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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Romantische Liebe Warum romantische Liebe selten funktioniert
Fast jeder träumt von der großen Liebe und hofft, eines Tages den Partner fürs Leben zu finden. Dr. Ingelore Ebberfeld, Kulturwissenschaftlerin der Universität Bremen, schreibt in ihrem neuen Buch „Von der Unmöglichkeit der Liebe“. Darin hat sie ein paar bemerkenswerte Thesen aufgestellt - unter anderem, dass sexuelles Begehren entscheidender für die Partnerwahl ist als romantische Vorstellungen. Warum sie trotz allem weiterhin an so etwas wie Liebe glaubt, erklärt sie im Interview.
Frau Dr. Ebberfeld, warum ist denn die Liebe so unmöglich?
Weil es Liebe, wie wir sie uns so gern vorstellen, nicht gibt. Verliebtheit ja, das ist sogar nachweisbar, die Bindung an einen Menschen, der uns wichtig ist. Aber die so genannte große Liebe, den einen Partner fürs Leben, den gibt es nicht. Ich habe in meinem Buch analysiert und untersucht, was dahinter steckt, wenn zwei Menschen sich finden und sagen, dass sie einander lieben.
Sie sagen, Männer und Frauen seien viel mehr durch genetische Anlagen bestimmt als wir wahr haben wollen.
Merkwürdigerweise haben die meisten Menschen damit Probleme, wenn es heißt, dass Männer und Frauen in Sachen Liebe unterschiedlich ticken. Dabei sind diese Unterschiede wichtig, denn sonst würde es die Liebeswerbung und die Verliebtheit gar nicht geben. Wir sollten diese Unterschiede anerkennen und lieber genauer hinsehen, warum die Veranlagungen so sind. Zu 99 Prozent wird unser Liebesleben von den Genen bestimmt. Wir können diese Anlagen sehr gut manipulieren und uns einreden, dass es kulturell geprägt sei. Und das ist auch gut so, denn das macht es für uns leichter, damit umzugehen. Indem wir es ritualisieren, regeln wir unser Liebesleben und denken so, dass wir einen gewissen Einfluss darauf haben.
Wollen Sie damit sagen, dass wir letztlich alle bloß Trieb gesteuert sind?
Ganz so drastisch würde ich das nicht ausdrücken. Sagen wir so: Der Mensch ist ein Wesen, das sich fortpflanzen will. Und ich bin natürlich von meinen Anlagen nie unabhängig. Also ist tatsächlich Vieles Trieb gesteuert. Doch auch die kulturelle Prägung spielt eine große Rolle: In Europa ist es beispielsweise normal, dass Männer und Frauen einander finden können. In Asien wird dazu womöglich ein Astrologe konsultiert, der einen Partner bestimmt. Und mit einem Mal entwickeln sich auch hier Gefühle. Dennoch zählt unterm Strich in erster Linie das, was uns die Natur in die Wiege gelegt hat. Es gibt etwas in allen von uns, das alles außer Kontrolle setzt. Dann bewegen wir uns in unserer Verliebtheit in Grenzbereichen, in denen wir uns aber gern selbst belügen, wir hätten alles unter Kontrolle.
Und welchen Stellenwert hat die Sexualität für die Liebe?
Es gibt keine bessere Umschreibung für die Liebe als Sex. So beginnt auch mein Buch. Was wir sexuell angelegt bekommen, ist unsere Basis. Daraus entsteht alles. Das beginnt schon mit der Mutterliebe, wenn dem Kind beigebracht wird, empathisch zu sein. Das ist kein plattes Bild von Sex, sondern ein komplexer Prozess. Wir sind aus einem sexuellen Prozess entsprungen und der begleitet uns unser ganzes Leben.
Warum sind wir denn eigentlich so besessen von der romantischen Liebe?
Das beseelt uns natürlich. Liebe und Aufopferungsfähigkeit berühren uns deshalb so sehr, weil wir uns immer auch fragen, ob wir das auch könnten. Nehmen wir Romeo und Julia: Wir fragen uns bei der Geschichte, ob wir uns auch umgebracht hätten. Und daraus entstehen diese großartigen Vorstellungen der Liebe, die mit der Realität nichts zu tun haben. Aber das ist nicht verwerflich, denn ohne Vorstellungskraft hätten die Menschen es auch nicht geschafft auf den Mond zu fliegen. Niemand weiß, was wirklich geschieht, wenn zwei Menschen sich verlieben. Aber sie malen sich die Zukunft natürlich rosig aus. Man denkt nicht daran, dass die Liebe zerbrechen könnte oder der geliebte Mensch Schweißfüße hat oder eine Angewohnheit, die uns irgendwann tierisch nervt.
Glauben Sie eigentlich selbst noch an die Liebe?
Ich bin keineswegs desillusioniert. Wenn ich weiß, was möglich ist, dann sehe ich einiges gelassener. Und wenn man sich an die Realität hält und sich damit abfindet, dass das Glück nun einmal nicht immerwährend und vollkommen sein kann, wird man auf Dauer glücklicher werden. Wir lassen uns gern von der Illusion etwas vormachen. Aber wenn wir realistisch sind, haben wir nicht so große Ansprüche, die unserem Glück letztlich im Wege stehen. Natürlich sind Illusionen auch wichtig, denn sonst würde sich ja niemand mehr auf die Liebe einlassen. Aber nur, wenn wir die Realität mit einbeziehen, dann hat die Liebe Bestand.
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