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Donald Trump: Rede auf dem Parteitag der Republikaner – Müde, nicht milde


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Donald Trumps ungewöhnliche Rede
Müde, nicht milde


19.07.2024Lesedauer: 5 Min.
Offizieller Start in den Wahlkampf: Donald Trump imitiert in Milwaukee seine Faust-Geste nach dem Attentat.Vergrößern des Bildes
Offizieller Start in den Wahlkampf: Donald Trump imitiert in Milwaukee seine Faust-Geste nach dem Attentat. (Quelle: Elizabeth Frantz)

Donald Trump wollte beim Parteitag der Republikaner als Heiler einer geschundenen Nation auftreten. Doch statt milde wirkte er vor allem müde.

Bastian Brauns berichtet aus Milwaukee.

Zum ersten Mal seit dem versuchten Mordanschlag auf ihn ist Donald Trump zum Abschluss des Republikaner-Parteitags mit einer 90 Minuten langen Rede öffentlich aufgetreten. Angekündigt hatte er großspurig, er habe seine ursprünglich vorbereitete Rede buchstäblich zerrissen. Die gespaltene Nation sollte nach dieser Tat in Pennsylvania einen neuen Trump erleben. Einen, der das Land zusammenführen wolle.

Wer Trump seit vielen Jahren beobachtet hat, der konnte eigentlich zu keinem anderen Schluss kommen, als schon vorab zu denken: Netter Versuch, aber Trumps ganzes politisches Auftreten beruhte schon immer darauf, zu attackieren und nicht zu versöhnen. Kann die "Make Amerika Great Again"-Bewegung überhaupt funktionieren, wenn ihr eigener Anführer plötzlich zahm wie ein Lamm wird?

Trumps Rede von Milwaukee war nun tatsächlich anders als die kaum noch zu zählenden anderen, die er seit Jahren landauf und landab auf seinen Rallyes hält. Und doch waren es am Ende nur drei Dinge, die den Unterschied machten.

Video | Donald Trump hält erste Rede seit Attentat
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Quelle: reuters

Erstens: Donald Trump baute jenen aktuellen Anlass ein, der äußerlich an seinem weißen Verband am Ohr noch immer erkennbar ist. Rund zehn Minuten lang erzählte er seinem Publikum, wie er den dramatischen Moment des Attentats auf sich erlebt habe. "Ihr werdet diese Geschichte nur dieses eine Mal von mir zu hören bekommen", sagte er. Sie zu erzählen, sei für ihn zu schmerzvoll. "Ich sollte heute gar nicht hier sein", schloss er seine Ausführungen.

Im Publikum vor der Bühne brachen einige Menschen in Tränen aus und riefen ihm nach oben entgegen: "Doch, das sollst du!" Trump dankte Gott dafür, dass es offenbar dessen Plan sei, dass er seinen Weg vorerst weiter mit seinen Anhängern gehen dürfe.

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Dazu hielt Trump eine Gedenkminute für den vom Attentäter erschossenen Feuerwehrmann. Eine Kleiderpuppe wurde dazu auf die Bühne gebracht, die mit der Uniform des Getöteten bekleidet war. Trump schritt zu der Gedenkpuppe und tätschelte und küsste sie andächtig. Ein wenig unbeholfen wirkte das. Aber die Inszenierung für das Publikum war ihm gelungen. Der Parteitag betet gemeinsam für den Verstorbenen.

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Zweitens: Trump sprach für seine Verhältnisse ungewohnt leise. Teils konnte man seine Stimme trotz Mikrofon kaum noch verstehen. Er schien ganz bewusst einen anderen Ton anschlagen zu wollen, einen kontemplativeren. Das passte zu den Beobachtungen auf dem Parteitag, die lauteten, dass Trump "irgendwie anders" wirkte. Manche Kommentatoren und Parteimitglieder beschrieben ihn als "nachdenklicher". So eine Beinahe-Tod-Erfahrung würde eben nicht spurlos an jemandem vorbeigehen.

Doch das ist nur eine Erklärung. Eine andere lautet, dass Trump teilweise schlicht müde wirkte. Auf der Tribüne, auf der er sich jeden Tag blicken ließ, schien er bisweilen einfach einzuschlafen. Am Rednerpult schließlich stützte er sich viel ab, bewegte sich langsam. Im Vergleich zu seinen früheren Reden fehlte plötzlich der spaßige Show-Charakter. Trump ist normalerweise dafür bekannt, dass er auf der Bühne auch komische Tanzeinlagen einlegt. Es war aber auch keine Rallye, sondern eben die Parteitagsrede eines frisch gekürten Präsidentschaftskandidaten.

Drittens: Donald Trump sprach in seiner Rede immer wieder davon, das von Spaltung geschundene Land vereinen zu wollen. Hier aber wurden die ersten Erwartungen enttäuscht. Der Ex-Präsident gab sich zwar präsidial. "Ich werde ein Präsident aller Amerikaner sein, nicht nur für die Hälfte", sagte Trump. Und dann einen Satz, an dem er sich messen lassen muss: "Ich bin heute Abend hier, um eine Vision für die ganze Nation darzulegen. Für jeden Bürger, egal ob Sie ein junger, alter Mann oder eine Frau sind, Demokrat, Republikaner oder Independent, schwarz oder weiß, asiatisch oder hispanisch." Denn "die Zwietracht und Spaltung" in der amerikanischen Gesellschaft, so Trump, müssten sofort geheilt werden.

