Schilder falsch interpretiert? Doppeltes Bußgeld für Raser: Gerichtsurteil setzt klares Zeichen
So manch einer übersieht schon mal ein Tempolimit – aber mehrere hintereinander? Ein Gerichtsurteil zeigt, was in diesem Fall auf Autofahrer zukommt.
Häufig passiert es vor Baustellen auf der Autobahn: Die Geschwindigkeit wird schrittweise heruntergedrosselt – von 120 auf 100, dann auf 80 und teils sogar auf 60 km/h. In solchen Fällen ist klar, dass Autofahrer vom Gas gehen sollten. Was aber, wenn zusätzliche Schilder womöglich Verwirrung stiften?
Der konkrete Fall: Ein Mann fuhr mit seinem Pkw auf der Autobahn. An einer vorausliegenden Stelle führte die Polizei eine Verkehrskontrolle durch und hatte einen sogenannten Geschwindigkeitstrichter eingerichtet, um die Geschwindigkeit stufenweise auf Tempo 60 herabzusenken. Neben den Tempolimits wurde ein Überholverbot angezeigt. Das wiederum galt durch Zusatzschilder jedoch nur für Lkw und Busse.
In der 60er-Zone rauschte der Mann noch mit 123 km/h durch den Blitzer. War es Vorsatz? Davon gehen die Behörden in der Regel aus, wenn die zulässige Geschwindigkeit um 100 Prozent überschritten wurde – in diesem Fall also bei mindestens 120 km/h gelegen hat. Die zuständige Behörde entschied entsprechend, das Bußgeld wurde verdoppelt.
Doppeltes Bußgeld statt Fahrverbot
Ein doppeltes Bußgeld lässt sich in einigen Härtefällen auch zum Vorteil nutzen – nämlich dann, wenn ansonsten ein Fahrverbot erteilt würde. Das ist allerdings nur möglich, wenn ein Härtefall vorliegt – beispielsweise, wenn dadurch die Pflege von Angehörigen nicht mehr gewährleistet werden kann. Darüber muss allerdings in jedem Fall ein Richter entscheiden, heißt es auf der Webseite anwalt.org.
Ein doppeltes Bußgeld ist zudem möglich, wenn eine sogenannte Tatmehrheit vorliegt: Wurden mehrere, voneinander unabhängige Tatbestände erfüllt, lässt sich das Bußgeld ebenfalls um hundert Prozent erhöhen.
Dagegen legte der Betroffene Einspruch ein. Er sei wegen der Zusatzschilder davon ausgegangen, dass sich auch das Tempolimit nur auf Lkw und Busse bezogen habe. So sei ihm ein Verstoß nicht vorzuwerfen – und schon gar kein Vorsatz.
Verkehrsteilnehmer müssen sich selbst informieren
Das Oberlandesgericht Frankfurt sah das anders: Jeder muss sich selbst über die Verkehrsschilder und deren Rechtsfolgen informieren. Ein vorgeblicher Irrtum entlastet Raser daher nicht (Az.: 2 Ss-OWi 1228/20).
Das Gericht war der Meinung, dass auch dann von Vorsatz auszugehen ist, wenn eine Beschilderung zwar falsch interpretiert wurde, aber feststeht, dass der Betroffene diese optisch vollständig wahrnahm. Demnach handelte es sich um einen vermeidbaren Irrtum, der den Fahrer nicht entlaste.
Seiner erheblichen Überschreitung hätte der Mann sich auch bewusst werden müssen, da eine Verkehrskontrolle angekündigt worden war und mehrfach beidseits auf die Tempolimits hingewiesen wurde. Das verdoppelte Bußgeld sah das Gericht entsprechend als rechtmäßig an.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- anwalt.org: "Doppeltes Bußgeld statt Fahrverbot – Geht das?"