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Joe Biden-Desaster: Rücktrittsforderungen und Umfragetief bei Demokraten


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Panik unter den Demokraten
Tritt er doch nicht an?


Aktualisiert am 08.11.2023Lesedauer: 5 Min.
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Unbeliebt, aber unersetzbar? Joe Biden steht bei den Demokraten in der Kritik (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Saquan Stimpson)
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Bei den Demokraten in den USA bricht Panik aus. Im Vergleich zu Donald Trump wirkt Joe Biden schwächer als je zuvor. Braucht es auf die Schnelle einen neuen Präsidentschaftskandidaten?

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Ausgerechnet der neokonservative Republikaner Bill Kristol war es, der sich im März 2020 gegen seinen Präsidenten Donald Trump aussprach und stattdessen einen Demokraten zur Wahl empfohlen hatte: den ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden. Heute, ein Jahr vor den nächsten Präsidentschaftswahlen, hat Bill Kristol Angst – und hat seine Meinung plötzlich geändert.

Kristol ist ein sogenannter "Never Trumper", ein Republikaner, der niemals Trump unterstützen würde. Und genau deshalb spricht er sich jetzt gegen Joe Biden als Kandidaten für die Demokraten aus. Denn Kristol glaubt nicht mehr daran, dass es der amtierende Präsident noch einmal mit dem Ex-Präsidenten aufnehmen kann.

Darum schrieb er vor wenigen Tagen auf X (vormals Twitter): "Präsident Biden hat unserem Land gute Dienste geleistet. Ich bin zuversichtlich, dass er dies im nächsten Jahr noch tun wird", so Kristol. Dann aber sollte sich Biden selbst opfern, für das Gemeinwohl. Kristol forderte: "Es ist an der Zeit, dass Biden bekannt gibt, dass er 2024 nicht mehr kandidieren wird."

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Panik bei den Demokraten

Diesen Wunsch teilt der Anti-Trump-Republikaner Bill Kristol mit vielen Demokraten und mit vielen Amerikanern, die – belegt durch zahlreiche Umfragen – nicht wollen, dass der inzwischen 80-jährige Joe Biden noch einmal zur Wahl antritt. Im Lager der Demokraten bricht in diesen Tagen regelrechte Panik aus. In vielen US-Medien meldeten sich in den vergangenen Tagen vermehrt Parteimitglieder, die Kritik an Biden, seinem Wahlkampf und seiner Performance übten. Immer wieder werden alternative Kandidaten für Biden ins Spiel gebracht, etwa der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom oder die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer.

Das Wahlkampfteam von Joe Biden hat derweil große Mühe, den Sorgen noch mit Zuversicht zu begegnen. Ein Argument aus dem Biden-Lager: Ein Jahr vor der Wahl hätten sich die meisten Amerikaner noch gar nicht richtig mit der Entscheidung beschäftigt, die sie 2024 treffen müssten. Die Umfragewerte für Biden würden sich noch verbessern, beteuern sie, sobald wirklich feststehe, wer auf republikanischer Seite gegen ihn antrete.

Das Problem, das die Biden-Verfechter auszublenden scheinen: Zuletzt haben immer neue Umfragen gezeigt, dass Donald Trump in den bei den kommenden Wahlen entscheidenden "Swing States" zum Teil deutlich vor Joe Biden liegt. Also ausgerechnet in jenen Bundesstaaten, die besonders umkämpft sind und die die Kandidaten unbedingt gewinnen müssen, um am Ende ins Weiße Haus einzuziehen.

"Ich mache mir Sorgen", sagte etwa kürzlich der demokratische Senator Richard Blumenthal aus dem Bundesstaat Connecticut. Er sei schon besorgt gewesen, bevor er diese Zahlen kannte. Und er sei besorgt über "die unerklärliche Glaubwürdigkeit, die Donald Trump trotz aller Anklagen, Lügen und unglaublichen Verfehlungen zu haben scheint".

Trump gilt als unbesiegbar

Tatsächlich sieht es in den USA derzeit nach einem "Rematch" aus, also einer Wiederauflage des Kandidatenduells von 2020. Donald Trump wird voraussichtlich trotz zahlreicher laufender Gerichtsverfahren für die Republikaner antreten können. Mit historisch großem Abstand führt er vor seinen parteiinternen Konkurrenten, wie Floridas Gouverneur Ron DeSantis oder seiner ehemaligen UN-Botschafterin Nikki Haley. Und Joe Biden gilt als Amtsinhaber trotz seines hohen Alters naturgemäß als gesetzter Kandidat bei den Demokraten – nicht zuletzt, weil er selbst keinerlei Andeutungen macht, dass er etwas anderes im Sinn haben könnte.

Die Demokraten stecken dabei in einem absurden Dilemma, das sich auf eine Formel bringen lässt: Die politische Agenda von Joe Biden scheint beliebt zu sein, nur er selbst ist es offenbar nicht.

 
 
 
 
 
 
 

Das gibt einerseits Hoffnung. Denn ein Donald Trump könnte dann mit politischen Themen, wie etwa dem Kampf für Abtreibungs- und Frauenrechte, zu schlagen sein. Die schlechten und immer noch schlechter werdenden persönlichen Umfragewerte von Joe Biden andererseits bergen ein immenses Risiko. Denn die US-Präsidentschaftswahlen sind naturgemäß stets eine knappe Angelegenheit. Der Persönlichkeitsfaktor spielt eine wichtige Rolle und kann am Ende wahlentscheidend sein.