Doch dann gab er einzig den Demokraten die Schuld dafür, die Stimmung im Land vergiftet zu haben. Und hier kippte Donald Trumps Rede dann auch zurück in jenes Muster, das seit vielen Jahren bekannt ist. Weil die Demokraten "die Justiz zu politischen Zwecken missbrauchen" würden, sei die Stimmung im Land inzwischen so aufgeheizt. Die vielen Gerichtsverfahren gegen ihn, die er allesamt als "Fake" bezeichnete, seien nicht etwa von unabhängigen Strafverfolgungsbehörden begonnen worden. Schuld sei daran vielmehr die Opposition.

Es sei darum jetzt an den Demokraten, sich zu ändern. Über eigenes Fehlverhalten sprach Trump mit keiner Silbe. Stattdessen lobt er die von ihm einst ernannte Richterin in Florida, die sein Verfahren wegen der illegal mitgenommenen, als geheim eingestuften Dokumente kurz vor dem Parteitag als verfassungswidrig eingestellt hatte.

Der alte Trump kam schnell zurück

Dieser Kipppunkt markierte in Trumps Rede dann auch die Rückkehr in sein bekanntes Muster – von diesen drei Passagen abgesehen wirkte Trump wieder ganz wie der alte Trump: Von den Vereinigten Staaten zeichnete er ein insgesamt düsteres Bild. Die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, seine Erzfeindin, beschimpfte er wie immer als "Crazy Nancy Pelosi".

Dann wiederholte er seine Lügen von der gestohlenen Wahl im Jahr 2020. Die Demokraten hätten "Covid zum Betrügen genutzt". Als er das Virus dann lustvoll als "China-Virus" bezeichnete, merkte man, dass die Zuschauer sich in Wahrheit den alten Trump zurückwünschen. Jubel brach aus und Trump genoss den Applaus.

Die Problematik der illegalen Einwanderung in die USA nannte er wieder "Invasion". Die Migranten, die ins Land strömen würden, machte Trump für fehlende Arbeitsplätze verantwortlich. "Wissen Sie, wer die Jobs wegnimmt, die Jobs, die geschaffen werden?", fragte er rhetorisch. "107 Prozent" der Jobs würden "von illegalen Ausländern weggenommen werden", behauptete er. Woher er diese seltsame Zahl haben will, ist unbekannt.

Er behauptete weiter, diese Illegalen würden ganz besonders "der schwarzen und der hispanischen Bevölkerung schaden", sagte er. Es ist eine Formulierung, die ebenjene gesellschaftlichen Gruppen scharf an Trump kritisieren. Denn sie transportiert den Eindruck, Schwarze und Latinos hätten lediglich schlecht bezahlte Jobs. Vereinigend wirkten diese Sätze jedenfalls nicht.

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Trumps Diktatoren-Faszination

Beim Thema Außenpolitik trat dann auch wieder Trumps merkwürdige Faszination für Diktatoren zutage. So prahlte er damit, dass die Taliban ihn damals als Präsident als "Eure Exzellenz" angesprochen hatten. Der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un würde ihn außerdem schon vermissen. Sogar Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bekam die Ehre, von Trump in diesem Zusammenhang erwähnt zu werden. Ihn bezeichnete Trump wie schon oft als "großen Anführer" in Europa. Stolz verkündete er, dass Orbán ihn als den Einzigen bezeichnet habe, der den Krieg in der Ukraine beenden könne.

Trumps Rede war insgesamt betrachtet der Abschluss einer über Tage hinweg inszenierten Inthronisierung. Bestimmt wird die Republikanische Partei inzwischen nur noch von ihm und den Mitgliedern seiner großen Familie, aus der seine Schwiegertochter Lara Trump inzwischen sogar die Parteivorsitzende ist. Die täglichen Auftritte Donald Trumps glichen jenen eines Königs, der Hof hält. Seine innerparteilichen Gegner scheinen inzwischen alle verstummt oder schlicht unbedeutend zu sein. Einige von ihnen waren zwar in Milwaukee anwesend, trafen sich aber weit außerhalb des Parteitagsgeländes. Sie haben keine politische Heimat mehr.

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Gefährlich werden kann Trump derzeit offenbar nur einer. "Ich stehe nur durch die Gnade des allmächtigen Gottes vor Ihnen in dieser Arena", sagte Trump. Und niemand kenne den göttlichen Plan. Auch dafür bekam er in der Arena großen und zugleich erwartbaren Applaus. Wie viele Menschen außerhalb der Sicherheitsschranken von Milwaukee im restlichen Amerika diesen erneuten Kandidaten der Republikaner ähnlich begeistert wählen werden, wird sich erst im Dezember zeigen.

Laut Umfragen liegt Trump zwar vor seinem massiv angeschlagenen Konkurrenten Joe Biden. Doch die meisten Amerikaner wollen in Wahrheit auch ihn nicht mehr als Präsidenten sehen. Was den Amerikanern zur Stunde fehlt, sind Alternativen. Die Republikaner scheinen zwar derzeit das Momentum auf ihrer Seite zu haben. Sollten die Demokraten sich allerdings auf einen neuen Kandidaten oder eine neue Kandidatin einigen, könnte Trump plötzlich buchstäblich alt aussehen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und. Beobachtungen vor Ort.
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