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Verwöhnung durch Eltern schadet Kindern vehement


Verweichlicht und unfähig
Macht die "Droge Verwöhnung" Kinder zu Versagern?

Die eigenen Kinder in Watte zu packen, sie ständig zu behüten und ihnen alles auf dem Silbertablett zu servieren, ist in unserer Wohlstandsgesellschaft zu einem Massenphänomen geworden. In der stark überarbeiteten Neufassung seines Buches "Die Verwöhnungsfalle" schildert Albert Wunsch pointiert, welche negativen Folgen eine verwöhnende Erziehung hat. Ein hochaktuelles Buch, das nicht nur kritisch ist, sondern auch lebensnahe Hilfestellungen für Eltern bereithält.

Aktualisiert am 05.12.2014|Lesedauer: 4 Min.
t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli
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Mütter und Väter wollen von Natur aus immer nur das Beste für ihre Sprösslinge. Doch was ist das Beste für die Entwicklung eines Kindes? Es zu verwöhnen garantiert nicht, so die klare Antwort des renommierten Erziehungswissenschaftlers, Sozialpädagogen und Psychologen Albert Wunsch. Denn Verwöhnung, betont der Experte, verhindere, dass sich Kinder zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten entwickelten.

Verwöhnen hat nichts mit liebevoller Zuwendung zu tun - doch die Folgen können schwerwiegend sein.Vergrößern des Bildes
Verwöhnen hat nichts mit liebevoller Zuwendung zu tun - doch die Folgen können schwerwiegend sein. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Verwöhnung orientiert sich an den Bedürfnissen der Eltern

Dabei ist Verwöhnung für Wunsch nicht liebevolle Zuwendung, sondern stehe eher für Verziehen, Verzärteln, Verweichlichen und für ein übertriebenes Umsorgen. "Zuwendung orientiert sich am anderen, an seinen Entwicklungsschritten, Erwartungen, Möglichkeiten und Grenzen, ist wohlwollend und ermunternd auf Eigenverantwortung gerichtet. Dagegen tritt Verwöhnung zwar im Gewand der Zuwendung auf, orientiert sich aber an den Bedürfnissen. Es geht um den eigenen Vorteil, nicht um das Wohl des Kindes", erläutert er die Unterschiede. Damit meint der Erziehungsexperte das weit verbreitete elterliche Bemühen, Entscheidungen und Konflikte möglichst zu vermeiden.

Harmoniestreben und Bequemlichkeit seien meist die Gründe für dieses Verhalten. Denn je angespannter und nervenaufreibender der Lebensalltag ist, desto größer ist auch die Gefahr, beim Nachwuchs Dinge durchgehen zu lassen.

Die Verwöhnungsfalle schnappt schon bei Babys zu

Wie sich solche Verwöhnungen, die ursprünglich vielleicht nur als Ausnahme gedacht waren, auswirken und sich zu einem Automatismus wandeln können, lässt sich schon bei den Allerkleinsten beobachten. Denn bereits im Babyalter, so Wunsch, würden die Weichen für das weitere Werden gestellt. Bekommt beispielsweise ein Säugling nur ein einziges Mal die Flasche mit zu großer Saugöffnung, wird diese Trinkerleichterung wahrscheinlich ab sofort immer lautstark eingefordert.

Das selbe Verwöhnmuster zeigt sich aber auch Jahre später bei älteren Kindern: Wer ständig mit dem Auto gefahren wird, verliere selbst bei kleinen Strecken schnell die Bereitschaft, einen Weg zu Fuß zu bewältigen beziehungsweise für Anstrengungen überhaupt. Für Wunsch beginnt demnach eine konsequent-liebevolle Erziehung, wo Verwöhnung keinen Platz hat, schon in den ersten Lebenstagen nach der Geburt - entgegen der viel verbreiteten These, dass man Babys gar nicht verwöhnen könne.

Langzeitfolgen der "Droge Verwöhnung"

Es werden unzählige Spielsachen und Markenklamotten gekauft, die Hausaufgaben von den Eltern erledigt, immer nur Lieblingsspeisen des Kindes serviert: Die Folgen dieser "Samthandschuh-Erziehung" sind gravierend und können sich ein Leben lang negativ auswirken. Ein hoher Preis, der für die "Droge Verwöhnung" gezahlt wird. Das macht Albert Wunsch in seinem Buch deutlich.

Falsches oder zu häufiges Helfen, fehlende Regeln und Begrenzungen sowie ausbleibende Herausforderungen, führten immer zu Nichtkönnen und Versagen. Hier hätten viele spätere Probleme in Beruf und Partnerschaft ihren Ursprung.

So sei Verwöhnung auch die Erziehung zur Abhängigkeit. Sie lähme "jegliche eigenständige Entwicklung, behindert die Entstehung sozialer Kompetenz und verhindert die Bildung von Verantwortungsbewusstsein", schreibt der Experte. "Die Leute wollen stabile Persönlichkeiten als Erwachsene, verpassen aber das notwendige Training in Kindheit und Jugend." Das heißt: Wenn man Kindern alles abnimmt, dauernd Bedürfnisse befriedigt, ihnen alle Wünsche gewährt, sie nicht auch mal fordert und in die Pflicht nimmt, fehlt ihnen nachher das nötige Selbstbewusstsein und das "Handling", um im Leben zu bestehen. "Ich kann das nicht" werde dann zum Leitsatz, begleitet von übermäßigem Anspruchsdenken.

Wege zur Besserung

Wunsch zeigt auch Wege aus dem "Verwöhnstrudel" auf. Nur Einsicht und Umdenken könnten etwas an dem Dilemma verändern. So gibt der Pädagoge in seiner Buch-Neufassung, inspiriert von vielen konkreten Fallbeispielen ratloser Eltern, zahlreiche "Praxistipps für den Erziehungsalltag", in denen für alle kindlichen Altersphasen typische Probleme wie etwa "Der Lehrer ist doof. Ich kann die Hausaufgaben nicht", "Mein Sohn mag halt nicht alles essen", "Ich habe keine Lust mein Zimmer aufzuräumen" oder "Schon wieder zu spät nach Hause gekommen" besprochen werden.

Thematisiert wird an dieser Stelle auch der berüchtigte Wutanfall Dreijähriger an der Supermarktkasse, weil eine heiß ersehnte Leckerei nicht gekauft wird. Der beste Trick, um in dieser Situation einem "Ich-will-aber-Theater" vorzubeugen, sei, schon im Vorfeld das Kind aktiv in den Einkaufsvorgang einzubeziehen, indem es etwa den Wagen schiebt oder bestimmte Lebensmittel holen soll, so der Rat des Autors. "Denn wer einbezogen wird, fühlt sich auch ernst genommen." Und wenn es doch per kindlicher Blitzidee zu einer Schreiorgie käme, sei konsequente Nichtbeachtung die optimale Reaktion.

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