Hoffnung geben die politischen Inhalte

Joe Biden selbst stand seit 2020 nicht mehr zur Wahl. Die Partei des Präsidenten aber schreitet von Sieg zu Sieg. Zuletzt in der vergangenen Nacht, die zu einem Desaster für die Republikaner und insbesondere für das Trump-Lager geriet:

Am Dienstag stimmte etwa im Bundesstaat Ohio eine überwältigende Mehrheit für ein Gesetz, das Frauen nach wie vor Schwangerschaftsabbrüche erlaubt. Der republikanische Gouverneur Mike DeWine hatte sich lange dagegen ausgesprochen. Schnell reagierte US-Präsident Joe Biden auf die Entscheidung. Die Menschen in Ohio hätten "über den Schutz ihrer Grundfreiheiten abgestimmt – und die Demokratie hat gewonnen", so Biden.

Im republikanisch geprägten Bundesstaat Kentucky wurde der demokratische Gouverneur Andy Beshear mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt. Und im Bundesstaat Virginia verloren die Republikaner massiv. Sowohl im dortigen Senat als auch im Repräsentantenhaus haben die Demokraten jetzt wieder die Mehrheit. Zum Leidwesen des republikanischen Gouverneurs Glenn Youngkin, der auch mit einer Kandidatur für die Präsidentschaft im kommenden Jahr geliebäugelt hatte.

Die Risiken für Biden bleiben

Aber auch das bleiben am Ende nur regionale Momentaufnahmen. Sie zeigen auf, welches Potenzial die Demokraten haben. Allein: Ob Joe Biden es 2024 als Aushängeschild wirklich bundesweit heben kann, ist fraglich. Gerade jüngere Wählerinnern und Wählern fremdeln mit dem greisenhaften Präsidenten. Auch bei mit entscheidenden Wählergruppen, die Biden 2020 den Sieg gesichert haben, machen sich Absetzbewegungen bemerkbar. Schwarze Amerikaner, Latinos, Muslime – sie alle wählen längst nicht mehr notgedrungen demokratisch, sondern vermehrt republikanisch.

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Insbesondere Vertreter dieser Gruppen kritisieren aktuell die Israel-Politik der Biden-Regierung, und das zum Teil heftig. Einige Gruppen wie die "Black Lives Matter"-Bewegung oder muslimische Verbände drohten bereits damit, Joe Biden nicht mehr wählen zu wollen. "In November we'll remember!" lautete etwa der Schlachtruf der mit Zehntausenden Teilnehmern bislang größten pro-palästinensischen Demonstration in der Hauptstadt. "Im November (dem Monate der nächsten Präsidentschaftswahlen) werden wir uns erinnern", lautet er übersetzt.

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Bis es so weit ist, wird es für Joe Biden die wohl größte Herausforderung sein, den eigenen Kurs zu halten und eben nicht in Panik zu verfallen. Sein Wahlkampfteam jedenfalls setzt darauf, dass Bidens politische Agenda, seine Erfolge noch verfangen werden. Das immense Wirtschafts- und Investitionsprogramm, die "Bidenomics", hätten sich noch gar nicht richtig entfalten können, heißt es aus Bidens Team.

Doch auch hier, bei der Wirtschaft, bringen die Umfragen Biden gerade in Bedrängnis. Denn obwohl sich die Inflationsrate abschwächt, sorgen sich viele vor weiteren Teuerungswellen. Und die Angst ist berechtigt: So fiel die Gesamtinflationsrate unlängst zwar auf 3,8 Prozent im Vergleich zu 8,2 Prozent vor einem Jahr. Die Preise für Nahrungsmittel und Dinge des täglichen Bedarfs aber befinden sich noch immer auf einem Rekordniveau. Ein Pfund günstiges Beefsteak kostet aktuell etwa rund 13 Dollar und damit 10 Prozent mehr als im vergangenen Jahr zur gleichen Zeit. Noch viel teurer wurden Gemüse, Säfte, aber auch Brot und Eier. (Über die Auswirkungen der Rekord-Inflation und eine regelrechte Klau-Pandemie in den USA lesen Sie hier mehr).

Wie fast immer wird das Empfinden der Menschen über die eigene wirtschaftliche Situation ihre Wahlentscheidungen auch im Jahr 2024 maßgeblich beeinflussen. Gelingt es Joe Biden, die Stimmung auf diesem Gebiet positiv zu beeinflussen, steigen womöglich auch wieder seine Umfragewerte und damit auch seine Chancen insgesamt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen und Recherchen
  • cnn.com: "Trump narrowly leads Biden in hypothetical rematch" (Englisch)
  • theweek.com: "Bill Kristol declares Joe Biden 'the simple answer' for beating Trump" (Englisch)
  • X-Account von Bill Kristol
  • theatlantic.com: "Here’s What Biden Can Do to Change His Grim Polling" (Englisch)
  • axios.com: "Democrats quietly move to succeed Biden" (Englisch)
  • forbes.com: "Food Inflation Has Dropped Dramatically Since Last Year—But Many U.S. Households Still Say It’s Too High, Report Finds" (Englisch)
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