Afrika-Reise Scholz will Migrationszentren in Nigeria ausbauen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich in Nigeria für den Ausbau von Migrationszentren stark gemacht, die für die Unterstützung von Rückkehrern aus Deutschland und anderen Staaten gegründet wurden.
Künftig sollen die Einrichtungen sich auch um die Beratung von Fachkräften kümmern, die nach Deutschland auswandern wollen. "Dafür braucht es einige Vorbereitungen und Investitionen - auf beiden Seiten", sagte der Kanzler. Darüber habe er am Sonntag mit dem nigerianischen Präsidenten Bola Tinubu gesprochen.
Scholz zeigte sich nach seinen Gesprächen auch zuversichtlich, dass die angestrebte Beschleunigung der Abschiebungen nach Nigeria gelingen wird. Dabei geht es vor allem darum, die Identität von Flüchtlingen festzustellen, die ohne Ausweispapiere in Deutschland sind.
"Da habe ich jetzt mitgenommen, dass das gelingen wird", sagte Scholz mit Blick auf sein Gespräch mit Tinubu. "Die Worte mir gegenüber waren sehr klar." Er strebe nun konkrete Vereinbarungen mit Nigeria dazu an.
Migrationszentren betreuten schon 20.000 Rückkehrer
Derzeit gibt es drei Migrationszentren in Nigeria, in denen in den letzten vier Jahren 20.000 Rückkehrer bei der Suche nach Jobs und Ausbildungsplätzen unterstützt wurden. 4000 davon kamen aus Deutschland - teils freiwillig, teils wurden sie gegen ihren Willen abgeschoben.
Einige von ihnen traf Scholz am Montag in dem Zentrum in der Küstenmetropole Lagos, mit 20 Millionen Einwohnern eine der größten Städte der Welt. Frauen und Männer, die über Libyen und das Mittelmeer nach Italien und dann weiter nach Deutschland kamen. Eine Frau kehrte nach fünf Jahren zurück, weil sie ihre Tochter nicht nachholen konnte. Eine andere war zehn Jahre in München und sagt heute, sie sei stolz, zurück in Nigeria zu sein. "Ich denke gar nicht daran, wieder zurück nach Deutschland zu gehen."
Scholz nannte den Besuch später "sehr ermutigend", weil man dort sehen könne, wie man mit kleinen Schritten vorankommen könne.
Viele Ausreisepflichtige ohne Papiere
Jahrelang zählte Nigeria zu den zehn Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern in Deutschland. Seit vergangenem Jahr ist das nicht mehr der Fall, aber auch in diesem Jahr wurden noch mehr als 1800 Asyl-Erstanträge von Nigerianern gestellt. Die Anerkennungsquote ist aber vergleichsweise gering. Knapp 14.000 Menschen aus Nigeria gelten als ausreisepflichtig. Davon sind rund 12 500 geduldet, größtenteils weil sie keine Ausweispapiere haben.
Die Feststellung der Identität ist das Hauptproblem bei der Rückführung. Dabei ist die Kooperation der Herkunftsländer gefragt. Der nigerianische Präsident Tinubu zeigte sich nach seinem Treffen mit Scholz grundsätzlich offen für die Rücknahme von Flüchtlingen. Auf die Frage, was er im Gegenzug erwarte, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz: "Ich stelle keine Forderungen auf." Wenn es sich um Nigerianer handele, seien sie zu Hause willkommen.
Scholz will Tempo in Abschiebungen bringen
Scholz hat sich vorgenommen, Tempo in die Rückführung zu bringen. In einem "Spiegel"-Interview hatte er kürzlich die Ansage gemacht: "Wir müssen endlich im großen Stil abschieben." Als Schlüssel sieht er Abkommen mit den Herkunftsländern, die die Rückführung erleichtern, gleichzeitig aber auch die Anwerbung von Fachkräften fördern. "Das beides zusammenzubinden ist eigentlich das Modell der Zukunft."
Unterstützung für Nigerias G20-Ambitionen
Scholz hat die Forderung Nigerias nach einer Aufnahme in die G20-Staatengruppe unterstützt. "Dass ein so großes Land wie Nigeria, das die größte Volkswirtschaft ist in Afrika, zurecht anmahnt, dass es irgendwie dabei sein muss, das ist auch richtig", sagte Scholz. Es sei ein guter Fortschritt gewesen, dass die Afrikanische Union (AU) in die Gruppe der wichtigsten Wirtschaftsmächte aufgenommen wurde. Aber dabei könne es nicht bleiben.
Die G20 hatte beim Gipfel in Neu Delhi im September erstmals seit ihrer Gründung 1999 Zuwachs bekommen. Die Staatengruppe einigte sich darauf, die AU als zweite Regionalorganisation neben der Europäischen Union aufzunehmen. Als einziger afrikanischer Staat gehört bisher Südafrika der G20 an. Es hat aber eine geringere Wirtschaftskraft und deutlich weniger Einwohner als Nigeria. Mit 220 Millionen Einwohnern ist Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas und zugleich die größte Volkswirtschaft.
"Es ist ganz offensichtlich, dass die heutige Lage nicht vernünftig ist", sagte Scholz. Er beklagte auch die Schieflage im UN-Sicherheitsrat, in dem kein afrikanisches und kein lateinamerikanisches Land ständig vertreten ist. Über eine Reform des Gremiums wird seit Jahrzehnten diskutiert, sie ist aber bisher nicht in Sicht.
- Nachrichtenagentur dpa