EU EU macht sich bereit für harte Brexit-Verhandlungen
Brüssel/Valletta (dpa) - Die Europäische Union geht mit einer harten Linie in die Brexit-Verhandlungen, die voraussichtlich Ende Mai beginnen.
Gegen den ausdrücklichen Wunsch der britischen Premierministerin Theresa May beharrt EU-Ratspräsident Donald Tusk darauf, in einem ersten Schritt nur den EU-Austritt rechtlich und finanziell zu klären. Erst danach soll es um die künftige Partnerschaft gehen, auf die May besonders dringt.
"Parallele Verhandlungen zu allen Themen zu beginnen, wie von einigen im Vereinigten Königreich vorgeschlagen, das wird nicht passieren", sagte Tusk am Freitag zu seinem Entwurf für Verhandlungsleitlinien. Der derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Maltas Regierungschef Joseph Muscat sagte: "Es werden harte Verhandlungen , aber es wird kein Krieg." Beide Seiten hätten ein Interesse daran, Freunde zu bleiben.
Ein Regierungssprecher in London erinnerte in einer ersten Reaktion daran, dass es sich nur um vorläufige Leitlinien handele. Man freue sich darauf, die Verhandlungen zu beginnen, sobald sie von den 27 Mitgliedstaaten bestätigt seien. "Es ist klar, dass beide Seiten konstruktiv in diese Gespräche gehen wollen".
May hatte am Mittwoch den EU-Austritt nach mehr als 40 Jahren Mitgliedschaft beantragt und damit das auf zwei Jahre angesetzte Brexit-Verfahren in Gang gesetzt. Im Antrag erklärte sie, sie wolle die Trennung und die künftige Partnerschaft in dieser Frist gleichzeitig klären.
Doch die EU will zuerst Rechtssicherheit für ihre Bürger und Unternehmen, wie es in Tusks neunseitigem Entwurf heißt. Insbesondere geht es um Aufenthalts- und Arbeitsrechte der rund 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien. Zweites Topthema ist die milliardenschwere Schlussrechnung für Großbritannien für Verpflichtungen während der EU-Mitgliedschaft. Tusk nannte zudem als Priorität, eine "harte Grenze" zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland zu vermeiden.
Erst wenn die EU "ausreichenden Fortschritt" bei diesen sehr schwierigen Themen feststelle, könne in einer zweiten Phase über Grundlagen künftiger Beziehungen gesprochen werden. Allein die EU-Seite will sich vorbehalten, das Startsignal für die zweite Phase der Gespräche zu geben. Tusk sagte aber, womöglich könne es schon im Herbst so weit sein. Dass das von May gewünschte Freihandelsabkommen vor dem Brexit fertig wird, schließt die EU aber aus.
Die von Tusk vorgeschlagenen Leitlinien sollen mit den 27 Mitgliedsländern abgestimmt und am 29. April auf einem EU-Sondergipfel in Brüssel verabschiedet werden. Auf dieser Grundlage soll ein ausführliches Mandat für den EU-Unterhändler Michel Barnier beschlossen werden, wahrscheinlich am 22. Mai. Dann ist die EU-Seite startklar für die Verhandlungen.
May hatte in ihrem Brexit-Schreiben an Tusk die künftige Wirtschafts- und Sicherheitszusammenarbeit verknüpft. Das nährte Spekulationen, dass sie ein günstiges Abkommen mit der EU zur Bedingung beispielsweise für den gemeinsamen Anti-Terror-Kampf mache. Ihr Außenminister Boris Johnson stellte jedoch klar: "Der Einsatz des Vereinigten Königreichs für die Verteidigung und die Sicherheit dieser Region, Europas, ist bedingungslos und keine Verhandlungsmasse bei irgendwelchen Verhandlungen." Tusk äußerte sich ähnlich und sprach von einem "Missverständnis".
Obwohl die Verhandlungen für alle 27 bleibenden EU-Staaten ausschließlich von Barnier geführt werden sollen, wollen auch in Deutschland immer mehr Akteure mitreden. Der Bundesrat forderte, die Länder "eng einzubeziehen". Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plädierte für eine konsequente Haltung der EU. "Wir wollen die Briten nah bei uns haben, aber es gibt keine Rechte ohne Pflichten", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag).
Premierministerin May kämpft ihrerseits mit sehr viel Unruhe im Königreich. Die schottische Regierung beantragte am Freitag förmlich Gespräche über das Unabhängigkeitsreferendum, das das Regionalparlament fordert. Die Schotten hatten beim Brexit-Referendum 2016 mehrheitlich gegen den EU-Austritt gestimmt und wollen nun zumindest den Zugang zum EU-Binnenmarkt bewahren.