Griechenland vor Gipfeltreffen Schäuble wird deutlich: "Dann ist es eben vorbei"
Viel Zeit haben die Griechen nicht. Die nächsten Tage werden für eine Lösung der Schuldenkrise entscheidend sein. Vor dem Eurogruppen-Treffen zur Griechenland-Krise hat Bundesfinanzminister Wolfgang die Regierung in Athen zu klaren Aussagen über den weiteren Weg aufgefordert. Ohne eine Einigung mit den Geldgebern wird sich der Rettungsschirm Ende des Monats schließen.
"Die öffentlichen Verlautbarungen sind eher verwirrend", sagte Schäuble nach dem Treffen der G20-Finanzminister in Istanbul. Er gehe davon aus, dass der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis seinen Amtskollegen in der Eurozone am Mittwoch in Brüssel "die verbindliche Haltung der neuen griechischen Regierung" darlegen werde. Die Euro-Finanzminister kommen vor dem EU-Gipfel zu Beratungen zusammen. Spekuliert wird, ob dabei ein erster Schritt für einen möglichen Kompromiss mit Athen gemacht werden könnte.
Auf die Frage nach der Konsequenz eines von Athen angedrohten Ausstiegs aus dem Hilfsprogramm sagte Schäuble: "Schön. Wir haben das nie aufgedrängt. Also überhaupt kein Problem. Aber dann ist es eben vorbei." In Brüssel würden die Finanzminister der Eurogruppe die Vorstellungen der griechischen Regierung "zur Kenntnis nehmen und überlegen, was die nächsten Schritte sein können".
Schäuble dementierte einen Medienbericht, wonach die EU-Kommission Griechenland sechs Monate Zeit für eine Einigung mit den Gläubigern eingeräumt habe. "Das muss falsch sein", sagte er. "Denn erstens ist es mir nicht bekannt. Zweitens ist die Kommission dafür nicht zuständig." Schäuble sagte weiter, dass die Lage in Griechenland seit Jahren außergewöhnlich schwierig sei, "daran ist niemand außerhalb Griechenlands Schuld".
Viel Fingerspitzengefühl und Geschicklichkeit nötig
Auch die Akteure in Athen wissen: In den kommenden Tagen ist sehr viel Fingerspitzengefühl und Geschicklichkeit nötig, um vor der Eurogruppe zu bestehen. Denn viele Regierungen sind empört über die "Frechheit" der neuen Regierung unter dem linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Die hat die Troika der Geldgeberkontrolleure einfach rausgeworfen und eine Schonzeit verlangt, um ihr eigenes Spar- und Konsolidierungsprogramm in die Wege zu leiten.
Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis zeigt sich trotz aller Schwierigkeiten optimistisch. Die Politik sei da, um den Menschen und nicht den Märkten zu dienen, sagt er. Das bisherige von der Geldgeber-Troika diktierte Sparprogramm war nach seinen Worten "toxisch". Der griechischen Gesellschaft sei schwerer Schaden zugefügt worden.
Große Kraftprobe steht bevor
Die große Kraftprobe steht Varoufakis am Mittwoch bevor. Erstmals nach der Übernahme des Ressorts Finanzen wird er - von Angesicht zu Angesicht - der versammelten Euroland-Verwandtschaft in Brüssel gegenüberstehen. Griechenland müsse noch eine Chance haben, will er den Partnern vermitteln. "Wir wissen, wenn die Türen geschlossen werden, dann geht es hart zur Sache", sagt ein enger Mitarbeiter des Finanzministers.
Davor scheint Varoufakis keine Angst zu haben. Der Popstar unter den Ministern gibt sich selbstsicher, Hand in der Hosentasche. "Es gibt einen Ausweg aus der Krise, wir sind uns sicher", heißt es aus Kreisen des Finanzministeriums.
Zehn-Punkte-Plan in Arbeit?
Der Grund für den Optimismus: Hinter verschlossenen Türen soll es seit Tagen intensive Gespräche zwischen Athen und der EU geben. Führende Vertreter der Arbeitsgruppe der Eurogruppe (Euro Working Group) und der EU seien vergangenen Sonntag zu Geheimgesprächen in Athen gewesen, heißt es. Wie die dpa aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen erfuhr, wird zurzeit an einem Zehn-Punkte-Plan für Griechenland gearbeitet.
Wie man dieses Programm nennen soll, damit niemand das Gesicht verliert, ist den Griechen egal. Sie wollen es Übergangsprogramm nennen, die EU schlage den Begriff technische Verlängerung des Rettungsschirms vor.
Privatisierungen werden nicht mehr verteufelt
Das Übergangsprogramm soll am 1. März beginnen und am 31. August enden. Athen will eine Senkung des von den internationalen Geldgebern gesetzten Ziels eines sogenannten Primären Überschusses in Höhe von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts BIP jährlich erreichen. Die Griechen wollen die Vorgabe auf 1,5 Prozent drücken. Damit würden Gelder frei, um notleidenden Menschen in Griechenland zu helfen und die Wirtschaft anzukurbeln.
Athen hat seinerseits einige Worte aus seinem Vokabular gestrichen. So wird der Begriff Schuldenschnitt nicht mehr in den Mund genommen. Auch Privatisierungen werden nicht mehr verteufelt. Was genau die sogenannten zehn Reformmaßnahmen sein sollen, die als eine Art Überbrückungsverpflichtung Griechenlands präsentiert werden könnten, ist unklar. Den Schleier will Varoufakis am Mittwoch in Brüssel lüften.
Mit einer Einigung wird in Athen zunächst nicht gerechnet. "Erst müssen wir sehen, was die Finanzminister sagen und danach auch die Regierungschefs (am Donnerstag beim EU-Gipfel / Anm. d. Redaktion)", heißt es aus Regierungskreisen in Athen. Viel deutlicher als Schäuble können die kaum werden.