiden würde. Nach dem Votum der JU dürfte aber klar sein, dass sich der Parteitag in Leipzig am 22. und 23. November mit dem Thema befassen muss.
Merz rief den JU-Delegierten zu, er habe Kramp-Karrenbauer nach deren Wahl zur CDU-Chefin im Dezember 2018 "aus fester und tiefer Überzeugung" zugesagt, ihr "bei dieser schwierigen Aufgabe (...) zu helfen und sie zu unterstützen". "Und zu dieser Zusage stehe ich uneingeschränkt." Es sei klar gewesen, dass Kramp-Karrenbauer auch Fehler machen würde. Auch er hätte im Falle einer Wahl Fehler gemacht, sagte Merz.
Merz: "Vielleicht zum Jahreswechsel eine Wahl"
Vielleicht werde es irgendwann am Jahreswechsel, Anfang 2020, Ende 2020, aber spätestens Ende 2021 eine Bundestagswahl geben, sagte Merz und rief die Delegierten auf, sich der Verantwortung zu stellen. Merz war kurzfristig auf die Rednerliste in Saarbrücken gesetzt worden. Die Delegierten reagierten zum Schluss von Merz' Rede mit lang anhaltendem Applaus und "Friedrich, Friedrich"-Rufen. Sie sangen: "Oh, wie ist das schön. Sowas hat man lange nicht gesehen."
Kramp-Karrenbauer sagte während einer Auslandsreise im lettischen Riga, es stehe der JU frei, ihren Beschluss beim CDU-Bundesparteitag Ende November in Leipzig einzubringen. Im "Tagesspiegel" sagte sie ergänzend: "Im Übrigen habe ich im letzten Jahr gezeigt, dass ich vor keinem demokratischen Auswahlverfahren Angst haben muss." Im Kampf um den CDU-Vorsitz hatte sie sich gegen Friedrich Merz und Jens Spahn durchgesetzt.
Kramp-Karrenbauer und Söder lehnen Urwahl ab
Rückendeckung erhielt Kramp-Karrenbauer von CSU-Chef Markus Söder, der sich im "Spiegel" ebenfalls gegen eine Urwahl aussprach. "Sie verstößt gegen die Idee einer gemeinsamen Entscheidung von CDU und CSU." Es könne nicht sein, "dass eine Unionsschwester per Urwahl einen Kanzlerkandidaten bestimmt und die andere das nur noch abnicken kann". Zu seinen eigenen Ambitionen auf eine mögliche Kanzlerkandidatur hält sich Söder laut "Spiegel" bedeckt.
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Den JU-Delegierten lagen ursprünglich mehrere Anträge zur Urwahl vor. Einer forderte etwa mehr Mitsprache der Basis, ein weiterer sprach sich für die Urwahl bei der Kanzlerkandidatur aus, und ein anderer Antrag wollte sowohl den Parteivorsitz wie auch die Kanzlerkandidatur über eine Urwahl bestimmen. Die Antragskommission des JU-Deutschlandtages, die sich aus Abgesandten aller Landesverbände zusammensetzt, hatte sich für eine Ablehnung aller entsprechenden Anträge ausgesprochen.
- Nachrichtenagentur dpa