NHS Britisches Gesundheitssystem steckt in der Krise
Viele Briten sind stolz auf den 1948 gegründeten Gesundheitsdienst NHS, der steuerfinanziert eine kostenfreie medizinische Versorgung für alle bietet. Doch zugleich ist der Dienst ein schwerfälliger Koloss, der mehr als eine Million Mitarbeiter beschäftigt und nur schwer mit den wachsenden Anforderungen zurechtkommt.
Angesichts der schlimmsten Grippewelle seit Jahren und einer schweren Brechdurchfall-Welle hat sich in diesem Winter die Krise zugespitzt. Eine Mutter muss ihren Sohn mit Blinddarmdurchbruch selbst ins Krankenhaus fahren, weil keine Krankenwagen verfügbar sind. Eine 81-jährige Frau mit Brustschmerzen stirbt, während sie vier Stunden lang auf einen Notarzt wartet und tausende medizinische Behandlungen mussten verschoben werden. Patienten im ganzen Land werden auf Klinikfluren behandelt oder stecken in Rettungswagen fest, weil keine Betten frei sind: In diesem Winter häufen sich die tragischen Nachrichten aus dem britischen Gesundheitssystem.
Zum Teil geht das Problem laut Ärzten und Experten auf knappe Mittel zurück, das System sei seit Jahren unterfinanziert worden. Die Entscheidung Großbritanniens, im kommenden Jahr die Europäische Union zu verlassen, verschärft die Situation für den Nationalen Gesundheitsdienst NHS zusätzlich. Die Zahl europäischer Krankenschwestern und Hebammen, die sich in Großbritannien registriert haben, fiel nach Angaben des zuständigen Berufsverbands zwischen September 2016 und September 2017 um fast 90 Prozent. Zugleich kündigen auch immer mehr britische Krankenschwestern ihren Job - wegen Überlastung und schlechter Bezahlung.
Die Finanzierung des Gesundheitsdienstes ist auch zum Streitpunkt zwischen Befürwortern und Gegnern des Brexits geworden. Fürsprecher eines EU-Austritts wie Außenminister Boris Johnson argumentieren, der britische Millionenbetrag für Brüssel könne künftig an den NHS gehen. Premierministerin Theresa May räumte ein, der Gesundheitsdienst erlebe "winterliche Belastungen". Die Regierung stelle aber bereits mehr Geld zur Verfügung und werbe zusätzliche Ärzte und Krankenpfleger an, versicherte sie.
Quelle:
- AP