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Tilidin: Trend-Droge mit gefährlicher Wirkung


Tilidin
Tilidin: Trend-Droge mit gefährlicher Wirkung

Der Missbrauch des Schmerzmittels Tilidin als Droge ist nach Angaben des Berliner Jugendhilfeträgers Evin weiterhin ein großes Problem unter Jugendlichen. "Es wird nicht weniger - im Gegenteil, der Missbrauch nimmt immer mehr zu", sagte Evin-Geschäftsführer Said Tisini anlässlich einer Präventionsveranstaltung zum Thema. "Wir beobachten in unserer täglichen Arbeit, dass Tilidin nicht nur konsumiert wird, sondern auch mehr Jugendliche davon abhängig werden." Tilidin wird eigentlich als Schmerzmittel verabreicht. Experten beklagen jedoch die Suchtgefahr mit der Folge von starken psychische Veränderungen.

Aktualisiert am 06.02.2013|Lesedauer: 3 Min.
t-online, dpa, rev
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Seit einigen Jahren hat sich das Schmerzmittel Tilidin zu einer sehr beliebten Droge vor allem unter jugendlichen Kriminellen entwickelt. Besonders die Berliner Stadtteile Neukölln und Wedding sind von diesem besorgniserregenden Trend betroffen.

Eine andere Gruppe sind gläubige Muslim. Da für sie Medikamente - anders als Drogen wie Heroin, Cannabis oder auch Alkohol - nicht grundsätzlich verboten sind, sind es häufig türkisch- und arabischstämmige Teenager, die Tilidin nehmen. Dies könnte jedoch auch daran liegen, dass das Mittel zur Gruppe der Opiate zählt. Opium hat in der Türkei noch einen hohen Stellenwert, weshalb der Konsum auch kulturell überliefert sein könnte.

Die enthemmende Wirkung von Tilidin

Tilidin ist ein Schmerzmittel, das zum Beispiel in der Krebstherapie eingesetzt wird. Doch das Mittel macht nicht nur schmerzfrei, sondern wirkt eben auch enthemmend. Professor Rainer Thomasius, Leiter der Drogenambulanz am Uni-Klinikum Hamburg-Eppendorf, erklärte im Interview mit "Focus-Schule", dass letztendlich bei der Einnahme von Tilidin zwei Dinge zum aggressiven Verhalten führen: "Die Persönlichkeit des Konsumenten und der pharmakogene Effekt des Medikaments, der eine Euphorisierung, eine ganz milde Antriebssteigerung und die Reduktion von Urteilsvermögen und Gefühlskontrolle verursacht." Thomasius weiter: "Das kann dazu führen, dass hemmende Mechanismen gegenüber der eigenen inneren Wut und Aggressionen dem Konsumenten nicht mehr zur Verfügung stehen. Und dann bricht das aus, was an Aggressivität vorhanden ist."

Tilidin, die "Amokdroge"?

Als Folge dieser Wirkung werden die Konsumenten schmerzfrei und hemmungslos genug, um sich beispielsweise auf eine Schlägerei einzulassen oder einen Raub durchzuführen. Für Polizeibeamte wird die Festnahme eines Konsumenten meist zur äußerst unangenehmen Pflicht. Die Täter wehren sich in in ihrem Größenwahn oft mit allen Kräften. Der "Berliner Kurier" bezeichnete Tilidin einst sogar als "Amokdroge": Mike P, der 16-jährige Messerstecher, der 2006 bei der Eröffnung des Berliner Hauptbahnhofs wahllos zahlreiche Menschen niederstach, hatte vor seiner Tat Tilidin genommen. Und auch Robert Steinhäuser, der Amokläufer von Erfurt, soll mehrmals Tilidin konsumiert haben.

Es kommt beim Tilidin-Konsum schnell zur Überdosierung

Aber die Droge kann auch für die Konsumenten selbst zur großen Gefahr werden. Grundsätzlich lasse sich die Wirkung kaum abschätzen, so Thomasius. Dazu komme es leicht zur Überdosierung, denn das Tilidin hat eine Wirkungsverzögerung von etwa 30 Minuten, was viele Jugendliche dazu bringe, schnell noch mehr zu trinken. Eine Überdosis könne schwerwiegende Komplikationen auslösen: von Bewusstseinstrübungen bis hin zum Koma. Auch in der medizinischen Behandlung wird Tilidin gespritzt. Dabei tritt allerdings keine Opiatwirkung ein. Beim Missbrauch hingegen wird der Stoff oral eingenommen. Der Effekt ist, dass selbst in Kombination mit Naloxon, einem suchthemmenden Mittel, Tilidin so zu erheblichen euphorischen Zuständen führen kann. Damit ist ebenfalls das Abhängigkeitspotenzial sehr groß.

Beschaffungskriminalität nimmt zu

Tilidin ist in Deutschland als "verkehrsfähiges und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel" im Betäubungsmittelgesetz aufgenommen. Das bedeutet, dass der Umgang ohne Erlaubnis oder Verschreibung generell strafbar ist. Viele Jugendliche fälschen die Rezepte. Da allerdings die Berliner Apotheker das Problem inzwischen kennen und viele Ärzte Jugendlichen aus Prinzip kein Tilidin mehr verschreiben, weichen die Täter immer öfter in andere Bundesländer aus, um gefälschte Rezepte einzulösen. So warnte schon vor längerer Zeit die Apothekerkammer Baden-Württemberg auf ihrer Internetseite vor gefälschten Tilidin-Rezepten.

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