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Ab wann Jugendliche länger allein zu Hause bleiben dürfen


Kein Bock auf Familienurlaub
Ab wann Jugendliche allein zu Hause bleiben können

Von dpa-tmn
Aktualisiert am 28.07.2016Lesedauer: 3 Min.
Jugendliche: "Ich will nicht mit in den Urlaub!" Teenager müssen zuverlässig sein und Eltern loslassen lernen.Vergrößern des Bildes"Ich will nicht mit in den Urlaub!" Teenager müssen zuverlässig sein und Eltern loslassen lernen. (Quelle: Silvia Marks/dpa-tmn-bilder)

Die Eltern freuen sich auf den Urlaub, aber zu Hause hockt ein trotziger Teenager und mault "Ich komm nicht mit!" Dürfen Jugendliche überhaupt so lange allein zu Hause bleiben? Unter diesen Voraussetzungen ist es möglich.

Im vollgepackten Auto stundenlang über die Autobahn fahren, um dann vierzehn Tage in einer kleinen Ferienwohnung aufeinander zu hocken? Für viele Teenager ist so ein Familienurlaub wenig verlockend. "Für die Eltern ist diese Ablehnung erstmal hart, aber es gehört dazu, Teenager loslassen zu können", sagt Klaus Fischer. Er ist Erziehungsberater in Meschede. Mit 16, 17 Jahren sei es ganz normal, dass Teenager lieber ihre eigenen Wege gehen.

Wie steht es um die Aufsichtspflicht?

Darf man denn minderjährige Kinder überhaupt alleine zu Hause lassen? "Das ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt", sagt Klaus Weil vom Deutschen Anwaltverein. "Das Maß der Aufsichtspflicht ist sehr individuell und abhängig von der Persönlichkeit und dem Alter des Kindes." Bei einem 17-Jährigen, der routiniert alleine klarkommt, sei es in der Regel kein Problem, wegzufahren. Bei einer 16-Jährigen, die bekanntermaßen Drogen nimmt, sei das anders.

Fakt ist: Passiert in Abwesenheit der Eltern etwas, sind diese in der Pflicht, zu belegen, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind. "Deshalb rate ich auf jeden Fall dazu, vor Ort immer Ansprechpersonen für das Kind zu haben, zum Beispiel die Nachbarn."

Kinder unter 15 Jahren sollten nach Auffassung des Anwalts grundsätzlich nicht über längere Zeit allein bleiben. "Die können sicher mal einen Abend ohne Eltern zu Hause sein, aber nicht mehrere Tage."

Jugendliche müssen sich Vertrauen der Eltern verdienen

Die meisten Eltern könnten relativ gut einschätzen, ob ihr Kind in der Lage ist, allein zu bleiben. Wer ständig Regeln missachtet, zu spät kommt oder sich nicht um häuslichen Aufgaben kümmert, ist noch nicht so weit. "Die Jugendlichen müssen in der Lage sein, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen", sagt Diplom-Psychologe Andreas Engel von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung.

Ab 16 sollten sich Jugendliche selbst versorgen können

Grundlage dafür ist Selbstständigkeit. "Der Jugendliche sollte schon eine gewisse Erfahrung haben, wie man sich alleine versorgt." Sich selbst Essen kochen, danach aber auch den Herd ausstellen. Das Haus abschließen, wenn man es verlässt. Die Waschmaschine bedienen oder Kerzen auspusten. Die meisten Jugendlichen sind dazu ab 16 oder 17 Jahren in der Lage. "Da ist es eher die große Herausforderung an die Eltern, Verantwortung zu übertragen und loszulassen."

Vorab Regeln festlegen

Die Übertragung von Verantwortung stärkt das Selbstwertgefühl der Kinder. Bevor Eltern die Koffer packen, sollten sie in einem grundlegenden Gespräch klären, was sie von dem Jugendlichen erwarten: etwa, dass er in der Wohnung keine Partys feiert oder das Auto nicht benutzt. Und wer ein Haustier zurücklässt, muss deutlich machen: "Das Tier ist von deiner Fürsorge abhängig!"

Über jede Kleinigkeit sollten Eltern jedoch nicht verhandeln. Jugendliche brauchen den Raum, eigene Entscheidungen zu treffen. "Man kann sich zwar wünschen, dass der Teenager gesund isst, ob er es dann tatsächlich macht, darauf hat man keinen Einfluss", sagt Erziehungsberater Fischer. Das Haushaltsgeld sollte zwar mit dem Hinweis "Für Lebensmittel und Busfahrkarte" herausgegeben werden. "Wenn sich das Kind davon aber gleich am ersten Tag Klamotten kauft und dann von Knäckebrot leben muss, ist das auch eine Erfahrung, die gemacht werden muss."

Vertrauensperson vor Ort benennen

Trotz allem Loslassen sollten Eltern regelmäßig anrufen und zwischendurch über WhatsApp oder andere Dienste Nachrichten schicken. Für die Kinder sei es gut, vor Ort einen Ansprechpartner zu haben, zum Beispiel die Großeltern, Onkel und Tanten oder Nachbarn. "Man kann ja mit dem Jugendlichen vereinbaren, dass alle drei Tage jemand vorbeikommt und nach dem Rechten sieht", rät Engel.

Spannend sei es bei der ersten Fahrt vor allem, wie der Teenager mit dem Alleinsein klarkommt. "Oft stellt sich bei Jugendlichen nach den ersten Tagen Höhenflug ein Gefühl des Vermissens ein", sagt Engel. Dann merken Kinder plötzlich, dass es doch etwas ganz anderes ist, plötzlich für sich selbst verantwortlich zu sein. Diese Erfahrung kann die Beziehung zwischen Eltern und Teenager stärken und neue Blickwinkel eröffnen.

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