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Vor Corona-Impfgipfel: Diskussionen über Impfungen für Kinder


Viele offene Fragen
Darüber wird heute noch beim Impfgipfel gestritten

Von dpa
Aktualisiert am 27.05.2021Lesedauer: 6 Min.
Videografik zeigt: So funktionieren und wirken die gegen Corona entwickelten mRNA-Impfstoffe im menschlichen Körper. (Quelle: Glomex)

Immer mehr Deutsche sind geimpft. Nun werden Fragen nach einem Mittel für Kinder und Jugendliche lauter. Darüber wird heute unter anderem beim Impfgipfel mit Kanzlerin Merkel gesprochen. Ein Überblick.

Vor dem heutigen Impfgipfel von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten gibt es weitere Diskussionen über Corona-Impfungen von Kindern und Jugendlichen.

Während sich andeutet, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) keine allgemeine Impfempfehlung für alle Kinder abgeben könnte, gab es auf der anderen Seite Forderungen nach einem schnellen Impfangebot.

Das sind die Themen des Gipfels:

Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten wollen am heutigen Donnerstag ab 14 Uhr unter anderem über Corona-Impfungen für Kinder beraten. Angestrebt wird, bis Ende August allen Kindern ab zwölf Jahren ein Impfangebot zu machen. Zuvor muss jedoch die EU-Arzneimittelbehörde EMA voraussichtlich an diesem Freitag über eine entsprechende Zulassung für den bisher ab 16 Jahren zugelassenen Impfstoff von Biontech und Pfizer entscheiden. Zu klären ist dann etwa auch die konkrete Organisation von Impfungen für Jugendliche beispielsweise über Schulen oder Arztpraxen sowie zusätzlicher Impfstoff dafür. Weitere Themen der Beratungen sollen unter anderem mögliche Auffrischungsimpfungen und der digitale Impfpass sein.

Das sagen Kritiker:

Auch für den Fall einer EMA-Zulassung behält sich die Stiko eigene Klärungen für eine mögliche Impfempfehlung vor. Ihr Mitglied Rüdiger von Kries erwartet derzeit nicht, dass es eine allgemeine Impfempfehlung für alle Kinder geben werde. Er hatte am Dienstagabend gesagt, momentan wisse man kaum etwas über die Nebenwirkungen von Corona-Impfungen bei Kindern. "Bei unklarem Risiko kann ich zurzeit noch nicht vorhersehen, dass es eine Impfempfehlung für eine generelle Impfung geben wird."

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, begrüßte die Signale der Stiko. Auf die Frage, ob er eine solche Entscheidung für richtig halte, sagte er dem "Handelsblatt": "Ja. Es wäre durchaus nachvollziehbar, wenn die Stiko keine Impfempfehlung aussprechen würde. Die Studienlage zum Infektionsrisiko von Kindern ist bislang sehr dünn."

Auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt sieht noch Klärungsbedarf. "Die Datenlage zu Risiken und Nutzen einer möglichen Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen ist derzeit noch so unzureichend, dass man keine Empfehlung abgeben kann", sagte der Chef der Bundesärztekammer. Natürlich wäre es hilfreich, möglichst vielen noch vor Beginn des nächsten Schuljahres ein Impfangebot machen zu können. "Aber wir haben uns immer für eine Impfstrategie ausgesprochen, die wissenschaftliche Sorgfalt vor Geschwindigkeit setzt."

Das sagen Befürworter:

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte Kritik an den Stiko-Überlegungen, den Biontech-Impfstoff nach seiner erwarteten Zulassung für 12- bis 15-Jährige nur für Jugendliche mit Vorerkrankungen zu empfehlen. Dem "Spiegel" sagte er, er fände es "enttäuschend", wenn die Stiko keine grundsätzliche Empfehlung zur Impfung der Kinder ausspräche und die Verantwortung damit auf die Eltern und die Ärzte abschöbe.

Auch SPD-Chefin Saskia Esken drängt auf ein schnelles Impfangebot für Minderjährige. "Kinder und Jugendliche haben jetzt weit über ein Jahr auf vieles verzichten müssen und leiden besonders unter den Einschränkungen in der Pandemie", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wenn sichergestellt ist, dass die Impfstoffe ausreichende Wirksamkeit haben und keine schweren Nebenwirkungen auftreten, plädiere ich deshalb dafür, Kindern über zwölf Jahren und allen Eltern zügig ein Impfangebot zu machen."

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) reagierte mit Unverständnis auf die Signale der Ständigen Impfkommission (Stiko). "Kinder und Jugendliche können sich infizieren und das Virus weitergeben, deshalb müssen sie ein Impfangebot bekommen - sofern eine Zulassung vorliegt, bei der Nutzen und Risiken abgewogen wurden", sagte Weil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Dass die ständige Impfkommission nun plötzlich den Sinn einer flächendeckenden Impfung von Schülerinnen und Schülern grundsätzlich in Frage stellt, irritiert mich und auch viele andere Menschen."

So planen die Länder:

Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums im Saarland erklärte, es gebe zwar bereits interne Vorbereitungen. Einen Fahrplan und nähere Angaben könnten aber erst gemacht werden, wenn klar sei, wann die Impfung von Kindern ab zwölf Jahren zugelassen werde. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Er teilte mit, dass an der Konkretisierung des Impfvorgehens derzeit gearbeitet werde. Auch Hamburg zeigt sich zurückhaltend. "Wir warten erst einmal das ab, was die EU sagt", sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer.

