Ärger um Donald Tusk Polen droht mit Blockade des EU-Gipfels
Im Streit um die Wiederwahl von EU-Ratspräsident Donald Tusk hat die polnische Regierung mit der Blockade des gesamten Gipfels der europäischen Staats- und Regierungschefs gedroht.
Polen werde die anderen EU-Staaten informieren, "dass der ganze Gipfel gefährdet sein wird", wenn eine Abstimmung über die Personalie erzwungen werde, sagte Außenminister Witold Waszczykowski im Fernsehsender TVN24. Die rechtsnationale Regierung in Warschau lehnt ein zweite Amtszeit für Tusk kategorisch ab.
Der EU-Gipfel wollte am Donnerstagnachmittag über eine zweite Amtszeit für den ehemaligen polnischen Ministerpräsidenten Tusk entscheiden, dessen liberal-konservative Bürgerplattform in seiner Heimat in der Opposition ist. Die Regierung in Warschau wirft Tusk vor, sich in die polnische Innenpolitik eingemischt zu haben. Sie hat mit dem Europa-Abgeordneten Jacek Saryusz-Wolski einen Gegenkandidaten aufgestellt, für diesen aber bisher offiziell keine weiteren Unterstützer.
"Wir werden alles tun, damit die Abstimmung heute nicht stattfindet", sagte Außenminister Waszczykowski, der am Mittwoch in Warschau mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) zusammengekommen war. "Wir haben den Deutschen bereits die Botschaft übermittelt, dass es heute nicht notwendig ist, über den Präsidenten des Europäischen Rates abzustimmen." Polen setze seine Konsultationen in der Personalfrage fort.
Polnisches Veto kann Druck machen
Die Entscheidung über Tusks zweite Amtszeit kann von den Staats- und Regierungschefs per Mehrheitsbeschluss getroffen werden. Nötig sind dafür 21 der 28 Mitgliedstaaten. Außer Polen hat bisher keine andere EU-Regierung ihren Widerstand gegen Tusk erklärt. Nötig wären acht Gegenstimmen, um Tusk bei einer Abstimmung zu verhindern.
Die Verlängerung der Amtszeit Tusks sollte ursprünglich bei dem Gipfel nur einige Minuten in Anspruch nehmen. Polnische Medien sprachen nun von zwei Szenarien: Entweder bekommt Warschau die Zusage, dass über den Ratspräsidenten nur einstimmig abgestimmt wird oder die polnische Regierung werde sich weigern den gesamten Gipfelschlussfolgerungen zuzustimmen.
Bei dem Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs eine Reihe von Beschlüssen verabschieden. Sie müssen im Einvernehmen getroffen werden, Polen könnte sie damit blockieren. Geplant sind Gipfelschlussfolgerungen zur Wirtschaftspolitik, ein klares Bekenntnis zum internationalen Handel vor dem Hintergrund des Kurswechsels in den USA, zur Stärkung der EU-Verteidigungspolitik und zum Westbalkan.
Am Freitag stehen Beratungen über die künftige Ausrichtung der EU nach dem Brexit auf dem Programm. Die Staats- und Regierungschefs bereiten dabei ohne Großbritannien eine Erklärung für ihren Sondergipfel Ende März zu 60 Jahre Römische Verträge vor.