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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Aktiv- & Skiurlaub Wandern in Fjordnorwegen - im "Grand Canyon" Norwegens und mehr
Beim Gedanken an Norwegen tauchen bei den meisten unweigerlich Fjorde vor dem geistigen Auge auf. Tatsächlich gilt die Region Fjordnorwegen als typischste Gegend des Landes. Dabei eröffnet sich hier zwischen Stavanger und Trondheim auf einer Länge von rund 600 Kilometern eine vielseitige und abwechslungsreiche Landschaft. Und die ist viel zu schade, um sie lediglich vom Kreuzfahrtschiff aus zu bewundern. Wir haben uns mit Wanderschuhen von Bergen aus auf den Weg gemacht und sind durch die Regionen Aurlandsdalen, Myrkdalen und auf dem Mount Ulriken hoch über der Stadt gestreift.
Myrkdalen: Moosteppiche auf sanften Bergen
"Das sind versteinerte Trolle." Thale Henden zeigt mit einem listigen Funkeln in den Augen auf riesige Findlinge, die verstreut auf den Bergkuppen vor uns liegen. Die junge Norwegerin trägt nicht nur den Schalk im Nacken, sondern steht sinnbildlich für die Zukunft des Myrkdalen. Denn eigentlich ist Thale Ski-Guide. Da sie künftig Besucher auf die Höhen über dem Tal begleiten möchte, unterstützt sie auf der Tour unseren Wanderführer. Das spiegelt die Pläne der Region wider: Seit dem Jahr 2000 wurde das Ende des ansonsten beschaulichen und äußerst schneesicheren Tales konsequent zu einem Skigebiet mit allem Komfort ausgebaut. Doch damit steht eben nicht nur ein großes erstklassiges Hotel mitsamt schmuck angelegter Ferienhausanlage zur Verfügung, sondern auch eine tolle und in weiten Teilen unberührte Landschaft - perfekt für Wandertouren!
Durch stetig lichter werdendes Wald- und Buschland geht es die sanften Berge hinauf. Schon bald verlassen wir den Schotterweg und haben bis zu unserer Rückkehr eigentlich nur noch weiches Moos unter den Füßen. Wasserdichte Schuhe sind hier Gold wert, davon abgesehen stellen die lieblichen Hügel keine technische Herausforderung dar. Nie wird der Weg wirklich steil oder das Gelände anspruchsvoll. Dass das saftige Grün sich die Trails nicht allzu schnell zurückholt, dafür sorgt maßgeblich unser gemütlicher Führer Gudmund Furu. Der pensionierte Lehrer weiß allerhand zu erzählen über das "Wald-Tal". Gleich zu Anfang etwa weist er darauf hin, dass wir praktisch auf Gold laufen: Überall wachsen Moltebeeren. Die zarten, streng geschützten Pflänzchen übersehen wir in der eindrucksvollen Landschaft fast. Dabei wirken ihre Beeren, die reif gepflückt werden dürfen, auf Norweger unwiderstehlich wie Crack auf verkrachte Großstadtexistenzen - dabei schmecken sie einfach nur köstlich.
Egal auf welche Entfernung sich der Blick einstellt, überall zieht uns das Myrkdalen, wie die Gegend heißt, in seinen Bann. Im Großen die baumlosen Bergkuppen, auf denen selbst am längsten Tag des Jahres Schneefelder liegen, die aussehen wie vom Himmel gefallene Schäfchenwolken. Magisch wirkende Tore, gebildet von den mit zunehmender Höhe immer zwergenwüchsigeren Birken, durch die wir in die nächste Märchenwelt eintreten. Oder ein winziges Fröschchen, dass sich hier oben keine Sorgen machen muss auszutrocknen. Denn Eines ist jetzt schon klar: Norwegen ist nass - von oben, von unten und auf der nächsten Tour sogar von der Seite. Aber das stört komischerweise gar nicht. Wir sind in einem Zaubergarten, und es wundert mich nicht, dass Wanderführerin Thale vorgibt, an Trolle zu glauben... Machen Sie sich selbst ein Bild von der Wanderung hoch über dem Myrkdalen in unserer Foto-Show!
Aurlandsdalen: Durch den Grand Canyon Norwegens
Nach einer Nacht im liebevoll und mit großem Herz geführten Bergressort Østerbø Fjellstove erwartet uns am nächsten Tag ein Kontrastprogramm. Der schwere Rucksack, mit dem Britt-Mari Aldal vom "Flåm Guide Service" auf uns wartet, ist vollgepackt mit Ausrüstung für alle nur erdenklichen Notfälle. Es geht ins Aurlandsdalen, einer der berühmtesten Schluchten Norwegens und die ist deutlich knackiger. Der rund 25 Kilometer lange Wanderweg führt auf uralten Pfaden weitgehend über Geröll, und auf der ganzen Strecke hinunter zum Aurlandsfjord gibt es nur einen einzigen Ausstieg, klärt uns Britt-Mari auf.
Dabei beginnt die Tour beschaulich. Über saftig-grüne Wiesen stapfen wir am Ufer des kleinen Sees auf der Passhöhe entlang, vorbei an Schafen, die gelassen vor sich hin grasen. Doch schon der erste Bachlauf, der sich uns in den Weg legt, stellt klar: Es wird wieder nass! Für den Moment nur von unten, doch auf ein paar Wasserfallduschen muss man sich im Aurlandsdalen schon einstellen. Aber das ist Norwegen. Es ist angenehm mild und angesichts der Eindrücke im "Grand Canyon Norwegens" denkt man nicht daran, sich zu beschweren.
