"Straße der Freiheit" Brasilien baut Autobahn zum Klimagipfel durch den Regenwald
Im Herbst erwartet Brasilien 50.000 Besucher zur COP30-Klimakonferenz. Sie sollen in den Genuss einer brandneuen Autobahn durch den Regenwald kommen.
Pläne zum Bau der "Straße der Freiheit" im Nordosten Brasiliens gibt es schon länger, doch bislang sind sie immer an Umweltschutzbedenken gescheitert. Jetzt aber wird die vierspurige Autobahn nahe der Millionenstadt Belém im Bundesstaat Pará gebaut – ausgerechnet für die Gäste des Klimagipfels COP30, der Mitte November in Belém stattfinden soll.
Zu der Klimakonferenz erwartet Brasilien bis zu 50.000 Besucher, auch hochrangige Politiker aus aller Welt dürften sich zwischen dem 10. und dem 21. November zur COP30 einfinden. Um ihnen die Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt möglichst angenehm zu machen, wird nun die 13 Kilometer lange Straße gebaut, mitten durch ein Waldschutzgebiet, wie die BBC berichtet. Die ersten Bäume sind demnach schon gefällt worden.
"Landtiere werden diese Barriere nicht überqueren können"
Die Regierung des Bundesstaats Pará lobt das Bauprojekt als nachhaltige Investition und verspricht wirtschaftliche Vorteile für die Region. Zudem soll es entlang der Straße Übergänge für Wildtiere geben, die Beleuchtung soll mit Solarstrom betrieben werden und an Radwege werde auch gedacht.
Den Vorwurf, dass es widersinnig sei, für eine Klimakonferenz eine Autobahn durch ein Waldschutzgebiet zu bauen, weist Bauminister Adler Silveira zurück: Die COP30 sei schließlich eine Konferenz im Amazonas, nicht über den Amazonas. Allerdings hat die brasilianische Regierung auf der offiziellen Webseite der COP30 verlauten lassen, dass die Autobahn kein Projekt sei, das eigens für den Gipfel ins Leben gerufen wurde. Die Arbeiten für den Bau der geteilten vierspurigen Autobahn, der so genannten Avenida Liberdade, begannen 2020, bevor die Landeshauptstadt Belém als Austragungsort für das Gipfeltreffen ausgewählt wurde, so die Landesregierung von Pará. Offenbar hat aber die Ausschreibung das Projekt erheblich beschleunigt.
Denn Anwohner und Umweltschützer sehen das Bauprojekt kritisch. "Wir verlieren dadurch eine ganze Region, in der wir Tiere auswildern können", zitiert BBC die Tierärztin Silvia Sardinha, die verletzte Tiere aufpäppelt und dann wieder aussetzt. "Landtiere werden diese Barriere nicht überqueren können und das verkleinert die Gegend, in der sie leben und sich fortpflanzen können", fürchtet Sardinha.
"Unsere Ernte ist schon zerstört"
Auch die Anwohner sehen das Projekt mit Skepsis. "Alles ist zerstört worden", sagt Claudio Verequete beim Blick auf die für die Autobahn gefällten Bäume. Verequete lebt nach Angaben der BBC 200 Meter entfernt von der Baustelle, die Ernte von wild wachsenden Acai-Beeren haben seiner Familie bislang ein Einkommen ermöglicht. Die Beeren gelten als "Superfood" und lassen sich entsprechend gut vermarkten.
"Unsere Ernte ist schon zerstört", klagt Claudio Verequete. "Daran kann meine Familie jetzt nichts mehr verdienen." Den Versprechen der Regierung traut er nicht, da sein Dorf gar nicht an die Straße angebunden sei. Claudio Verequete fürchtet dagegen, dass der Autobahn nur der Anfang ist und die Entwaldung in seiner Heimat noch schneller vorantreibt. "Wir sind hier geboren und aufgewachsen. Wo sollen wir denn hingehen?"
- bbc.com: Amazon forest felled to build road for climate summit (englisch)
- cop30.br: "Nota sobre a reportagem das obras na Avenida Liberdade, em Belém" (portugiesisch)
- reuters.com: "Brazil state hosting COP30 denies new road linked to climate summit" (englisch)