Ukraine-Konflikt Klimastiftung MV: Keine Unterstützung für Nord Stream 2
Berlin/Schwerin (dpa) - Die von der Nord Stream 2 AG mitfinanzierte Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern will die umstrittene deutsch-russische Gas-Pipeline Nord Stream 2 nicht länger unterstützen.
Nach dem Stopp der Zertifizierung der Pipeline durch die Bundesregierung habe der Vorstand beschlossen, dass keine weiteren Anstrengungen durch die Stiftung unternommen würden, bei den noch anstehenden Arbeiten zu helfen, sagte der Vorsitzende und ehemalige Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern Erwin Sellering (SPD) am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
Die Stiftung war nach einem Landtagsbeschluss vom Januar 2021 gegründet worden. Das Land Mecklenburg-Vorpommern gab lediglich 200.000 Euro Stiftungskapital, Nord Stream hingegen 20 Millionen Euro. Ein Hauptziel der Stiftung war, den Fertigbau der Leitung Nord Stream 2 durch die Ostsee unter den Sanktionsdrohungen der USA gegen beteiligte Unternehmen zu unterstützen.
Zukunft von Nord Stream 2 ungewiss
Die Bundesregierung hatte zuvor das Genehmigungsverfahren für den Betrieb der russisch-deutschen Erdgasleitung ausgesetzt. Damit reagierte sie auf die russische Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine. Die Pipeline war nach Angaben des russischen Gaskonzerns Gazprom im September 2021 fertiggestellt worden und soll Gas von Russland nach Deutschland bringen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte an, dass er es für möglich halte, dass die Pipeline nie in Betrieb gehen wird. "Jetzt jedenfalls ist das eine Situation, in der niemand darauf wetten sollte", sagte er am Dienstag in der ARD. "Da sind wir jetzt erstmal weit von entfernt." Ähnlich äußerte sich der SPD-Politiker zu dieser Frage auch im ZDF.
Regierung: Prüfung könnte lange dauern
Bis zu einer möglichen Entscheidung über die Zukunft von Nord Stream 2 könnte es nach Auskunft der Bundesregierung mindestens Monate dauern. Voraussetzung dafür wäre ein Bericht über die Auswirkungen des Projekts auf die Versorgungssicherheit. Auf die Frage, ob dessen Erstellung Wochen, Monate oder Jahre in Anspruch nehme werde, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch: "Ich rechne nicht mit Wochen."
Nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministers wäre es klüger gewesen, Nord Stream 2 gar nicht erst zu bauen. Europa brauche eine vielfältige Energielandschaft und nicht "einen Klumpen Risiko durch die Ostsee", sagte Robert Habeck (Grüne) in den ARD-"Tagesthemen". Man habe sich zulange der Illusion hingegeben, dass "die Pipeline nur wirtschaftspolitisch zu betrachten ist". Energiepolitik sei aber immer "auch Sicherheitspolitik und geopolitisch zu beurteilen".
Endgültiges Aus ist möglich
Auch wenn das Verfahren zu Nord Stream 2 erst einmal gestoppt wurde, könne das endgültige Aus noch passieren, sagte der Wirtschaftsminister. Es sei im Moment "zentral wichtig, dass Europa und die USA geschlossen vorgehen" und "weder in einen Sanktionsüberbietungs- noch -unterbietungswettlauf eintreten".
Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sagte der "Rheinischen Post", Sanktionen gegen Russland seien jetzt das richtige Mittel. Die diplomatischen Bemühungen um eine friedliche Lösung scheiterten nicht an Deutschland, Europa oder den USA, sondern "an den nationalistischen und revisionistischen Großmachtträumen" Putins, sagte er mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Und deshalb ist es auch richtig, die Zertifizierung von Nord Stream 2 auf Eis zu legen." Ähnlich äußerte er sich in der "Passauer Neuen Presse".
Gabriel begrüßt den Schritt
Vor den Folgen des Stopps der Gaspipeline auch für Deutschland warnte der ehemalige Außenminister und SPD-Politiker Sigmar Gabriel, dennoch begrüßte er den Schritt. "Ich glaube, da darf sich keiner was vormachen, wir haben ohnehin schon hohe Energiepreise, das wird uns auch selber treffen, aber wir müssen jetzt mal zeigen, was uns der Frieden in Europa wert ist und ich finde, da darf man nicht zurückschrecken", sagte er den Sendern RTL/ntv.
AfD-Co-Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte den vorläufigen Stopp mit Blick auf die Energiepreise. Bundeskanzler Olaf Scholz habe Nord Stream 2 zum Schaden der Bürger aufgekündigt, schrieb sie am Mittwoch auf ihrer Facebookseite. Der "deutsche Sonderweg" werde damit zum existenziellen Problem für die Bürger, für die Energie schon jetzt ein Luxusgut sei. Weidel kritisierte in dem Zusammenhang den Atomausstieg in Deutschland. "Als Folge dessen werden wir teuren Atomstrom unserer europäischen Nachbarn importieren müssen, da der Energiebedarf eines Industrielandes wie Deutschland eben nicht so einfach gedeckt werden kann, wie sich das die Ampel vorstellt."