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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vorgetäuscht Fünf Frauen verraten ihre Orgasmus-Lüge
Frauen
Oft sind es die fehlende Lust und die Angst vor weiteren Diskussionen, die Frauen in die Lüge treiben. So war es auch bei der 30-jährigen Silke*: „Ich habe schon ab und zu einen Orgasmus vorgetäuscht. Ich würde sagen, es war eher für mich. Ich hatte keine Lust mehr und wollte, dass es vorbei ist, ohne das zugeben zu müssen.“ Auf die Frage, ob Männer die Schummelei bemerken, sagt sie: „In dem Fall hat er es nicht gemerkt, denke ich zumindest. Prinzipiell glaube ich aber, dass Männern es schon auffällt, wenn die Frau ihren Lustgipfel nur vortäuscht.“
Frauen wollen ihre Lustlosigkeit nicht rechtfertigen
Auch die 46-jährige Eva* gibt zu, nicht immer ganz ehrlich zu sein. Auch bei ihr spielt die Angst vor unnötigen Diskussionen eine große Rolle: „Es ist nicht so, dass ich meinem Partner den Orgasmus ständig vorspiele. Aber manchmal, wenn ich merke, dass ich einfach keine richtige Lust entwickle, passiert es schon mal. Klar wäre es fairer, wenn man einfach offen sagt, dass man nicht in Stimmung ist. Aber dann muss man sich für seine Lustlosigkeit rechtfertigen und das ist unangenehm.“
Manche Männer würden ihrer Partnerin einfach nicht glauben, dass es nicht an ihnen liegt, sondern einfach an dem Gemütszustand der Frau, weiß Eva. „Wenn es bei der Frau nicht klappt, fühlen sie sich gleich als schlechte Liebhaber.“
Das Liebesspiel ist kein Leistungssport
Dabei sollte Sex nicht mit Leistungssport verwechselt werden. Wichtig ist, dass beide Spaß zusammen haben, auch wenn der Orgasmus ausbleibt. Meist ist es sogar so, dass Frauen es nicht schlimm finden, wenn sie den Höhepunkt nicht erreichen. Es sind oft die Männer, die sich mit dem Gedanken schwer tun.
Laut dem Berufsverband der Frauenärzte hat jede fünfte Frau nur manchmal einen Orgasmus, fast jede zehnte nur selten oder nie. Leidenschaft kann eben nicht nach Belieben an- und ausgeschaltet werden. Beide Partner sollten akzeptieren, dass die Lust auch ausbleiben kann. Der Orgasmus sollte nicht das einzige Ziel sein.
"Man sollte sich nicht unter Druck setzen"
Dem stimmt auch Sabine* zu. Für sie sei es nicht schlimm, wenn sie keinen Orgasmus hat, betont die 31-Jährige. Darauf allein komme es nicht an. „Die gemeinsame Nähe, das Spüren des Partners und die Zärtlichkeiten an sich sind doch schon wunderschön.“ Man sollte das genießen und sich nicht unter Druck setzen, rät sie. „Manchmal ist der Weg das Ziel.“ Würden Paare mit dem Thema entspannter umgehen, würden auch weniger Frauen schummeln, ist sich Sabine sicher.
„Man ist halt nicht immer gut drauf und es kann sogar vorkommen, dass mitten beim Sex die Lust verschwindet und man zum Beispiel mit den Gedanken plötzlich auf der Arbeit ist.“ Da sei es natürlich nicht leicht, zuzugeben, dass es nicht recht klappen will. Aber eine gute Partnerschaft müsse das aushalten, schließlich sei keiner der beiden eine Maschine.
In einer früheren Partnerschaft habe sie aber auch öfter mal geschummelt, gibt Sabine zu. Aber da sei die Offenheit einfach nicht so dagewesen. „Das Ziel meines Partners war mein Orgasmus, das hat mich extrem unter Stress gesetzt“, erinnert sie sich. „Um dem ein Ende zu setzen, habe ich dann so getan, als ob. Seine krampfhaften Bemühungen und die verständnislosen Blicke, wenn ich mal keine Lust hatte, haben bei mir viel blockiert.“ In ihrer heutigen Beziehung sei das Gott sei Dank aber anders, sagt sie. Da könne jeder offen sagen, was in ihm vorgeht.
Sex nur mit Orgasmus gut?
„Irgendwie ist es in unserer Gesellschaft verankert, dass Sex nur mit Orgasmus gut ist“, kritisiert Eva. Da denke die Frau automatisch, dass sie einen Höhepunkt erreichen muss. Und der Mann habe wiederum den Anspruch seiner Partnerin einen zu verschaffen. „Das führt unweigerlich zu Leistungsdruck und hohen Erwartungen.“ Außerdem gebe es auch Frauen, die nur ganz selten einen Orgasmus haben. „Sollen sie dann immer ein Schauspiel veranstalten?“, fragt sich Eva. „Wahrscheinlich tun es viele. Aber das ist doch dann auch traurig. Eigentlich sollte Fairness in einer Beziehung selbstverständlich sein, aber leider ist es nicht immer so leicht.“
Keiner der Partner sollte etwas beweisen müssen
Auch Karin*, 58 Jahre, legt großen Wert auf Ehrlichkeit beim Sex. „Ich habe meinem Partner noch nie einen Orgasmus vorgespielt. Das ist einfach nicht fair dem anderen gegenüber. Ich will ja auch nicht angelogen werden“, betont sie. Von Ausreden hält sie wenig. Sie sage dann einfach, dass es heute nicht so recht klappen will. Damit müsse der Partner umgehen können. „Lügen möchte ich bei diesem sensiblen Thema auf keinen Fall“, stellt sie klar. Wichtig beim Sex sei doch, dass keiner der beiden Partner das Gefühl hat, etwas beweisen zu müssen. Nur so könne es funktionieren.
Die 29-jährige Lena* hat ebenfalls noch keinen Orgasmus vorgetäuscht, gibt aber zu, dass sie es bei einem One-Night-Stand machen würde, wenn der Sex nicht das ist, was sie sich erhofft hat. Ansonsten findet sie die Lügerei aber sinnlos. „Einem festen Partner kann man es doch sagen, ob man schon gekommen ist oder nicht. Gerade wenn man sich länger kennt, fliegt die Lüge doch auf“, ist sich Lena sicher.
Auch die T-Online-Leser haben zu dem Thema ganz unterschiedliche Meinungen. Bei der Umfrage mit fast 5000 Teilnehmern gab die Mehrheit an, sich komisch vorzukommen, wenn sie den Orgasmus vorspielen würde. 33 Prozent haben zugegeben, schon geschummelt zu haben, damit der Sex schnell zu einem Ende kommt. 17 Prozent wollten ihren Partner nicht enttäuschen. Und 13 Prozent gaben sogar an, mit der Orgasmus-Lüge die eigene Lust steigern zu wollen.
*Namen von der Redaktion geändert.