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Blindheit: Klicksonar gibt Blinden Orientierung


Blindheit
Klicken und Schnalzen - Echo-Ortung für blinde Kinder

Sich überall frei bewegen, eigenständig auf Tour gehen - für viele blinde Menschen ist das schwierig oder nur ein Traum. Erste Kleinkinder lernen jetzt Echo-Ortung à la Fledermaus. Ständiges Schnalzen mit der Zunge und Klicken begleiten ihre Schritte. Diese Methode mit Blindheit umzugehen ist relativ jung und eignet sich gerade für Kinder, aber Eltern und Betreuer üben mit, wie bei dem vierjährigen Felix.

21.06.2013|Lesedauer: 3 Min.
dpa, Yuriko Wahl-Immel
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Felix kann Mauern hören. Der Vierjährige ist von Geburt an blind. Trotzdem bewegt er sich forsch durch das Gebäude. Dauernd macht er ein klickendes Geräusch mit seiner Zunge. Der Junge nutzt eine Technik, die den Fledermäusen nacheifert. Felix' Schnalzen und Klicken wird von Gegenständen als Schall reflektiert. So hört er, ob ein Hindernis im Weg steht, ob es im Treppenhaus rauf oder runter geht, ob eine Tür geöffnet oder geschlossen ist. Im Fachjargon heißt die Methode Klicksonar oder Echolokalisation, ist von einem blinden Amerikaner entwickelt worden - und findet nun auch in Deutschland erste Beachtung im Training mit Kindern. Unsere Foto-Show zeigt, wie Felix sich orientieren kann.

Blindheit: Der blinde Felix orientiert sich mittels Echo-Ortung wie eine Fledermaus.Vergrößern des Bildes
Der blinde Felix orientiert sich mittels Echo-Ortung wie eine Fledermaus. (Quelle: dpa)

Klicksonar besonders für Kinder geeignet

Klicksonar biete große Chancen für blinde Jungen und Mädchen und gebe ihnen neue Möglichkeiten der Orientierung, sagt der Kölner Mobilitätstrainer Klaus Mönkemeyer. "Wenn Kinder die Technik bereits in der Frühförderung üben, fällt der Lernprozess mit wichtigen Entwicklungsphasen des Gehirns zusammen, das so von Anfang an lernt, sich einen Raum akustisch zu erschließen." Der Experte betont: "Wir gehen davon aus: Je jünger man damit anfängt, desto besser - auch wenn es dazu noch keine Studien gibt."

Eine erste US-Untersuchung habe nachgewiesen, dass Echolokalisation Hirnareale aktiviere, die für die Orientierungsleistung zuständig sind. Das Verfahren erscheine zwar einfach, müsse aber methodisch strukturiert angeboten und systematisch erlernt werden, so dass die Echolokalisation Hirnareale aktiviere, die für die Orientierungsleistung zuständig sind.

Junge Methode: Echo-Ortung in Deutschland noch weitgehend unbekannt

Erfunden hat die Echo-Ortung der blinde Amerikaner Daniel Kish. Er sei Weltmeister in dieser Technik, die er sich als Kind selbst beibrachte, erzählt Mönkemeyer. Kish macht Bergwanderungen, fährt Mountainbike und schult Blinde und Lehrer in mehreren Ländern.

Ende 2011 stellte er die Methode in Deutschland vor. Aber noch immer wissen hierzulande recht wenige von Klicksonar. Vor allem Angebote für den ganz jungen Nachwuchs sind selten. Das Lernprogramm in der Frühförderstelle der Kölner LVR-Severinschule sei in dieser Form bundesweit einmalig, sagt Koordinatorin Maria Lieven. Es steht Kindern ab zwei Jahren offen und wird bisher mit Spenden finanziert.

"Mehr Tempo und Sicherheit"

Auch Felix hat dort an einem Pilotversuch mit 13 Kleinkindern teilgenommen. Das Fazit nach anderthalb Jahren falle nun durchweg positiv aus, sagt Lieven. "Wir stehen mit den Kleinen noch am Anfang. Aber wir können sagen: Alle Kinder haben profitiert. Sie bekommen mehr Tempo und Sicherheit." Mönkemeyer gibt den Kindern zunächst in zehn Lernstunden die Basisfertigkeiten mit und unterrichtet zugleich auch Eltern, Heilpädagogen und Erzieher. Dann ist Üben, Üben, Üben angesagt. Bei Bedarf geht das Training später unter Experten-Anleitung weiter.

Felix und sein Knackfrosch unterwegs

Permanent mit der Zunge zu schnalzen, möglichst hoch und fest im Ton, ist anstrengend. Felix hat zur Unterstützung meistens einen kleinen Spielzeug-Knackfrosch dabei. Zugleich üben die Kleinen auch schon mit dem Stock. "Den gab es früher in der Regel erst zur Einschulung. Wir kombinieren ihn aber schon früh mit dem Schnalzen", erläutert Till Döring vom LVR - Landschaftsverband Rheinland.

Mit Schnalzen den Weg bahnen

"Mit dem Klicken bahnen sich die Kinder vor allem den Weg nach vorne. Bei einer kleinen Vertiefung im Boden hilft ihnen der Stock." Geübte Kinder könnten in unbekannter Umgebung schnell ausmachen, wie viele Autos vor ihnen parken oder wo Hindernisse wie Briefkästen lauern.

Felix' Mutter Anja Weiß ist von der Methode überzeugt. "Felix bewegt sich sehr schnell, nicht ängstlich - und stößt sich nicht häufiger als seine Schwester." Die ist fünf und kann sehen. "Seine räumliche Vorstellung hat sich sehr verbessert." Große Überraschung: "Er hat ein Legohaus mit mehreren Stockwerken, Türen und Fenstern gebaut - das ist eine enorme Leistung." Sie hofft, dass das Verfahren auch andernorts Schule macht. "Manche Eltern sind ganz neidisch, dass es bei uns so eine Möglichkeit gibt."

Zahl der Blinden ist unbekannt

Wie viele blinde und sehbehinderte Menschen hierzulande leben, wird nicht offiziell gezählt. Der Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) geht von rund 150.000 blinden und 500.000 sehbehinderten Menschen bundesweit aus, davon geschätzte 14.000 Schüler.

Mönkemeyer sieht einen großen Bedarf mit Blick auf Klicksonar. "Es ist keine Methode, bei der man einfach den Schalter umlegen kann und dann funktioniert es sofort. Aber das Verfahren kann zu ganz tollen Orientierungsleistungen führen." Felix jedenfalls fährt vergnügt und ausgiebig Bobbycar und Laufrad daheim wie in der Kita - unfallfrei.

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