Opposition spricht von "Taschenspielertricks" Ampel-Koalition will pflegende Angehörige entlasten
Die Ampel-Koalition sich auf ein flexibles Entlastungsbudget für pflegende Angehörige verständigt. Zugleich soll es bei der Pflegereform Abstriche geben.
Bei der geplanten Pflegereform der Ampel-Koalition zeichnen sich Nachbesserungen ab. Vor den Beratungen im Bundestag haben sich die Ampel-Fraktionen auf ein flexibel nutzbares Entlastungsbudget für pflegende Angehörige verständigt. Damit sollen Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege kombiniert werden können, erklärte Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink am Dienstag.
Klein-Schmeink sagte, mit dem nun geplanten "Entlastungsbudget" ab dem 1. Juli 2025 könnten pflegende Angehörige Leistungen von 3.539 Euro unbürokratisch nutzen – um eine Auszeit nehmen zu können und währenddessen die Pflege sichergestellt sei. Für Eltern pflegebedürftiger Kinder mit Pflegegrad 4 oder 5 solle dieses Budget bereits ab 1. Januar 2024 mit 3.386 Euro zur Verfügung stehen und bis Juli 2025 ebenfalls auf 3.539 Euro anwachsen.
SPD verspricht mehr Flexibilität
Die SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens sagte: "Um die häusliche Versorgung zu stärken und pflegenden Angehörigen mehr Flexibilität zu ermöglichen, werden die Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege ab 2025 in einem Jahresbudget gebündelt." Für das Entlastungsbudget hatte sich auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stark gemacht.
FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann sagte: "Wir haben einen guten Kompromiss gefunden. Der finanzielle Spielraum wurde maximal ausgereizt, um die Pflege so weit wie möglich zu verbessern." Jetzt müsse an einem Konzept gearbeitet werden, das die Pflege für die kommenden Jahrzehnte finanziell stabil und sozial aufstelle.
Zur Finanzierung solle die für 2025 geplante Dynamisierung aller Pflegeleistungen von 5 auf 4,5 Prozent abgesenkt werden. Damit werde der finanzielle Schwerpunkt auf die dringend nötige niedrigschwellige Entlastung pflegender Angehöriger gelegt, hieß es. Von Patientenschützern, Kassen und aus der Opposition kam Kritik.
"Taschenspielertricks"
Die Union warf der Koalition untaugliche Reparaturversuche am eigenen Entwurf und "Taschenspielertricks" vor. "Das zusätzliche Geld für das Entlastungsbudget wird den Pflegebedürftigen bei den Pflegeleistungen wieder entzogen", sagte Gesundheitsexperte Tino Sorge (CDU).
Patientenschützer lobten zwar das flexible Budget, kritisierten aber die geplante Gegenfinanzierung. Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", schon die ursprünglich geplante Anhebung um fünf Prozent ab 2024 sei ein Bruch politischer Versprechen gewesen. Schließlich habe die Regierung der Bevölkerung die Zusage gegeben, die Leistungen regelhaft an die Preissteigerung anzupassen.
Brysch kritisierte zudem, dass das gemeinsame Entlastungspaket erst im Juli 2025 komme. "Nach sechs Jahren Stillstand liegt die häusliche Pflege der vier Millionen betroffenen Menschen am Boden", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Er appellierte an die Abgeordneten, "diese Reform so nicht zu beschließen".
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), der auch die Pflegekassen vertritt, begrüßte das Entlastungsbudget. "Gleichzeitig jedoch die Anhebung der Leistungsbeträge in der ambulanten Pflege zu kürzen, ist nicht nachvollziehbar", sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Gernot Kiefer. "Hier fehlt jeglicher Bezug zur Realität, und das offenbart erneut, wie sehr die Finanzen der Pflege auf Kante genäht sind."
Gesetz soll am Freitag beschlossen werden
SPD und Grüne hatten noch auf weitere Verbesserungen vor allem für die Pflege daheim gedrängt, die über den Entwurf des Kabinetts hinausgehen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verwies darauf, dass mit dem Gesetzentwurf Verbesserungen für pflegebedürftige Kinder und die Kurzzeitpflege erreicht würden. "Wir wären gern noch etwas weitergegangen, das war aus finanziellen Gründen nicht möglich", sagte er am Dienstag.
Geplant ist, den Pflegebeitrag zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte anzuheben – für Menschen ohne Kinder etwas stärker. Das soll auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Aktuell liegt er bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Kinderlose bei 3,4 Prozent. Das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld für Pflegebedürftige daheim soll Anfang 2024 um 5 Prozent steigen. Zuschläge für Pflegebedürftige im Heim sollen 2024 erhöht werden.
Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird am Mittwoch im Bundestag erstmals beraten uns bereits am Freitag beschlossen werden.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa