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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kinderpsychologie Kleine Angeber und große Sprücheklopfer
Schon die Kleinsten sind manchmal ganz groß im Angeben und Sprüche klopfen. Vor allem Jungen durchleben häufig eine Phase, in der sie glauben alles besser zu können als andere. Wie sollten Eltern auf allzu viel Eigenlob beim Nachwuchs reagieren? Werden aus kleinen Angebern später unsympathische Aufschneider?
"Das ist doch babyeinfach!" "Ich kann am besten rechnen!" "Guck mal, was ich schon kann!" Ab einem gewissen Alter fangen viele Kinder an, plötzlich alles besser zu können als die anderen - zumindest tun sie so. Vielen Eltern ist die Aufschneiderei ihrer Kinder ziemlich unangenehm, denn andere könnten glauben, die altklugen Sprüche hätte der Bengel von seinen Eltern. Außerdem machen sie sich oft Sorgen, dass die ständige Prahlerei sich zur langfristigen Charaktereigenschaft auswächst, wenn sie nicht rechtzeitig gegensteuern.
Begeistert vom eigenen Können
Dabei ist es ganz normal, wenn Kinder in einer gewissen Phase ihre Stärken und ihr Können ein wenig überzeichnen. Etwa im Alter von drei bis vier Jahren merken sie, dass sie einige Dinge schon gut alleine können. "Ab diesem Moment ist erst mal nichts mehr so toll, wie die eigene Leistung", erklärt Kinderpsychologe Ron Taffel gegenüber der Zeitschrift "Eltern family". Kinder in diesem Alter sind einfach ehrlich begeistert davon, dass sie langsam selbstständig werden, nicht mehr zu den Kleinen gehören, denen man noch die Jacke zumachen oder das Brot kleinschneiden muss. An diesem Glücksgefühl, so Taffel, wollten sie dann alle Welt teilhaben lassen.
Im Wettstreit die eigenen Stärken entdecken
Erwachsene und Eltern nehmen das plötzlich erwachte Selbstbewusstsein schnell als Arroganz und Angeberei wahr. Denn die kleinen Sprücheklopfer sind meist noch nicht in der Lage, ihre Fähigkeiten richtig einzuschätzen und im Verhältnis zu denen der anderen Kinder objektiv einzuordnen. Das lernen sie erst allmählich - durch Konkurrenz und Wettstreit mit den anderen Kindern. Beim Fußballspielen, Basteln, Rechnen und Seilspringen erfahren sie, wo die eigenen Stärken liegen, aber auch, was andere besonders gut können.
Wenn es dabei gelegentlich ganz schön ruppig zugeht, findet Ron Taffel das nicht weiter schlimm - im Gegenteil: "Um in der Welt bestehen zu können, müssen Kinder Willenskraft, Durchsetzungsvermögen, Ausdauer, Belastbarkeit entwickeln." Und das gelinge nur dann, wenn sie hin und wieder emotional und körperlich an ihre Grenzen kämen. Deshalb sollten Eltern auch nicht immer gleich eingreifen, wenn beim Spielen, Raufen und Toben mal Ausdrücke wie "Verlierer" oder "Schwächling" fallen.
Aufschneider auflaufen lassen
Werden die Kinder älter, reguliert sich ihre Aufschneiderei in der Regel von allein. Ein kleiner Prahlhans, der sich selbst als zweiten Mesut Özil hinstellt, aber eigentlich immer über den Ball tritt, wird ziemlich bald von den Spielkameraden in seine Schranken verwiesen werden. Von seinen Freunden als "Angeber" oder gar "Lügner" beschimpft zu werden, fühlt sich für Kinder nicht gut an. Eine solche Erfahrung hinterlässt wahrscheinlich viel größere Wirkung, als wenn die eigenen Eltern mit ihrem Kind darüber sprechen, dass Angeberei keine schöne Charaktereigenschaft ist.