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Sex: Ruhig auch mal an jemand anderen denken


Sexualtherapeut rät
Beim Sex ruhig auch mal an jemand anderen denken

Was für viele Paare ein absolutes No-Go ist, wird von vielen Paartherapeuten empfohlen: Beim Sex auch mal "fremdzudenken". Wir haben einen Experten gefragt, worin die Vorteile liegen, und wollten von drei Frauen und einem Mann wissen, wie sie dazu stehen.

Aktualisiert am 06.12.2016|Lesedauer: 4 Min.
AKL
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"Es ist ein Tabuthema, aber Männer wie Frauen tun es gleichermaßen. Allerdings geben nur die Wenigsten zu, beim Sex auch mal Fantasien mit einem anderen Mann oder einer anderen Frau zu haben", weiß Sexualtherapeut Dr. Kurt Seikowski von der Gesellschaft für Sexualwissenschaften.

Die meisten Frauen und Männer denken beim Sex auch mal fremd.Vergrößern des Bildes
Die meisten Frauen und Männer denken beim Sex auch mal fremd. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

"Fremddenken": Motivation bei den Geschlechtern verschieden

Das Spannende: Die Motive sind bei Männern und Frauen unterschiedlich. Frauen nutzen die zusätzliche Stimulation im Kopf meist, um mehr Lust zu empfinden und dadurch zum Höhepunkt zu kommen. Er hingegen nutzt die Fantasie zwar ebenfalls zum Lustgewinn, oft aber auch, um die Erektion zu halten. "Was bei vielen Frauen Eifersucht schürt, hat letzten Endes also häufig den Hintergrund, dass Männer ihre Partnerin glücklich machen wollen und möglichst lange können möchten", sagt Seikowski.

Verwerflich findet der Experte das nicht. Im Gegenteil: Alles was im Kopf passiert und dem Lustempfinden dient, ist seiner Ansicht nach völlig in Ordnung. Schließlich finde alles nur in der Fantasie statt. Zudem seien erotische Gedanken gerade bei Stress, Erschöpfung und Alltagstrott ein gutes Mittel, um in Stimmung zu kommen – sowohl für Frauen als auch für Männer.

Männerfantasie Nummer eins: Sex mit zwei Frauen

Laut dem Experten gibt es sowohl beim Sex als auch bei der Selbstbefriedigung zwei Leitfantasien: Während die Mehrheit der Männer an Sex mit zwei Frauen denkt – ein Part ist dabei oft die eigene Partnerin, spielen in den geheimen Gedanken von Frauen kräftige Hände und knackige Hintern häufig eine bedeutende Rolle. "Große, kräftige Hände symbolisieren Stärke, Sicherheit und Zupacken. Ein durchtrainierter Hintern ist das Symbol für Potenz und Ausdauer", erklärt Seikowski.

"Appetit holen" erlaubt, beim Sex aber bei der Sache sein

Und wie stehen die befragten Frauen zu dem Thema? "Beim Sex fremdzudenken? Das geht für mich gar nicht", findet die 30-jährige Marie*. "Mich würde es sehr verletzen, wenn ich wüsste, dass er an jemand anderen denkt. Sex ist etwas Intimes. Da möchte ich, dass der Partner mit den Gedanken bei mir ist und das Liebesspiel mit mir genießt."

Die Frage, ob sie beim Sex selbst schon an einen anderen Mann gedacht hat, verneint Marie. Wenn sie mit jemandem intim werde, dann stehe dieser Mann für sie im Mittelpunkt. Das gelte für feste Beziehungen genauso wie für Affären. "Vorab kann sich jeder Appetit holen, aber dann stehen wir beide im Mittelpunkt!", sagt sie.