So stockt schon nach wenigen hundert Metern der Atem: Die Schlucht öffnet sich, dutzende von Metern geht es hinunter zu einem dunkel daliegenden Wasser, am Rand eine kleine rotgestrichene Hütte, winzig fast angesichts der imposanten Natur. Rechts führt der Weg durch eine gewaltige Felswand. Hineingesprengt, bekommen wir erklärt, früher ging es über Leitern hinab - und wohlgemerkt: Damals wurde hier nicht zum Spaß gewandert, hier wurden Waren transportiert. Neben den Bauern waren Händler auf dem Pfad unterwegs, denn das Aurlandsdalen war Teil eines uralten Verkehrswegs von West nach Ost.
Selbst an den entlegensten Orten stoßen wir auf verlassene Almen und können uns - bei aller romantischen Vorstellung eines einsamen Lebens hier - ausmalen, wie beschwerlich das Leben gewesen sein muss. Und in der Tat zeigt sich die Schlucht regelrecht grimmig, dort, wo sich der Fluss tief in den Fels gefressen hat und weit unter den Füßen gurgelt. Dann wieder öffnet sich das Tal und lädt ein zu einer Rast mit weitem Ausblick. Zugegeben, etwas Kondition und Trittsicherheit sollte man mitbringen. Doch wer wissen möchte, wie wild und schön zugleich Norwegen sein kann, ist im Aurlandsdalen genau richtig aufgehoben. Orientierungsvermögen ist keine notwendige Bedingung, es gibt hier abgesehen von einem alternativen Abzweig über die Höhen nur einen einzigen, klar erkennbaren Weg. Als wir schließlich rund 800 Meter tiefer als bei unserem Aufbruch am Aurlandsfjord ankommen, sind alle erschöpft, aber überwältigt und glücklich. Sehen und erfahren Sie mehr über die Wandertour im Aurlandsdalen in unserer Foto-Show!
Bergen: Von der Stadt direkt auf den Fjell
Wie nah Wildnis und Zivilisation in Norwegen beieinanderliegen, erleben Besucher in der Stadt Bergen. In gerade mal sechs Minuten geht es von der quirligen Hafenstadt mit der Seilbahn auf den Ulriken, den höchsten der sieben Berge rund um das Zentrum von Bergen. Erstaunlich viele Trailrunner sind im Laufschritt unterwegs zum Gipfel. Auch Norweger, die in der Stadt leben, wissen mit ihrer wundervollen Natur etwas anzufangen, wie wir nicht zum ersten Mal feststellen.
Oben angekommen bietet sich ein wunderbarer Blick über den Schärengürtel von Bergen mit seinen Inselchen und Landzungen auf der einen Seite und der Vidda, das bezeichnet auf Norwegisch eine Hochebene, auf der anderen Seite. Während am Ulriken überall kleine Hütten in den Senken kleben, erstreckt sich das Hochplateau absolut menschenleer bis zum Horizont. Besonders gefährlich sieht es nicht aus, doch Anne Gunn Rosvold, die hier oben das "BaseCamp" betreibt und mit ihrem Team Touren und allerlei Aktivitäten organisiert, mahnt, die Vidda nicht zu unterschätzen. Es kann hier abrupt steil bergab gehen und bei einem Wetterumschwung außerordentlich unangenehm werden. Tatsächlich sind die Dächer der Hütten allesamt mit schweren Drahtseilen gesichert.
Zudem gibt es nur wenige ausgeschilderte Wege - was Führerin Anne auf jeden Fall ändern möchte. Denn die baumlose Hochebene hat einen ganz besonderen Charme, ist alles andere als eintönig und bietet sich an als wunderbares Feld für Outdoor-Freunde. Wir werden eingeladen zu einer GPS-Schnitzeljagd, sprich: Geocaching. Das BaseCamp-Team hat Plaketten mit Tierspuren versteckt, und die Gruppe ist nach kürzester Zeit Feuer und Flamme. Wer findet das nächste Ziel als Erster? Querfeldein geht es nahezu direkt in die Richtung, die der GPS-Empfänger anzeigt, denn das, was hier oben wächst, ist fast ausschließlich Sumpfbewuchs in den Senken und federt einfach zurück. Zu einer Tour auf die sieben Gipfel hoch über Bergen, ein weitere Highlight im Angebot des BaseCamps hat die Zeit leider nicht gereicht - aber wer einmal in Fjordnorwegen war, träumt unweigerlich davon noch einmal hierherzukommen...
Weitere Informationen:
Allgemein
Fjordnorwegen: www.fjordnorway.com
Region Myrkdalen: www.myrkdalen.no (englisch und norwegisch)
Region Aurlandsdalen: www.alr.no
Bergen: www.visitbergen.com
Norwegen allgemein: www.visitnorway.com
Übernachtung
Hotel Myrkdalen: www.myrkdalenhotel.no, ganzjährig geöffnet.
Østerbø Fjellstove: www.aurlandsdalen.com, geöffnet vom 24. Mai bis 5. Oktober.
Historisches Hotel Fretheim in Flåm: www.fretheimhotel.no, geöffnet vom 5. April bis 15. Dezember.
Aktivitäten/geführte Touren
Windkanal in Voss: www.vossvind.no, Nutzung ab 5 Jahren möglich.
BaseCamp auf dem Mount Ulriken, Bergen: www.bergenbasecamp.no
Flåm Guide Service im Aurlandsfjord: www.fjordsafari.com