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Mit dem Fahrrad durch die Toskana


Wie aus dem Bilderbuch
Mit dem Fahrrad durch die Toskana

Das Val d'Orcia im Süden von Siena zählt zum Weltkulturerbe der Unesco. Das sanfte Hügelland inspirierte viele Künstler zu epischen Gemälden. Ein landschaftliches Gesamtkunstwerk - wie geschaffen, um es mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu entdecken. Sehen Sie die Radstrecken und Sehenswürdigkeiten der Toskana auch in unserer Foto-Show.

26.05.2014|Lesedauer: 4 Min.
srt, Armin Herb
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Aus den Weinbergen tönt mehrstimmiger Gesang. Irgendwie klingt es nach fröhlichen Kirchenliedern. Als wir näher kommen, löst sich das akustische Rätsel. Eine gut gelaunte Wandergruppe pilgert Richtung Rom zu den Grabstätten von Petrus und Paulus. Die historische Via Francigena, der Frankenweg, quert hier von Nord nach Süd die Provinz Siena. Aber nicht nur die uralte Pilgerroute führt Wanderer durch die einzigartigen Hügel zwischen Montalcino und Pienza.

Ein Radfahrer in der Toskana nahe dem Städtchen Pienza.Vergrößern des Bildes
Ein Radfahrer in der Toskana nahe dem Städtchen Pienza. (Quelle: Armin Herb/SRT-bilder)

Routen zu Fuß, Rad oder Pferd

Seit geraumer Zeit weisen braune Holzschilder den Weg für interessante Rundtouren unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrade - für Wanderer, Radfahrer und Mountainbiker und sogar für Reiter. Mitinitiator für die Aktivrouten ist Anton Pichler, der österreichische Hoteldirektor des Wellnesstempels "Adler Thermae", der vor zehn Jahren harmonisch in einen ehemaligen Travertin-Steinbruch bei Bagno Vignoni integriert wurde.

"Diese herrlichen Hügel und Städtchen sollen die Besucher doch nicht nur mit dem Auto erfahren," lautet sein Credo. Deshalb erforschte er persönlich einige Fuß- und Fahrradrouten. Bis heute entwickelte sich ein Routennetz von 1000 Kilometer für Radfahrer und 250 Kilometer für Wanderer. Und es soll noch mehr dazu kommen.

Das Städtchen Pienza erkunden

Wir befinden uns auf der erst jüngst abgesteckten Marathon-Laufstrecke von Bagno Vignoni, dem alten Thermalbad am Orcia-Fluss. Allerdings fahren wir die Tour mit dem Mountainbike ab, denn die 42 Kilometer mit mehr als 900 Höhenmetern sind selbst für Radler noch recht sportlich. Außerdem bleibt per Fahrrad mehr Zeit und Muße für die Schönheiten des Weltkulturerbes, wie etwa das Städtchen Pienza. Wie so viele Orte der Region thront es weithin sichtbar auf einem Hügel.

Durch die mittelalterlichen Gassen im Centro Storico weht ein muffiger Geruch. Das liegt nicht an den Besuchermassen, sondern am Pecorino, dem Schafskäse, der sich hier laibeweise in den kulinarischen Boutiquen stapelt. Kenner essen die herzhafte Pienza-Spezialität nicht nur gerne zur Brotzeit, sondern auch als Dessert mit Honig oder einem Stückchen Birne. Und zum Käse passt natürlich auch einer der lokalen edlen Tropfen wie der Brunello oder, etwas preiswerter, der Rosso di Montalcino.

Die erste am Reißbrett entworfene Musterstadt der Toskana

Eigentlich hieß Pienza einmal Corsignano, aber Papst Pius II., der von hier stammte, ließ im 15. Jahrhundert aus dem Ort die erste am Reißbrett entworfene Musterstadt der Toskana entstehen. Seine "Perle der Renaissance" konnte er selbst nicht mehr erleben. An den von Baumeister Rosselino entworfenen Prachtbauten erfreuen sich heute vor allem Besucher aus aller Welt.

