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USA: Joe Bidens Werk und Donald Trumps Beitrag


Meinung
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Umbruch in den USA
Bidens Werk und Trumps Beitrag

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold, Washington

Aktualisiert am 29.01.2021Lesedauer: 4 Min.
Donald Trump (bei der letzten Fahrt als Präsident): Politisches Lebenszeichen aus Florida.Vergrößern des Bildes
Donald Trump (bei der letzten Fahrt als Präsident): Politisches Lebenszeichen aus Florida. (Quelle: Michael Reaves/getty-images-bilder)
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Was für eine Erleichterung! Im Weißen Haus ist unter Joe Biden nichts mehr wie bei seinem Vorgänger. Doch Donald Trump meldet sich zurück. Kann so wirklich alles wieder normal werden?

In Washington geht eine Woche zu Ende, wie ich sie noch nie erlebt habe.

Was los war? Der neue Präsident unterzeichnete Tag für Tag Dekrete und machte große Versprechen, führte viele Telefonate mit dem Rest der Welt, es gab auch reichlich Streit im Kongress. Es passierte viel, aber man konnte alle Stränge im Blick behalten. Denn alles geschah ganz ohne das große Chaos, das jede, aber auch wirklich jede Woche unter dem alten Präsidenten geprägt hatte.

Die Tage in Washington verlaufen spektakulär unspektakulär. Nach extremen Jahren tastet man sich zurück in eine Normalität, die einen noch immer staunen lässt.

Joe Biden arbeitet nach Plan. Morgens ein Geheimdienstbriefing, mittags Termine, nachmittags dann ein Thema, zu dem er vor den Kameras ein Dekret unterzeichnet: Dienstag Gefängnisreform, Mittwoch Klimawandel, Donnerstag Obamacare. Er macht das, was er angekündigt hat. Vorbei die Zeiten, wo ein Tweet morgens beim Frühstücksfernsehen oder nachts um eins alle Pläne – der Berater wie der Journalisten – über den Haufen warf.

Auch Biden twittert, allerdings nur sorgsam von Mitarbeitern vorformulierte Botschaften. Am Mittwoch etwa: "Das Handeln meiner Regierung wird stets von der Wissenschaft geleitet sein." Herrlich langweilig!

Bevor ich das erste Mal das neue Weiße Haus betrat, musste ich außerhalb des Geländes einen Covid-Schnelltest machen. Völlig normal, wenn man in diesen Zeiten in die Machtzentrale der Welt will, sagen Sie? Richtig. Nur gab es das bislang einfach nicht. Im Weißen Haus des Vorgängers wurde ich nicht einmal getestet (nur wer ins Oval Office musste, der schon) und den Mitarbeitern wurde das Maskentragen ausgeredet. Beides ist vorbei. Endlich!

Als ich reinkam, brachte im Briefing Room gerade ein Mitarbeiter die Bildschirme in Position. Die Pressekonferenzen finden wieder täglich statt, die neue Sprecherin beantwortet Fragen statt abzulenken und versichert, dass Streit mit der Presse zur Demokratie gehöre. Eine Plattitüde? Nicht wenn man es auf eben jener Bühne sagt, die vier Jahre lang erst für Angriffe auf die Medien missbraucht wurde und dann verwaist war.

Die Corona-Briefings geben uns die Fachleute wie Anthony Fauci jetzt virtuell. Ohne dass ein Präsident ihnen die Bühne streitig macht und dabei vermeintliche Wundermittel preist.

Es ist die erste Arbeitswoche, in der ich nicht ständig an den US-Präsidenten denken muss und was dieser wohl als nächstes anstellen wird. Das ist, ich kann es nicht anders sagen, eine Wohltat. Vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich?

Der Vorgänger gewährte einem keine Pause. Er konnte es nicht verkraften, auch nur für wenige Stunden einmal nicht im Mittelpunkt zu stehen. Und tat alles dafür, dass es nie so weit kam. Bei Biden sind ähnliche seelische Bedürfnisse nicht auszumachen.

