Südamerika Bandengewalt in Ecuador: Militär soll Gangs ausschalten
Ecuador versinkt immer tiefer im Sumpf des Verbrechens. Kriminelle Banden kämpfen mit Gewalt um ein Stück vom Kuchen im lukrativen Drogengeschäft. Jetzt demonstrieren sie ihre Macht live im Fernsehen.
Angesichts der eskalierenden Bandengewalt in Ecuador hat Präsident Daniel Noboa die Streitkräfte ins Gefecht gegen die mächtigen Gangs des südamerikanischen Landes geschickt.
Die Soldaten sollen militärische Einsätze gegen rund 20 kriminelle Organisationen durchführen, wie es in einem Dekret hieß. Ecuador befinde sich im Kampf gegen das organisierte Verbrechen mittlerweile in einem internen bewaffneten Konflikt.
Bei den Banden handle es sich um terroristische Organisationen und nicht-staatliche Kriegsparteien, die ausgeschaltet werden sollen, hieß es in dem Dekret weiter. "Alle diese Gruppen sind jetzt militärische Ziele", sagte Militärchef Jaime Vela.
Sturm auf Fernsehsender
Kurz zuvor waren Bewaffnete während einer Live-Übertragung in die Räumlichkeiten des staatlichen Fernsehsenders TC Televisión in der Hafenstadt Guayaquil eingedrungen und hatten mehrere Journalisten und Mitarbeiter als Geiseln genommen. In den Aufnahmen waren Schüsse und Schreie von Menschen zu hören.
Spezialeinheiten der Polizei brachten den Fernsehsender später wieder unter Kontrolle und nahmen 13 Verdächtige fest. Es seien Waffen und Sprengstoff sichergestellt worden, teilte die Polizei mit. Den Festgenommenen werde Terrorismus vorgeworfen.
Im Regierungssitz Carondelet kam am Dienstag das Sicherheitskabinett zu einer Sitzung zusammen. "Wir werden nicht zulassen, dass terroristische Gruppen den Frieden im Land stören", sagte Präsident Noboa. Laut einem Bericht des Fernsehsenders Ecuavisa patrouillierten Soldaten in gepanzerten Fahrzeugen im historischen Zentrum der Hauptstadt Quito. Bis Ende der Woche sollen alle Schulen des Landes geschlossen bleiben, wie das Bildungsministerium mitteilte.
Regierung erklärt Ausnahmezustand
Wegen chaotischer Zustände in den Gefängnissen hatte die Regierung des südamerikanischen Landes erst am Montag den Ausnahmezustand verhängt. Kriminelle Banden lieferten sich in den Haftanstalten heftige Auseinandersetzungen und nahmen Wärter als Geiseln. Dem Chef der mächtigen Bande "Los Choneros", Adolfo Macías alias "Fito", und dem Anführer der Gang "Los Lobos", Fabricio Colón Pico, waren dabei laut Gefängnisverwaltung offenbar die Flucht gelungen.
Die Sicherheitslage in Ecuador hatte sich zuletzt dramatisch verschlechtert. Die Mordrate von rund 46,5 Tötungsdelikten pro 100.000 Einwohner im vergangenen Jahr war die bislang höchste in der Geschichte des einst friedlichen Andenstaates und eine der höchsten Lateinamerikas. Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio, der gegen die Korruption zu kämpfen versprach, war im August nach einer Wahlkampfveranstaltung erschossen worden.
Mehrere Banden mit Verbindungen zu mächtigen mexikanischen Kartellen kämpfen um die Kontrolle über die Routen des Drogenhandels. Auch albanische Drogenhändler sollen mittlerweile mitmischen. Ecuador ist ein wichtiges Transitland für Kokain aus Südamerika, das in die USA und nach Europa geschmuggelt wird.
- Nachrichtenagentur dpa