Unter den Arkaden vor dem Rathaus sammelt sich eine Menschentraube. Ein Hochzeitspaar wird mal wieder bejubelt. Braut und Bräutigam stammen aus Deutschland. Eine findige Hochzeitsplanerin aus Florenz organisiert toskanische Traumhochzeiten in historischen Gewölben mit Festmahl in einem alten Weingut in der Nähe. Ein wahrlich feierliches Ambiente.

Eine Stadt wie aus dem Bilderbuch ist Monticchiello

Wir verabschieden uns lieber wieder aus dem Getümmel hinaus in die sanften Wiesenhügel, durchfahren eine der so typischen, kitschig-schönen Zypressenalleen. Auf den "strade bianche", den schmalen Schotterstraßen, dürfen zwar Autos fahren, aber der Verkehr hält sich in Grenzen. Vielen ist dafür ihr Auto zu schade. Jenseits der Stadtmauern herrscht Ruhe. Ein Fasan läuft durchs hohe Gras, ein Kaninchen hoppelt über den Weg, an abgelegenen Landgütern machen höchstens ein Esel oder der Wachhund etwas Lärm.

Wer hätte diese Idylle erwartet?! Allerdings darf man das Auf und Ab nicht unterschätzen. Auf dem nächsten Hügel lacht uns fast zum Greifen nah Monticchiello an, aber vor der Bergfestung liegen noch ein Wiesental und einige staubige Serpentinen. Monticchiello fehlen zwar die Paläste, wie in Pienza oder Montepulciano, aber dafür verströmt es das Flair eines gemütlichen Bilderbuchdorfes, inklusive Stadtmauer erbaut aus gelbem Travertin. Der Platz vor dem Stadttor bietet einen der schönsten Ausblicke weit und breit. Gut, dass es hier auch gleich die Osteria La Porta gibt. Der Wirt empfiehlt uns als Snack zwischendurch "Crostini toscani di fegatini", geröstetes Weißbrot mit warmem Leberragout. Ein kulinarisches Gedicht, das eigentlich noch nach einem Schluck Rosso verlangt, aber den verschieben wir auf später.

Durch Hügel und Olivenhaine

Wir machen uns auf den Rückweg, surfen durch Olivenhaine und queren Wäldchen, wo im Herbst professionelle Trüffelsammler nach den wertvollen Pilzen suchen. Alle paar Kilometer thront auf einem Hügel ein altes Landgut, das heute als Agriturismo zu Ferien auf dem Bauernhof einlädt. Wie etwa der "Palazzo Massaini" eines Sieneser Adelsgeschlechts oder der "Weiler Cosona" mit mittelalterlicher Burg.

An den Hängen grasen die Schafe, die die Milch für den Pecorino geben. Wir radeln wie durch ein kilometerlanges Landschaftsgemälde, bringen Bewegung in ein überdimensionales Stillleben. Und zu allem Überfluss taucht die Abendsonne die Hügel und die Burg von Castiglione d'Orcia in ein warmes, magisches Abendlicht, so dass man alle paar Meter anhalten möchte für ein Foto. Anton Pichler hat Recht: Das Weltkulturerbe Val d'Orcia erlebt man am schönsten zu Fuß oder mit dem Fahrrad.

Weitere Informationen:

Ferien auf dem toskanischen Landgut: www.agriturismo.it, www.palazzomassaini.com, www.cinellicolombini.it/de
Wellness-Hotel mit Kur- und Aktivangebot: "Hotel Adler Thermae Toscana" in Bagno Vignoni, www.adler-thermae.com.
App mit Tourentipps und GPS-Tracks für Rad- und Mountainbiketouren sowie Wanderungen zum Vorbereiten und Nachlesen: Reisehandbuch Toscana aus dem Michael Müller Verlag, 780 Seiten, 26,90 Euro.
Allgemeine Auskunft: www.turismo.intoscana.it/de/

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