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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leben Bamberg: Die heimliche Bierhauptstadt Deutschlands
Rund 200 gibt es in Oberfranken - so viele wie wohl in kaum einer anderen Region der Welt. Allein in der Weltkulturerbe-Stadt gebraut. Die "Hauptstadt" des begehrten Gerstensaftes hat so manche Eigenart.
Seit fast 1000 Jahren wird hier gebraut - und damals wie heute sind die Bamberger in ihr Bier vernarrt. Um es im Sommer mit schöner Aussicht genießen zu können, strömen sie auf den Stephansberg zum "Spezial-Keller" - "nauf zum Fritz", wie die Oberfranken sagen. Keller werden die Biergärten in Bamberg auch genannt. Denn sie liegen direkt über den Stollen, in denen die Bierfässer früher kühl gelagert wurden.
Zehn Brauereien in Bamberg
Bei schönem Wetter ist in Bierkellern, wie dem "Spezial" jeder Platz belegt. "Weil es hier, gemeinsam mit anderen, ganz anders schmeckt als zu Hause - auch wenn es natürlich das gleiche Bier ist", sagt Stammgast Marcus Fischer. Und ergänzt: Das sei dann eben ein "gesellschaftliches Bier". Das Plaudern macht den Unterschied. Dabei ist das Lokal auf dem Stephansberg nur eines der Highlights der fränkischen Biermetropole.
Neben weiteren Bierkellern, aber auch klassischen Biergärten und Bierlokalen gibt es dort noch zehn Brauereien. >>
Sie stellen leichte und starke, helle und dunkle, hopfig-herbe und rauchig-malzige Biere her, wie das Bamberger Rauchbier. Das können die Gäste im urig eingerichteten Schlenkerla genießen. Das traditionsreiche Haus wird urkundlich bereits 1405 erwähnt. Besucher sollten die Wirkung des Bieres nicht unterschätzen, ist es doch ein sehr dunkles, herbwürziges, untergäriges Märzenbier mit 13,5 Prozent Stammwürze und einem Alkoholgehalt von immerhin 5,1 Prozent.
In Bamberg kann der Bierfreund den Gerstensaft aber nicht nur schmecken. An manchen Tagen wabert der süßliche Malzgeruch durch die Gassen der Altstadt. Grund sind zwei Mälzereien in der Stadt.
Biergeruch liegt über der Stadt
Damit nicht genug hat Bamberg einen Bierbus, eine Bierakademie, Biersommeliers und sogar einen Bierorden für Bürger, die sich um den Gerstensaft verdient gemacht haben. Wer es ganz genau wissen will, kann sich im fränkischen Brauereimuseum über die Theorie des Bierbrauens kundig machen. >>
Dort wird der Besucher auch einiges über die lokalen Gepflogenheiten erfahren. Zur Wirtshauskultur gehört etwa die kurze, fränkische Bierbestellung mit nur zwei Buchstaben: "a U" - ein Ungespundetes, ein Bier mit einem geringeren Kohlensäuregehalt.
"Aber der Franke ist mundfaul und kürzt die Dinge gerne ab", sagt der Geschäftsführer von Mahrs Bräu, Stephan Michel. In der Gaststätte der Familienbrauerei wird das besondere Bier häufig bestellt, besser gesagt: in dem Flur des Wirtshauses. "Ich komme sechsmal in der Woche, aber nie würde ich auf die Idee kommen, den Gang zu verlassen und mich in die Gaststube zu setzen", sagt Stammgast Manfred Scholler. Alles Wichtige spielt sich sowieso im Flur ab, meint der Bamberger: "Wer hier abends sein Bier trinkt, weiß, was in der Stadt gerade vor sich geht."
Schließfächer für Bierkrüge
Besonders gut wissen das die "Stehgammler". Der Stammtischverein ist seit 30 Jahren eine echte Institution in Bamberg. Exakt 24 Mitglieder darf er haben. Denn genau so viele Schließfächer für Bierkrüge sind in der Wand des Ganges ihres Lieblingswirtshauses eingelassen. Dort warten die persönlichen Krüge der Gruppe auf ihren Einsatz. Einen Schlüssel zu ergattern, ist die Eintrittskarte zu den "Stehgammlern". Meistens wird der Schlüssel nur nach dem Tod eines Mitglieds innerhalb des engen Kreises weitergegeben.
Schlechte Aussichten also für Scholler, der seit mehr als 20 Jahren das Wirtshaus besucht und selbst gerne im Alter ein Mitglied des Vereins werden würde. Aber irgendwie wäre es auch egal, meint der Bamberger. Schließlich zählten in der Gaststätte solche Unterschiede nicht: "Das ist ja das Schöne an der Wirtshauskultur - hier ist es egal, ob du arbeitslos bist oder einen Doktortitel hast."