"Muss uns zutiefst besorgen" Merz warnt vor Gefahr eines wirtschaftlichen Niedergangs
Der Internationale Währungsfonds sieht Deutschland als konjunkturelles Schlusslicht der Industrieländer. Wird die Bundesrepublik zum kranken Mann Europas? CDU-Chef Merz äußert diese Sorge.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat vor der Gefahr eines wirtschaftlichen Abstiegs Deutschlands gewarnt und ein Gegensteuern der Bundesregierung verlangt. Mitten im Sommer stiegen die Arbeitslosenzahlen, und trotz des Fachkräftemangels habe die Zahl der Insolvenzen im ersten Halbjahr 2023 um 16 Prozent über dem Vorjahr gelegen, sagte Merz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Zudem sei die Industrieproduktion rückläufig. "Das muss uns als ein Land mit hohem Industrieanteil zutiefst besorgen."
"Deutschland verliert an Wettbewerbsfähigkeit", warnte der Oppositionsführer im Bundestag. "Das ist kein abrupter Prozess, der eine Wirtschaftskrise über Nacht auslöst. Wir erleben stattdessen einen schleichenden Prozess der Deindustrialisierung unseres Landes." Dies müsse man sehr ernst nehmen. "Hier passiert im Augenblick etwas, was möglicherweise nicht mehr umkehrbar ist. Darauf muss die Bundesregierung jetzt reagieren."
Man müsse sich fragen, ob der Arbeitsmarkt bei 769.000 offenen Stellen und 2,55 Millionen Arbeitslosen eigentlich noch richtig funktioniere, sagte Merz. "Oder richten wir uns darauf ein, dass wir den Arbeitskräftebedarf nur noch mit immer höherer Einwanderung decken?"
Merz will Einwanderung in den Arbeitsmarkt forcieren
Wenn dem so sei, müsse sich die Bundesregierung fragen lassen, warum sie es nicht schaffe, dass wenigstens diejenigen aus dem Ausland kommen könnten, die schon vor Wochen oder Monaten entsprechende Anträge gestellt haben.
"Bei den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland bleiben Anträge in fünfstelliger Zahl unbearbeitet liegen", kritisierte Merz. Die Union habe deshalb vorgeschlagen, die Einwanderung in den Arbeitsmarkt und die Asylverfahren komplett voneinander zu trennen und eine rein digitale Bearbeitung der Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen einzurichten. Dies habe die Bundesregierung jedoch abgelehnt. "Wir benötigen aber dringend modernste digitale Verfahren, damit wir diejenigen erreichen, die wir für unseren Arbeitsmarkt brauchen."
Auch die Abläufe bei der Anerkennung von Zeugnissen und Berufsabschlüssen beispielsweise von nach Deutschland geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern dauerten zu lang. "Und ich sehe nicht, dass sich durch die letzte Reform des Ausländerrechts daran etwas Grundlegendes ändert", kritisierte Merz. Er forderte zudem die Ampel auf, für diese Zielgruppen die Mittel für Integrations- und Sprachkurse nicht zu kürzen.
- Nachrichtenagentur dpa