Streit um Flüchtlingspolitik Merkel will über Ungarns EU-Mitgliedschaft reden
Im Streit um die Flüchtlingspolitik in Europa hat
Dass eine Regierung sage, ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs interessiere sie nicht, sei "nicht zu akzeptieren", sagte Merkel der "Berliner Zeitung". Auf die Frage, ob dies heiße, dass Ungarn die EU verlassen müsse, sagte die Kanzlerin, für sie werde "eine sehr grundsätzliche Frage Europas berührt", da Europa für sie "ein Raum des Rechts" sei. "Wir werden beim Europäischen Rat im Oktober darüber reden müssen", kündigte sie an.
Vergangenen Mittwoch hatte der EuGH die Klage von Ungarn und der Slowakei gegen die EU-Quotenregel abgewiesen, nach der jedes Land eine bestimmte Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen muss. Die Regierung in Budapest sprach von einem politisch motivierten Urteil. Ministerpräsident Viktor Orban sagte: "Dieser Richterspruch ist für uns kein Grund, unsere Politik zu ändern, die Flüchtlinge ablehnt." Die Slowakei nannte das Urteil zwar "ungerecht", kündigte aber an, es zu akzeptieren.
Merkel: EU-Flüchtlingspolitik ein "sehr dickes Brett"
Ihren grundsätzlichen Kurs in der EU-Flüchtlingspolitik sieht Merkel durch die Haltung einiger osteuropäischer Staaten nicht gefährdet. "Es ist ein offensichtlich sehr dickes Brett, das da zu bohren ist", sagte sie der "Berliner Zeitung". Die gesamte EU sei sich einig über den Schutz der Außengrenzen, über Entwicklungshilfe und Bekämpfung der Fluchtursachen sowie Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Staaten. Auch wollten die Staaten das Asylsystem in der EU gemeinsam "krisenfester als in der Vergangenheit ausgestalten", sagte Merkel.
Bei der solidarischen Verteilung von Flüchtlingen in Europa seien es von derzeit 28 Mitgliedstaaten nur drei bis vier Staaten, die dies rigoros ablehnten, sagte die Kanzlerin. Alle anderen hätten sich bereit erklärt, "ihren Anteil zu tragen", und nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs sei "selbst beim slowakischen Ministerpräsidenten Bewegung zu erkennen", fügte sie hinzu.
EU-Staaten sollen Geld für Aufnahme von Flüchtlingen bekommen
Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" soll der Streit über die Verteilung von Flüchtlingen durch ein Anreizsystem gelöst werden. Demnach soll ein Staat von der EU für jeden übernommenen Flüchtling 60.000 Euro von der EU bekommen. Unterschreitet das EU-Mitglied jedoch die für ihn festgelegte Quote um über die Hälfte, sollen jeweils pro Person wieder 60.000 Euro abgezogen werden.
Gedacht sei der Verteilmechanismus für maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr. Daraus ergebe sich ein Finanzbedarf von bis zu zwölf Milliarden Euro. Daneben soll es möglich sein, Grenzschützer oder nationale Asylbeamte an überlastete Staaten abzustellen und entsprechend weniger Migranten zu übernehmen.