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Washington hat sich nach dieser Normalität gesehnt. Am Sonntag erlebte ich eine bezeichnende Szene. Ich war gerade auf dem Weg zu meinem Stamm-Bagel-Laden, da rollte eine lange Kolonne aus schweren Chevy Suburbans heran. Es war der Präsident. Der war zuvor in der Kirche gewesen und schickte seinen Sohn Hunter mit ein paar Dollarnoten in der Hand hinaus, um Bagels zu holen, während er selbst durch die getönte Scheibe winkte.

Bei den Passanten, vom Secret Service auf Abstand gehalten, konnte ich die Erleichterung selbst aus den maskenverdeckten Gesichtern lesen: Die Augen glänzten, es wurde gerufen und gewunken.

Bidens Vorgänger war in der linksliberalen Hauptstadt immer ein Fremdkörper geblieben. Nur ein einziges Mal in vier Jahren war er auswärts essen – im Steakhouse seines eigenen Hotels. Jetzt ist das allgegenwärtige Gefühl: Washington hat wieder einen Präsidenten.

Wem das alles zu kuschelig klingt, den kann ich beruhigen: Was wir gerade erleben, sind nur kurze Flitterwochen zwischen Präsident Biden und der breiten Öffentlichkeit.

Noch genügt es, dass der Neue den größtmöglichen Kontrast zum Alten darstellt. Doch sehr bald schon geht es für Biden darum, dass er die Krisen löst. Die Impfmisere, Corona mit bald 500.000 Toten, die stockende Wirtschaft mit 18 Millionen Arbeitslosen, das sind jetzt seine Krisen.

Interessieren Sie sich für die US-Politik? Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt einen Newsletter über seine Eindrücke aus den USA und den Machtwechsel von Donald Trump zu Joe Biden. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Mit einer hauchdünnen Mehrheit im Kongress, welche die Republikaner mithilfe der Dauerrede allzu leicht blockieren können, in einer angeschlagenen Demokratie und einer zerrissenen Öffentlichkeit wird dies sehr schwierig.

Und dann ist da ja noch dieser Mann, dessen Name in der Kolumne noch gar nicht fiel: Donald J. Trump – einst Präsident der Vereinigten Staaten. Wird er zur Rechenschaft für den Anschlag auf das Kapitol gezogen? Sagt sich seine Partei doch noch von ihm los?

Es sieht gerade nicht so aus: Mit einer Impeachment-Verurteilung ist nicht mehr zu rechnen. Die Republikaner schwenken nur drei Wochen nach dem Sturm aufs Parlament in großer Mehrheit wieder ein auf die altbekannte Linie der letzten Jahre: Trump first.

Der Trump-treue Chef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, wagte sich bei der Impeachment-Anklage vor zwei Wochen noch immer so weit vor, dass er sagte, Trump trage Verantwortung für die Gewalteskalation am Kapitol. Das war ein interessanter Moment, der verdeutlichte, wie sehr der 6. Januar Trumps Stellung erschüttert hatte.

Doch jetzt wirkt sein Auftritt wie ein alter Schnipsel aus dem Videoarchiv. Denn am Donnerstag flog McCarthy eigens nach Florida, um beim Paten in Mar-a-Lago vorzusprechen und Abbitte zu leisten.

McCarthy will Trump als Zugpferd im Wahlkampf 2022, wo die Republikaner im Repräsentantenhaus wieder die Mehrheit ergattern wollen – und McCarthy dann mächtiger Sprecher der Kammer werden will.

Aus diesem Anlass landete auch die erste Mail von Trump als Ex-Präsident in meinem Posteingang – unsere Mailadressen hat er offensichtlich mit nach Florida genommen, abgesandt von seiner neuen Wahlkampforganisation "Save America": Amerika retten, drunter geht’s bei ihm wohl nicht mehr.

Ein kurzes Statement, ein Foto mit McCarthy, garniert mit der Unwahrheit, Trump selbst sei so beliebt wie noch nie. Ein Lebenszeichen des Lügners, eine Erinnerung an seine alle Normen sprengende Präsidentschaft und ein Ausrufezeichen, dass mit ihm weiter zu rechnen ist. So viel zur Annahme, dass in den USA nun alles wieder normal würde.

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