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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trumps Rivale macht Rückzieher Die bedingungslose Unterwerfung
Bevor die Vorwahlen in den USA in Gang kommen, hat Trump seine Gegner erledigt. Mit Unterwerfungsgesten und DeSantis' Hilfe stellt er in New Hampshire auch noch Nikki Haley bloß.
Bastian Brauns berichtet aus New Hampshire
Donald Trump betritt die Bühne im Opernhaus von Rochester und zum ersten Mal seit Monaten nennt er Ron DeSantis bei seinem richtigen Namen. In Reden, Interviews und Social-Media-Beiträgen hatte er den Gouverneur von Florida konsequent nur noch als Ron DeSanctimonious, den Scheinheiligen, bezeichnet. Der Grund: Er wagte es, ihn herauszufordern. Noch am Vorabend machte sich Trump in einer großen Halle in Manchester vor 10.000 Anhängern darüber lustig, dass DeSantis Stöckelschuhe tragen würde, um größer zu wirken.
"Bevor wir heute Abend beginnen, möchte ich gerne etwas Zeit darauf verwenden, um Ron DeSantis zu gratulieren", beginnt Trump. Der Gouverneur von Florida sei wirklich ein "ganz ausgezeichneter Mensch" und habe einen "großartigen Wahlkampf" gemacht. Keine Buhrufe, wie sonst bei diesen Veranstaltungen, wenn DeSantis' Name erklingt. Trumps Anhänger stoßen hier in New Hampshire jetzt Jubelschreie aus. Denn ihr bislang größter Gegner hat aufgegeben.
Trump denkt längst an die Wahlen im November
Mit Ron DeSantis' erklärtem Rückzug aus dem Kandidatenrennen der Republikaner ist Donald Trump der Sieg schon nach der ersten Vorwahl von Iowa kaum noch zu nehmen. Während sich die letzte verbliebene Kandidatin Nikki Haley in New Hampshire mit Auftritten in Highschools und Gaststätten noch abmüht, sammelt Trump bereits mit jedem Tag seine Truppen für den "letzten Kampf" im November.
"Er unterstützt mich", sagt Donald Trump auf der Bühne Rochester über Ron DeSantis und setzt ein zufrieden wirkendes Gesicht auf. Ron DeSantis hatte vergangene Woche in Iowa nur einen desolaten zweiten Platz erreicht. Jetzt waren seine entscheidenden Spender offenkundig nicht mehr bereit, die bislang schon mehr als 150 Millionen Dollar verschlingende Kampagne weiter zu finanzieren. Sie haben DeSantis den Stecker gezogen. In Trump werden sie einen vielversprechenderen Empfänger für ihre Ziele finden.
Donald Trump kennt dieses Prozedere inzwischen. Wie Dominosteine fallen die anderen Kandidaten der Reihe nach um. Dann kann er mit ihnen machen, was er will. Denn auch sie wollen unter ihm als Präsidenten noch etwas werden oder zumindest von seiner Gunst profitieren.
Für Loyalität ist es bei Trump nie zu spät
Vor der Wahl in Iowa gab bereits Doug Burgum auf, der Gouverneur aus North Dakota. Trump holte ihn dafür in dem Städtchen Indianola auf die Bühne. "Als Geschäftsmann und als Gouverneur habe er gesehen, was Donald Trump für einen Unterschied machen kann", sagte Burgum. Neben ihm steht Trump und nickt. Mit ihm als Präsidenten hätten die Bundesstaaten im Mittleren Westen einen Freund und Partner im Weißen Haus, so Burgum. So schnell wurde aus Trumps Gegner Trumps Wahlkampfhelfer.
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Dieses sogenannte "Endorsement", also die Unterstützung auch durch bisherige Gegner, gehört zum Wesen amerikanischer Vorwahlkämpfe. Die Kandidaten der Republikaner legen sogar einen schriftlichen Schwur ab, den "Republican loyalty pledge". Mit ihm versprechen sie, sich am Ende der Vorwahlen hinter den Sieger zu stellen, um ihn oder sie im Kampf gegen die Demokraten zu unterstützen.
Trump hat seine Unterschrift nicht nur verweigert. Er fordert diese Unterstützung bereits ein, bevor die Ergebnisse überhaupt da sind. Bei ihm gleichen die "Endorsements" einer rituellen Unterwerfung. Seine Forderung an seine Gegner von gestern ist die bedingungslose Gefolgschaft morgen. Als er nach seinem deutlichen Wahlsieg von Iowa sogar kurz freundliche Worte für Nikki Haley und Ron DeSantis fand, war auch hier das Signal: Es ist nie zu spät für Loyalität. Ihr müsst nur aufgeben.
