Trumps "Bulldogge" J.D. Vance Seine Biografie rührte Kanzler Scholz zu Tränen
Vom Kritiker zum Kandidaten: J.D. Vance ist Donald Trumps Vize. Er ist eine ungewöhnliche Figur im inneren Zirkel des ehemaligen US-Präsidenten.
Wagniskapitalgeber, gefeierter Buchautor, Senator – und bald möglicherweise Vizepräsident der Vereinigten Staaten: J.D. Vance, der mit seiner Autobiografie "Hillbilly-Elegy", bekannt wurde, tritt im Rennen um das Weiße Haus als "Running Mate" von Donald Trump an. Das ist nicht nur wegen seiner kurzen und steilen politischen Karriere ungewöhnlich.
Vances Buch war weltweit ein Bestseller und wurde auch ins Deutsche übersetzt: Kanzler Olaf Scholz lobte in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) im vergangenen Jahr das Werk. Es habe ihn sogar zu Tränen gerührt. "Es ist eine ganz berührende persönliche Geschichte, wie sich ein junger Mann mit schlechten Startbedingungen durchschlägt", so Scholz.
Dennoch übte der Kanzler auch Kritik an dem Autor. Leider könne man mit ihm darüber wohl nicht mehr diskutieren. "Darin besteht die Tragik: Von einem selbsterklärten konservativen Gegner Donald Trumps, der messerscharf die Ungerechtigkeiten der amerikanischen Gesellschaft analysiert und für sich nur mit Glück und seiner Militärlaufbahn einen Ausweg findet, scheint sich Vance nun zu einem feurigen Befürworter dieses Rechtspopulisten gewandelt zu haben, um dessen Unterstützung zu erhalten – und selbst Senator zu werden", so Scholz.
Ist Vance von Opportunismus getrieben?
Denn genau deshalb ist James David Vance eine eher ungewöhnliche Figur in Trumps innerem Zirkel.
Vor acht Jahren, im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2016, war er noch ein scharfer Kritiker von Trump. Öffentlich schimpfte Vance den republikanischen Präsidentschaftskandidaten einen "Idioten". Unter vier Augen verglich er ihn mit Adolf Hitler, wie US-Medien übereinstimmend berichten. Doch bevor Trump ihn am Montag zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten machte, hatte sich der 39-Jährige längst zu einem seiner engagiertesten Verfechter gewandelt.
Demokraten und sogar einige Republikaner stellen sich die Frage, ob Vance nicht viel eher von Opportunismus als von Ideologie angetrieben wird.
Trump jedoch sieht das offenkundig nicht so. Er und viele seiner Berater verweisen auf politische Überzeugungen des heutigen Senators aus Ohio. So verband Vance Isolationismus mit wirtschaftlichem Populismus, was sich mit Trumps Vorstellungen deckt. Jüngst begeisterte er die besonders konservativen Mitstreiter Trumps mit seiner lautstarken Ablehnung amerikanischer Hilfe für die Ukraine.
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Was ist sein Hintergrund?
Vance wurde 1984 als James Donald Bowman im US-Bundesstaat Ohio geboren. Er absolvierte ein Jurastudium an der amerikanischen Eliteuniversität Yale und arbeitete später als Wagniskapitalgeber unter anderem im kalifornischen Silicon Valley. 2016 feierte er mit seinen Memoiren "Hillbilly-Elegy" Erfolge. Der Bestseller, der auch verfilmt wurde, gibt Einblick in eine Schicht, die damals Trumps Wahlsieg mit möglich machte.
Seit seinem Sieg bei den Kongresswahlen 2022 vertritt er seinen Heimatbundesstaat Ohio im Senat, wo er als Anhänger der republikanischen Rechten eine populistisch-nationalistische Agenda verfolgt. Seinen Wahlerfolg in Ohio dürfte Vance auch äußerst spendablen Geldgebern zu verdanken haben, die er aus seiner Zeit an der Westküste kennt.
US-Medien bezeichnen ihn als Trumps "Bulldogge"
Im Falle eines Siegs im November wäre Vance mit 39 Jahren einer der jüngsten Vizepräsidenten in der US-Geschichte. Wegen seiner guten Verbindungen in die Finanzwelt einerseits und seiner rhetorischen Stärken andererseits gilt er als vielversprechender Partner im Wahlkampf.
Welchen Ton er dabei anschlagen könnte, machte Vance bereits nach dem Trump-Attentat vergangenes Wochenende deutlich: Anstatt wie andere Politiker zu Einigkeit im Land zu mahnen, gab er US-Präsident Biden persönlich die Schuld für die Attacke.
Auf der Plattform X schrieb Vance, die Wahlkampagne des Demokraten sei komplett darauf ausgerichtet, Trump als autoritären Faschisten darzustellen, der um jeden Preis gestoppt werden müsse. US-Medien bezeichnen Vance deshalb schon jetzt als "Bulldogge", also einen Vize, der für Trump in die Bresche springt – komme was wolle.
- bundeskanzler.de: Kanzler im Interview mit der Süddeutschen Zeitung "Ich lese einfach sehr gerne"
- Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
- Eigene Beobachtungen