Sorge wegen Trumps EU-Plänen "Das wäre, ohne Waffen, eine Kriegserklärung"
Wenige Tage vor der Münchner Sicherheitskonferenz hat deren Leiter Wolfgang Ischinger die neue US-Regierung vor einer Destabilisierung der Europäischen Union gewarnt. "Das wäre, ohne Waffen, eine Kriegserklärung", sagte Ischinger in Berlin.
Sollte die US-Regierung unter Präsident Donald Trump den Austritt weiterer Länder aus der EU fördern wollen, hielte er dies für den "GAU in den transatlantischen Beziehungen", sagte der frühere deutsche Botschafter in den USA.
Ischinger bezog sich auf lobende Äußerungen von Trump zum Brexit, die der neue US-Präsident "wohl ohne viel nachzudenken hingeworfen hat".
"Nie dagewesener Grad der Verunsicherung"
Nach wie vor gebe es keine Klarheit über das außenpolitische Konzept der neuen US-Regierung. "Wir wissen nicht, ob sich der Präsident selber mit seinen zum Teil haarsträubenden Aussagen durchsetzen will und wird", so Ischinger. Es gebe einen "in den vergangenen Jahrzehnten nie dagewesenen Grad der Verunsicherung".
Von der Münchner Sicherheitskonferenz am kommenden Wochenende erhoffe er sich ein Stück weit Klärung, sagte Ischinger. Die für Samstagvormittag geplante Grundsatzrede von Trumps Vizepräsident Mike Pence werde der erste große außenpolitische Auftritt der neuen US-Regierung sein. Bei aller Ungewissheit gehe er davon aus, dass die USA in München das Bekenntnis zum Nato-Bündnis erneuern werden.
Ischinger hofft auf positive Signale
Dieses Bekenntnis dürfte aber "gepaart sein mit einem brutalen Auftritt" der US-Regierung, was die künftige Lastenverteilung in der Nato angeht. Ischinger zeigte Verständnis für den Wunsch der US-Regierung, dass die europäischen Nato-Länder einen größeren Teil der Lasten übernähmen. Die Lastenverteilung sei bereits lange vor Trumps Wahl aus der Balance geraten, und "diese Forderungen werden nun entschlossener vorgetragen werden".
Für die europäischen Länder sieht Ischinger in München die Chance, den USA zu zeigen, dass Europa nicht todgeweiht sei. Dies sei "wichtig, weil es ja Sprüche gibt, dass man in Washington der Meinung ist, der Rückmarsch in den Nationalstaat sei nicht nur für die USA richtig, sondern auch für Europa".
Er erhoffe sich positive Signale der neuen US-Regierung in München, sagte Ischinger. "Ich wage die Prognose, dass wir am Sonntag feststellen: Die Befürchtungen waren groß, sie sind jetzt ein bisschen kleiner."
Aus den USA werden neben Vizepräsident Pence auch Verteidigungsminister James Mattis, Heimatschutzminister John Kelly und der Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn sowie eine Kongressdelegation erwartet. Mehrere Staatsoberhäupter haben ihre Teilnahme zugesagt, unter anderem aus Polen, der Ukraine und Afghanistan. Angemeldet sind laut Ischinger zudem 30 Verteidigungsminister und 47 Außenminister.