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Berufswahl: Wie Kinder und Eltern diese sensible Lebensphase gemeinsam meistern


Familienprojekt Berufswahl
Wie Eltern ihre Kinder bei der Berufswahl unterstützen können

Feinmechanikerin, Erzieher, Herzchirurgin oder Fotojournalist - unseren Kindern steht die Welt offen. 345 anerkannte Ausbildungsberufe, 9555 Studiengänge und circa 8000 duale Studiengänge gibt es - Jugendliche haben also die Qual der Wahl. Wie sehr beeinflusst dabei das Elternhaus die Berufswahl? Fällt der Apfel wirklich nicht weit vom Stamm? Und was müssen Eltern in dieser sensiblen Lebensphase beachten? T-online.de ist diesen Fragen nachgegangen. Hier finden Sie die wichtigsten Tipps.

Aktualisiert am 04.04.2014|Lesedauer: 5 Min.
t-online, Simone Blaß
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Kinder erleben ihre Eltern täglich in der Berufswelt und bekommen die persönliche Einstellung dazu hautnah in allen Facetten mit: von Arbeitslosigkeit bis hin zur Weiterbildung. Die Jugendlichen spüren, ob man in dem, was man tut, aufgeht oder es nur macht, um Geld zu verdienen. Und wie wichtig einem der finanzielle Aspekt ist. Das prägt und beeinflusst unbewusst die eigene Einstellung zum Thema Arbeit, die Erwartungen an die Berufswelt und damit auch die eigene Berufswahl.

Welcher Beruf ist der richtige für mich? Keine einfache Entscheidung für Jugendliche.Vergrößern des Bildes
Welcher Beruf ist der richtige für mich? Keine einfache Entscheidung für Jugendliche. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Unsere Träume müssen wir selbst verwirklichen

Beim Thema Berufswahl kommt auch immer ein bisschen die eigene Biographie ins Spiel. "Als Eltern erinnert man sich vielleicht an Berufswünsche, die man einmal hatte und man mag durchaus hoffen, dass die Kinder solche Berufe ergreifen, die einem verwehrt waren oder jene Berufe meiden, die einem aufgezwungen wurden oder von denen man selbst enttäuscht ist", schreibt Angelika Puhlmann in einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Doch der Beruf, den man für sein Kind für den besten hält, muss das nicht sein. Der richtige Beruf weist ein gutes Verhältnis auf zwischen den Anforderungen, die er stellt und den Fähigkeiten und Talenten, die vonseiten des Jugendlichen kommen. Vereinfacht gesagt: Wer keine Geduld hat, sollte nicht Goldschmied werden und wer sich schnell ekelt, ist bei Pflegeberufen verkehrt.

Eltern als Orientierungshilfe im Angebotsdschungel

Jugendliche sind bei der Wahl des Berufes auf die Unterstützung der Eltern angewiesen. Wie die Bundesanstalt für Arbeit herausfand, nehmen 49 Prozent diese Hilfe auch gerne an, wenn sie nicht weiter kommen. 41 Prozent brauchen die Eltern zur Orientierung, nur zehn Prozent nehmen die Berufswahl ganz alleine in die Hand. Wobei der Einfluss der Mutter - parallel zur gesellschaftlich veränderten beruflichen Rolle der Frau und zur steigenden Zahl der Alleinerziehenden - größer wird.

Der des Vaters ist aber gleichbleibend hoch, wenn es um den Rat bezüglich eines technischen Berufes geht. Besonders schwer, das hat eine Studie im Auftrag des DGB ergeben, haben es Jugendliche mit Migrationshintergrund, deren Eltern sich im Bildungs- und Ausbildungssystem Deutschlands wenig auskennen und die selbst einen geringen Ausbildungsstand haben.

Migrationshintergrund muss kein Stolperstein sein

Die Diplompädagogin Judith Moll beschäftigt sich im Rahmen ihrer Promotion an der Universität Hildesheim mit dem Einfluss der Eltern auf das Berufswahlverhalten und ihre Meinung ist, dass nicht das Bildungsniveau eine Rolle spielt, sondern das Interesse der Eltern ihren Kindern gegenüber. "Ich habe Kinder und ihre Eltern kennengelernt, zum Teil mit Migrationshintergrund, die sehr engagiert sind, ihrem Kind eine hohe Bildung mitgeben zu können, Informations- und Hilfsangebote von Schulen und anderen Bildungsinstitutionen nutzen. Aber in der Tat spielt nach wie vor für einige Familien mit einem niedrigen Bildungsniveau auch die Bildung der Kinder keine Rolle, da ist es für diese Kinder schon schwierig, sich eigene berufliche Ziele zu setzen und auch zu verfolgen."