Mecklenburg-Vorpommern will mindestens 65 Prozent seiner Schüler ab einem Alter von zwölf Jahren zeitnah impfen und hat dazu die Lieferung von 64.450 Dosen des Präparats von Biontech/Pfizer beim Bund beantragt. Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) sagte, das Bildungsministerium in Schwerin werde die Eltern anschreiben und ermitteln, wie hoch die Impfbereitschaft sei.

Hessen strebt an, die Erstimpfungen der Schüler ab 28. Juni bis zum Beginn der Sommerferien am 19. Juli durchzuführen. Voraussetzung sei allerdings neben der Zulassung für den Impfstoff auch die Empfehlung der Stiko. Zudem müsse das Land sicher mit dem vom Bund zugesagten zusätzlichen Impfstoff rechnen können, wie das Innenministerium in Wiesbaden mitteilte. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich dann in einem Impfzentrum registrieren können oder vom Kinder-, Jugend- oder Hausarzt geimpft werden.

Auch Rheinland-Pfalz will seine Entscheidung, ob und wann Kinder und Jugendliche geimpft werden können, von der Empfehlung der Stiko abhängig machen. "Wir sind vorbereitet", sagte der neue Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD). "Wir könnten direkt loslegen: in den Impfzentren und bei den Kinderärzten."

Ähnlich äußert sich auch Schleswig-Holstein. Bisher liege weder die EMA-Zulassung noch eine Empfehlung der Stiko vor – beides sei aber wichtig für einen möglichen Impfstart bei Kindern und Jugendlichen. "Gleichwohl bereitet sich Schleswig-Holstein intensiv und in enger Abstimmung mit allen Beteiligten weiter darauf vor, ein Impfangebot für Jugendliche machen zu können."

Sachsen will Kinder in Impfzentren und beim Hausarzt impfen

In Sachsen laufen die Vorbereitungen für die Corona-Schutzimpfungen von Kindern und Jugendlichen bereits. Reihenimpfungen oder Impfungen in Schulen seien aber nicht vorgesehen, hieß es auf Anfrage im Gesundheitsministerium. Den Angaben zufolge sollen die Impfungen bei niedergelassenen Ärzten oder in den Impfzentren erfolgen.

Für Bayern erklärte ein Ministeriumssprecher: "Wir erarbeiten aktuell ein Konzept, um diese Impfungen so schnell wie möglich nach Zulassung zu starten." Es seien verschiedene Modelle denkbar, bei denen sowohl die Ärzte als auch die Impfzentren eingebunden werden.

Sachsen-Anhalt erarbeitet laut dem Sozialministerium derzeit das Konzept für die Impfangebote für Kinder und Jugendliche. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, die Impfzentren würden dabei gebraucht. "Das werden wir nicht über die Hausarztpraxen und Kinderarztpraxen hinbekommen." Nach der Zulassung des Impfstoffes für diese Altersgruppe könnten die Impfungen für Schüler bis Ende August möglich sein.

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Schon vor einer Zulassung von Impfstoffen bereitet sich Bremen auf die Impfung von Jugendlichen gegen das Coronavirus vor. Die Jugendlichen sollen vor allem in den Impfzentren geimpft werden. Kinder- und Jugendärzte sowie mobile Teams in Schulen und Freizeiteinrichtungen sollten die Impfkampagne ergänzen.

Niedersachsen hat nach eigenen Angaben als erstes Bundesland dem Bundesgesundheitsministerium ein Konzept zum flächendeckenden Impfen aller Schüler ab zwölf Jahren gegen das Coronavirus vorgelegt. Mit Aktionen in den Schulen und in den Impfzentren sollen alle Schüler ein Angebot zur Immunisierung erhalten, sagte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD). Die Impfaktion soll noch vor den Sommerferien im Juli beginnen.

Die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) in Berlin rechnet für Mitte Juni mit dem Impfbeginn bei Kindern und Jugendlichen in der Hauptstadt. "Wir können starten, sobald der Impfstoff da ist." Dieser solle reichen, um zunächst rund 65 Prozent der 12- bis 18-Jährigen in Berlin ein Impfangebot machen zu können. "Wir wollen diese Impfungen über unser bewährtes System abwickeln", sagte Kalayci. Dazu gehörten die Impfzentren und die Arztpraxen.

In Brandenburg haben das Gesundheits- und das Bildungsministerium ein Konzept für Impfungen für Schüler im Alter zwischen 12 bis 18 Jahren erarbeitet. Entscheidend für die Umsetzung seien die Zulassung von Impfstoffen für Kinder sowie die Stiko-Empfehlung, zum anderen die erforderlichen Impfstoffmengen, die zusätzlich dafür benötigt werden.

Die Landesregierung in Thüringen hofft auf den Beginn der Corona-Impfungen bereits im Verlauf des Junis. Voraussetzung sei die baldige Zulassung eines Impfstoffs und eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission. Ziel sei es, den 12- bis 18-Jährigen bis zum Beginn des Schuljahres 2021/22 ein Angebot für eine Erst- und auch schon für die Zweitimpfung zu machen, sagte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke).

Die Landesregierung von Baden-Württemberg will noch vor den Sommerferien mit Impfungen gegen das Coronavirus für Schülerinnen und Schüler beginnen – sobald ein Impfstoff für Jugendliche zugelassen ist. "Im engen Austausch mit Kultusministerin Theresa Schopper und dem Bund sind wir hier auf der Zielgeraden", sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums am Mittwoch. Details etwa zur Impfkampagne, zur Logistik und zur Verteilung des Impfstoffs würden in Kürze breit kommuniziert.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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