Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online."Den machst du platt!" Wenn Eltern es mit dem Anfeuern beim Kinderfußball übertreiben
Sie rufen lauthals, sie feuern an und sie meinen es nur gut – überengagierte Fußballeltern. Sie möchten ihre Kinder vom Spielfeldrand aus unterstützen. Oftmals aber geht das nach hinten los und überfordert den Nachwuchs.
Überengagierte Eltern verunsichern Kinder auf dem Fußballplatz
"Auf geht's! Den machst du platt!" Wenn Eltern ihren Kindern beim Fußball etwas zurufen, dann geht das oftmals über das bloße Anfeuern hinaus. Spielanweisungen und Aufrufe zum Foul sind keine Seltenheit. Das geht zulasten der Trainer und Schiedsrichter – aber auch der kleinen Kicker. Eines von drei Kindern hat schon einmal darüber nachgedacht, wegen überengagierten Eltern ein Fußballspiel frühzeitig zu verlassen. Zumindest in Schweden, denn das geht aus einer dort durchgeführten Umfrage hervor. Von den über 1000 zudem befragten Erwachsenen gaben 83 Prozent an, sie hätten es schon einmal erlebt, dass Eltern ihre Kinder in extremer Weise angefeuert oder Trainer lautstark kritisiert hätten.
Auch in Deutschland sind überengagierte Eltern beim Kinderfußball ein Thema. Vor rund einem Jahr ging ein Foto durch die sozialen Medien. Darauf zu sehen: ein Schild am Rande eines Fußballplatzes mit der Aufschrift "1. Das sind Kinder. 2. Das ist ein Spiel. 3. Der Trainer macht das als Hobby. 4. Der Schiri ist auch ein Mensch. 5. Das ist nicht die WM." Der VfL Viktoria Jüchen-Garzweiler hatte dieses aufgestellt, um die übermotivierten Eltern in ihrem Ehrgeiz zu bremsen.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Facebook-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren Facebook-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Es gibt sogar Seminare für den Umgang mit überengagierten Fußballeltern
Der Hessische Fußballverband bietet deshalb für Trainer sogar ein Seminar mit dem Titel "Eltern beteiligen und begrenzen" an. "Im Kinder- und Jugendfußball sind die Eltern einerseits sehr wichtig", sagt Matthias Gast, Referent der Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes. Sie fahren die Kinder zum Fußballplatz und organisieren zum Beispiel Kaffee- und Kuchenverkäufe zugunsten des Vereins. "Andererseits sind Eltern manchmal zu engagiert. Dann setzen sie sich manchmal mit Eltern der gegnerischen Mannschaft nicht nur verbal auseinander. Und sie rufen sportliche Anweisungen auf das Spielfeld. Die Kinder wissen dann nicht, ob sie auf die Eltern oder den Trainer hören sollen."
Die Regeln der "Fair Play Liga"
Um die Nachwuchskicker nicht so zu verunsichern, ist 2007 in Aachen die "Fair Play Liga" gegründet worden, die sich seitdem auf den Kinder-Fußballplätzen der Nation verbreitet (hauptsächlich bei den G- und F-Junioren, aber auch bei den E-Junioren). Zu den normalen Fußball-Regeln der Altersklassen kommen bei der "Fair Play Liga" drei entscheidende Zusätze, die der Deutsche Fußball-Bund auf seiner Homepage erläutert:
- Abstand der Zuschauer zum Spielfeld: Eltern (und andere Zuschauer) müssen mindestens 15 Meter weit weg vom Spielfeld stehen. Dadurch sei es laut dem Deutschen Fußball-Bund viel ruhiger auf dem Feld und die Erwachsenen könnten so keinen sportlichen Einfluss auf ihre Kinder nehmen. Aggressive Kommandos, die die Kinder nicht verarbeiten können, werden zudem eingeschränkt.
- Die Trainer beider Teams agieren gemeinsam: Sie stehen direkt nebeneinander. Dadurch seien sie quasi ein Trainerteam, was die Hektik auf dem Platz reduziere.
- Die Kinder entscheiden selbst: Es wird ohne Schiedsrichter gespielt, sodass Kinder selbst Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen lernen.
Diese Regeln werden von den Vereinen positiv beurteilt, das hat auch Matthias Gast bisher so erlebt. "Sie ersparen es den Trainern, Eltern maßregeln zu müssen." Dann können die Kinder auch einfach mal wieder nur spielen.