Die Jugendlichen sollen alleine entscheiden

Bärbel Nöhring sieht eine weitere Besonderheit: "Kinder, die im Osten aufgewachsen sind, lassen sich stärker beeinflussen. Hier kommen die Eltern zur Beratung oft mit und machen ihren Einfluss geltend, auch bei älteren Jugendlichen." So manches Mal sah sich die Berufsberaterin, die über 40 Jahre Berufserfahrung verfügt, daher schon gezwungen, die Eltern zu bitten, mal draußen zu warten. "Weil sonst die Kinder gar nicht zu Wort kommen. Es ist wichtig, dass die Eltern bei der Entscheidung unterstützen. Doch entscheiden sollten die Jugendlichen alleine. Denn dann stehen sie auch dahinter!"

Die Wahl des richtigen Berufes ist ein wichtiger Prozess

Zunehmend werden Eltern - zum Beispiel vonseiten der Schulen - mit in den Prozess der Berufswahl einbezogen. Trotzdem: Die zwanzig häufigsten Ausbildungsberufe machen über 50 Prozent der gewählten Berufe aus. Allein ein Viertel der Hauptschulabsolventen wählt den gleichen oder einen sehr ähnlichen Beruf wie Vater oder Mutter. "Eltern wissen oft gar nicht mehr, was es eigentlich an Berufen gibt und welche Anforderungen gestellt werden", so Heinz-Dieter Steigert, genau wie Nöhring im Vorstand des Deutschen Verbandes für Bildungs- und Berufsberatung. "Die Berufsfelder verändern sich rasant. Immer wieder kommen neue dazu. Da als Eltern eine wirkliche Hilfestellung zu geben, ist schwierig."

Eltern sollten sich nicht aus der Verantwortung ziehen

Das scheint einer der Gründe zu sein, warum viele Eltern sich heute bewusst versuchen rauszuhalten aus der Berufswahl ihrer Kinder. Ein zweiter ist der Wunsch, das Kind möge seinen eigenen Weg gehen können. "Viele Eltern, so ist mein Eindruck, wollen, dass ihre Kinder selbst darauf kommen, was für sie richtig ist, wollen ihnen nichts vorschreiben", so Moll. "Dabei suchen die Jugendlichen den Rat, auch wenn sie es vielleicht nicht so zeigen."

Die Berufswahl ist heute keine Entscheidung fürs Leben mehr

"Mit 14 oder 15 haben die meisten doch noch gar nicht erkannt, wie wichtig die Berufswahl ist. Welche Bedeutung sie für das Leben hat, welche Weichen gestellt werden", befürchtet Heinz-Dieter Steigert. Wobei auch er zugibt, dass Fehlentscheidungen in jungen Jahren heute leichter wett zu machen sind als früher.

"Als ich jung war, da hat man sich für einen Beruf entschieden und den hat man dann eben sein Leben lang ausgeführt. Oft haben die Eltern auch einfach gesagt, das machst du und basta", erzählt Hermine S. Sie ist fast 90 Jahre alt und darüber, dass ihr Enkel sich mit über 30 beruflich noch einmal völlig neu orientiert hat, schüttelt sie immer wieder den Kopf. "Das wäre früher undenkbar gewesen." Heute ist der Ausbildungsberuf keine Entscheidung mehr fürs Leben. "Hier kann man", erklärt Bärbel Nöhring, "den Jugendlichen die Angst nehmen und man muss das auch den Eltern klarmachen."

Im Gespräch bleiben

Wer Kindern die Berufsorientierung aber abnehmen will, nimmt ihnen die Chance, selbst herauszufinden, was sie in ihrem tiefsten Inneren wollen. Und das kann langfristig die Eltern-Kind-Beziehung stören und zu beruflicher Unsicherheit führen. "Zunächst mal sollte man alle Wünsche ernst nehmen", so Nöhring. Was bedeutet ein spezieller Beruf? Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen? Muss ich vom Wohnort wegziehen, um mein Ziel zu erreichen? Und wenn ja, will ich das wirklich? Wie sind die Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten und wie familienfreundlich ist der gewählte Beruf?

Das Wichtigste, was Eltern ihren Kindern schenken können, ist Zeit: Zeit, um über Ideen und Wünsche zu sprechen. Zeit, um Interessen abzuklopfen und von den eigenen Erfahrungen zu berichten. Das Alter, in dem die Jugendlichen bei der Berufswahl sind, ist ein Zeitraum, in dem das Hautaugenmerk in der Erziehung darauf gerichtet sein sollte, im Gespräch zu bleiben. Gelingt das, kann die Suche nach dem richtigen Beruf eine produktive und spannende Phase sein.

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