"Fremddenken nur mit Affären"

Ähnlich sieht das auch die 35-jährige Miriam*: "Ich fände es komisch, wenn mein Partner an eine andere denkt, während wir intim sind. Ich selbst habe das bisher nur bei Affären gemacht. Da war es Spaß für eine Nacht. Warum sich dabei nicht auch mal in die Arme desjenigen träumen, den man lieber im Bett hätte? Aber in einer festen Partnerschaft würde ich das nicht machen – und würde mich andersrum auch fragen, ob er viel lieber mit ihr Sex hätte als mit mir."

Eine dritte Person wird oft als Bedrohung wahrgenommen

Für die meisten Frauen, aber auch für viele Männer ist es laut Seikowski wichtig, das Gefühl zu haben, die Nummer eins zu sein. "Das ist tief in der Biologie verwurzelt und unter anderem auch Teil des natürlichen 'Balzverhaltens'. Zudem ist für die meisten Paare Zweisamkeit etwas Heiliges. Dringt eine dritte Person in das Gefüge ein, sehen sie die Beziehung in Gefahr." Eifersucht entsteht und Verlustängste kommen auf.

Im Zweifel lieber schweigen

Wer das Gefühl habe, dass ein Geständnis seinen Partner verletzen könnte, solle dieses pikante Geheimnis besser für sich behalten, rät der Paartherapeut. Es sei ein Mythos zu glauben, dass man in einer Partnerschaft über alles reden solle, findet er.

So sieht es auch Marco*: "Es macht mich an, beim Sex auch mal an andere Frauen zu denken – obwohl ich meine Partnerin liebe. Das eine hat für mich nichts mit dem anderen zu tun. Warum sollte ich ein schlechtes Gewissen deswegen haben? Schließlich sind es nur Gedanken und ich ziehe im richtigen Leben ja nicht los und suche mir ein Abenteuer." Verraten würde es der 40-Jährige seiner Partnerin aber nicht. "Warum soll ich ihr wehtun, wenn die Fantasien doch keine weitere Bedeutung haben?"

Die ehrliche Variante: Gemeinsam fantasieren

Eine weitere Möglichkeit ist es, gemeinsamen Fantasien zu entwickeln oder Pornos zu schauen, um sich zu stimulieren. Dieses Modell ist auch Verena* am liebsten. Die 45-Jährige genießt mit ihrem Partner beim Sex regelmäßig den Austausch erotischer Gedanken. "Ich finde es wunderbar, wenn man gemeinsam seine Fantasien teilen kann. Es ist schließlich kein Fremdgehen, sondern nur eine kleine Inspiration im Kopf. Das kann sehr anregend sein, gerade wenn im Alltag die Lust mal nicht aufzufinden ist."

Allerdings gibt es für sie und ihren Partner zwei Regeln, an die sie sich halten: Die Fantasie schließt immer beide mit ein und Personen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis sind tabu. "Das Spannende ist, dass ich dadurch viel über meinen Partner und seine Lust erfahren habe und er umgekehrt auch. Das betrifft nicht nur das 'Fremddenken', sondern auch andere Praktiken. Vieles haben wir zusammen in der Realität ausprobiert", berichtet Verena. Auch Pornos schauen beide gemeinsam. "Das ist eine prickelnde Angelegenheit und sorgt immer wieder für neuen Schwung im Schlafzimmer."

"Fremddenken" heißt nicht, dass die Beziehung auf der Kippe steht

Dass die Fantasien automatisch ein Indiz dafür sind, dass in der Beziehung etwas nicht stimmt, kann Seikowski nicht bestätigen. "Männer sind optisch orientiert. Nur weil sie erotische Fantasien haben, heißt das nicht gleich, dass sie ihre Partnerin nicht mehr lieben." Im Gegenteil: Seikowski hat in seiner Berufspraxis die Erfahrung gemacht, das viele Fantasien neue Ideen für das gemeinsame Liebesleben hervorbringen und oft Inspiration sind, mal etwas Neues auszuprobieren. Erst wenn der Sex nicht mehr ohne zusätzliche Stimulation auskommt, sollte man die Beziehung und die Gefühle dem Partner gegenüber hinterfragen.

*Namen auf Wunsch der Befragten geändert.

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