Praktische Wahlkampfhilfe
Das Trump-Prinzip lässt sich in dieser Phase des Wahlkampfs live mitverfolgen. Blitzschnell schaltet er auch nach heftigsten beleidigenden Attacken in einen geradezu liebevollen Modus um. Auf einer Bühne in der Stadt Atkinson in New Hampshire umarmte er sogar den ebenfalls unterlegenen Herausforderer Vivek Ramaswamy und prophezeite ihm eine großartige Zukunft. Auch er wird ihn im Wahlkampf fortan unterstützen. "Wir befinden uns in einem Krieg in diesem Land", rief Ramaswamy. Donald Trump sei der Oberbefehlshaber, den es in diesem Krieg im eigenen Land brauche.
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Kurz darauf ließ sich auch Tim Scott, der US-Senator aus South Carolina, von Donald Trump einspannen. Ausgerechnet jener Kandidat, der eine ganz andere Sprache pflegte, der sich als friedliebende Alternative zu Trump im Vorwahlkampf inszeniert hatte. Plötzlich stand auch er in New Hampshire auf einer Wahlkampfbühne seines bisherigen Gegners. Nikki Haley, die aus seinem eigenen Bundesstaat kommt, hatte er über seine Absichten nicht einmal informiert.
"Wir brauchen Donald Trump", sagte Scott, in Concord, New Hampshire, immer wieder, ganz im Stil eines christlichen Predigers. "Wir brauchen einen Präsidenten, der noch heute unsere Südgrenze schließt. Wir brauchen Donald Trump", "Wir brauchen einen Präsidenten, der unser Land vereint. Wir brauchen Donald Trump", "Wir brauchen einen Präsidenten, der eure Sozialversicherung und die Sozialversicherung meiner Mutter schützt. Wir brauchen Donald Trump."
Das letzte Hindernis ist abgeräumt
Mit Ron DeSantis ist jetzt auch der letzte und wichtigste Stein umgefallen. Schon am Vorabend seines Rückzugs ließ sich beobachten, wie plötzlich alle geplanten Wahlkampftermine von seiner Kampagnenseite verschwunden waren. Es waren die letzten Vorboten seiner sich längst abzeichnenden Niederlage.
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Noch stand der Gouverneur aus Florida auf keiner Bühne mit Donald Trump. Als langjähriger Trump-Bewunderer dürfte es aber nur eine Frage der Zeit sein, bis DeSantis wieder voll in den Wahlkampf von Donald Trump einsteigt. Bislang war das noch nicht nötig. Aber schon mit seinem auf der Plattform X (vormals Twitter) veröffentlichten Statement erledigte DeSantis alles zu Trumps Gunsten.
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Auch er empfiehlt dessen Wiederwahl, noch bevor die Vorwahlen wirklich begonnen haben. "Ich habe einen Schwur unterschrieben, den republikanischen Nominierten zu unterstützen und ich respektiere damit meinen Schwur", sagte DeSantis. Seiner bisherigen Konkurrentin Nikki Haley tritt er noch einmal gezielt vors Schienbein, indem er sie als von Unternehmen gekauft bezeichnete, die Amerika nicht an die erste Stelle setzen würde.
Wahlforscher über Nikki Haleys Chancen
Der Umfrageforscher Andrew Smith ist sich sicher: "Nikki Haley dürfte jetzt kaum noch ein Hindernis für Donald Trump darstellen." Der Direktor des in New Hampshire bekannten Umfrage-Instituts "UNH Survey Center" hatte noch am Morgen die letzte Erhebung vor der Wahl am Dienstag veröffentlicht. Darin lag Donald Trump bei 50 Prozent, Nikki Haley bei immerhin 39 Prozent und Ron DeSantis bei 6 Prozent. Wenige Stunden später verkündete DeSantis seinen Rückzug.
"Sein Ausscheiden wird unsere Umfrage kaum noch beeinflussen. Donald Trumps Sieg wird dadurch nur noch größer ausfallen", sagt Smith. Denn aus seinen Erhebungen weiß er, dass die wenigen Wählerinnen und Wähler von DeSantis sich jetzt für Donald Trump entscheiden würden. "Nikki Haley hätte dann eine Chance gehabt, gegen Trump in New Hampshire zu gewinnen, wenn Vivek Ramaswamy und Ron DeSantis im Rennen geblieben wären", sagt Smith. Denn die hätten Trump Stimmen weggenommen. "So aber gibt es für Haley im Grunde keinen Weg mehr zum Sieg", so Smith.
Der Umfrageforscher aus New Hampshire legt sich fest: "Am Dienstag wird wahrscheinlich alles vorbei sein. Donald Trump wird der Kandidat der Republikaner."
- Eigene Beobachtungen und Recherchen vor Ort in New Hampshire
- Telefon-Interview mit Andrew Smith
- scholars.unh.edu: "Trump Leads Haley in Final CNN/UNH New Hampshire Primary Poll 1/21/2024" (Englisch)