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Judenfeinde: Angela Merkel warnt vor neuer Form des Antisemitismus


Nach judenfeindlichen Übergriffen
Merkel warnt vor neuer Form des Antisemitismus

Von dpa, nsc

Aktualisiert am 23.04.2018Lesedauer: 3 Min.
Kanzlerin Angela Merkel in der Münchner Ohel-Jakob-Synagoge (Archiv): "Bedrückt" über judenfeindliche Übergriffe in Deutschland.Vergrößern des Bildes
Kanzlerin Angela Merkel in der Münchner Ohel-Jakob-Synagoge (Archiv): "Bedrückt" über judenfeindliche Übergriffe in Deutschland. (Quelle: Matthias Balk/dpa-bilder)

Eine neue Form des Antisemitismus habe Deutschland erreicht, sagte Kanzlerin Angela Merkel. Auch in Frankreich warnten 300 Politiker und Intellektuelle vor islamischem Antisemitismus und "lautlosen ethnischen Säuberungen".

Kanzlerin Angela Merkel hat in einem Interview über Antisemitismus in Deutschland geklagt. Polizisten müssten jeden jüdischen Kindergarten schützen, jede Schule und jede Synagoge. "Das bedrückt uns", sagte Merkel dem israelischen Sender Channel 10 News.

In den vergangenen Wochen kam es zu mehreren antisemitischen Zwischenfällen. So beschimpften in Berlin mehrere Muslime eine Zweitklässlerin, weil diese Jüdin war. Dann wurden die Rapper Farid Bang und Kollegah mit dem Echo ausgezeichnet für ein Album, auf dem sie antisemitische Texte singen. Zuletzt griff in Berlin ein Mann einen Passanten an, der eine Kippa trug. Merkel hatte daraufhin gesagt: "Der Kampf gegen antisemitische Ausschreitungen muss gewonnen werden."

Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson

Zwar hätte es in Deutschland schon seit Jahrzehnten antisemitische Übergriffe gegeben, doch in den vergangenen Jahren sei eine neue Form des Antisemitismus nach Deutschland gekommen. Doch Merkel sagte in dem Interview nun: "Wir haben jetzt auch neue Phänomene, indem wir Flüchtlinge haben oder Menschen arabischen Ursprungs, die wieder eine andere Form von Antisemitismus ins Land bringen."

Die Kanzlerin kündigte an, nach Israel reisen zu wollen und somit in "ein Land, in dem unglaublich viel geschafft wurde". Das Interview gab Merkel dem Sender anlässlich des 70. Jahrestages der Unabhängigkeit Israels. Doch auch nach dieser Zeit werde das Land wieder und wieder bedroht. Dazu sagte Merkel: "Die Sicherheit Israels ist auch Teil der Staatsräson Deutschlands."

Unterdessen warnte das Internationale Auschwitz-Komitee, "dass sich die Situation des Antisemitismus in vielen europäischen Ländern durch das Zusammenfließen rechtsextremer und islamistischer Faktoren des Hasses gegenüber jüdischen Menschen zu einem völlig neuen Bedrohungsszenario ausgewachsen hat, dessen Dimensionen gar nicht zu überschauen sind". Darüber hinaus gebe es einen "subtilen Antisemitismus in der politischen Mitte".

Franzosen warnen vor "lautlosen ethnischen Säuberungen"

Auch in Frankreich kommt es seit Jahren zu antisemitischen Zwischenfällen. Deshalb haben 300 Vertreterinnen und Vertreter der französischen Gesellschaft einen offenen Brief geschrieben. Sie prangern darin einen "neuen Antisemitismus" an. In einigen Stadtvierteln finde eine "lautlose ethnische Säuberung" statt, über die Medien kaum berichten würden.

In dem Brief, veröffentlicht in der Zeitung "Le Parisien" heißt es: "Wir fordern, dass der Kampf gegen dieses Scheitern der Demokratie, den Antisemitismus, zur nationalen Angelegenheit erklärt wird, bevor es zu spät ist. Bevor Frankreich nicht mehr Frankreich ist." Unterzeichnet wurde die Erklärung von Politikern aus dem rechten und linken Lager, unter anderem von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und dem früheren Ministerpräsidenten Manuel Valls. Auch der Sänger Charles Aznavour und der Schauspieler Gérard Depardieu unterzeichneten das Manifest sowie Vertreter der jüdischen, muslimischen und katholischen Gemeinden.

Seit 2006 mehrere französische Juden ermordet

In den vergangenen Jahren seien in Frankreich elf Juden "von radikalen Islamisten getötet und zum Teil gefoltert" worden, heißt es in dem Brief. Die Autoren verweisen unter anderem auf Ilan Halimi, der 2006 verschleppt und drei Wochen lang gefoltert wurde, sowie auf drei jüdische Schüler und einen Lehrer, die 2012 in Toulouse erschossen worden waren.

Sie erinnerten daran, dass im Jahr 2015 in Paris Islamisten einen Anschlag auf einen jüdischen Supermarkt verübten sowie an den Fall von Sarah Halimi. Die war im vergangenen Jahr von ihrem muslimischen Nachbarn aus dem Fenster gestoßen worden. Auch den Fall der Holocaust-Überlebenden Mireille Knoll erwähnten die Autoren in ihrem Brief. Knoll war im März ermordet worden. "Jüdische Franzosen sind 25 Mal mehr gefährdet, angegriffen zu werden, als ihre muslimischen Mitbürger."

Dem Deutschlandfunk sagte der Politikwissenschaftler David Ranan, dass viele Muslime eher anti-israelische Ressentiments denn Antisemitismus pflegen würden. "Zwischen den Muslimen und den Juden gibt es im Nahen Osten einen Konflikt", sagte er. Es gebe "viele Muslime, die sich als Teil der islamischen Umma, der Volksgemeinde, sehen und deswegen Empathie haben für ihre Geschwister, die von Israel gedemütigt werden".

Verwendete Quellen
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