Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erziehung Sind Roboter die Nannys von morgen?
Sie erkennen gespeicherte Gesichter wieder, streamen Videos drahtlos ins Netz und sprechen, wenn nötig, mit vertrauter Stimme. Auch wird es nicht mehr lange dauern, da werden die Roboter von einem menschlichen Wesen rein optisch kaum zu unterscheiden sein. In Japan und Südkorea haben die Maschinen bereits Einzug in den menschlichen Alltag gehalten. Sie verrichten nicht nur täglich ihren Dienst in der Altenpflege, sondern werden vermehrt auch in der Kinderbetreuung eingesetzt.
Wissenschaftler warnt vor Invasion der Roboter
Dass Roboter Autos zusammenbauen, sich in Katastrophengebieten bewähren, andere Planeten erforschen und komplizierte Operationen durchführen, daran haben wir uns gewöhnt. Maschinen, die automatisch Rasen mähen oder staubsaugen und Robohunde für Allergiker - diese Dinge werden bei uns eher belächelt, denn als Bedrohung wahrgenommen. Ist doch alles bis jetzt nur Spielerei - aus der, so Noel Sharkey von der britischen Universität Sheffield, jedoch schnell ernst werden kann: "Das Schlimme ist, dass wir unbewusst da hineinschlittern. Diese Entwicklung passiert scheibchenweise. Wir aber treten nicht einen Schritt zurück und überlegen uns, wie wir damit umgehen sollen", so der Wissenschaftler in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.
Roboter halten Einzug im Kinderzimmer
Vorreiter in der Entwicklung sind die USA, Japan und Südkorea. Die neueste Generation von Robotern, die hier bereits zum Einsatz kommt, wirkt extrem menschlich und ist bereits heute nicht mehr auf den ersten und wahrscheinlich auch nicht auf den zweiten Blick von einem echten Menschen zu unterscheiden. Die Silikonhaut wird mit künstlicher Wärme versorgt, die Mimik immer ausgefeilter. Diese Roboter können bis zu einem bestimmten Grad die Emotionen ihres menschlichen Gegenübers erfassen und darauf entsprechend reagieren - heute schon. Diese neuesten Entwicklungen im Bereich der Robotik ziehen aber ethische Fragen nach sich: Ist es unsozial, einen Roboter in der Pflege alter Menschen einzusetzen oder ist es besser als gar keine Zuwendung? Kann eine Maschine ein Kind betreuen? Ist es zum Beispiel angesichts der hohen Zahl von Misshandlungsfällen und Vernachlässigung für manche Kinder sogar ein Segen, seine Zeit mit einer Maschine zu verbringen, die auf "liebevoll" programmiert ist?
Billiger und zuverlässiger als jede Nanny
Fragen, die nicht nur die Ethikommissionen beschäftigen. Letztendlich aber wird sich in manchen Ländern der Roboter im Kinderzimmer immer mehr durchsetzen, und das wird unter anderem auch eine Frage der Kosten sein. Ist er doch im Unterhalt deutlich günstiger als jedes Kindermädchen und letztendlich auch zuverlässiger. Bereits jetzt machen die aufgrund der Nachfrage sinkenden Preise die Robot-Nanny für berufstätige Eltern interessant. Noch nicht bei uns - aber immerhin schon im südostasiatischen Raum.
Eine Maschine mit Mamas Stimme
Ein Renner ist zum Beispiel der in Japan entwickelte Roboter Papero. Der Begriff leitet sich von "Partner-type Personal Robot" ab. Die Maschine wurde dazu entwickelt, Kinder rund um die Uhr zu betreuen. Die Kleinen bekommen einen Funkchip verpasst, mit dessen Hilfe der Roboter sie überwacht. Verlassen sie ihren erlaubten Bereich, reagiert die Technik. Die Maschine ist in der Lage, sich mit dem Kind zu unterhalten, mit ihm zu spielen und ihm sogar interaktiven Sprachunterricht zu erteilen. Per Handy können die Eltern Kontakt zu ihrem Nachwuchs aufnehmen. Der Roboter spricht dann mit Mamas Stimme.
Unabsehbare Folgen für die emotionale und soziale Entwicklung
Welche Auswirkungen eine Kinderbetreuung dieser Art haben wird, ist bis jetzt nicht im Geringsten abzuschätzen. Man kann aber davon ausgehen, dass nicht nur die kognitive und sprachliche Leistung eines auf diese Weise betreuten Kindes beeinflusst wird, sondern auch seine emotionalen und sozialen Fähigkeiten. Noel Sharkey hält die Entwicklung für beunruhigend. Der Professor für Robotik und künstliche Intelligenz geht davon aus, dass dabei "lauter kaputte Kinder" herauskommen werden. "Mit solchen Geräten gab es großangelegte Experimente, auch in den USA. Aber niemand fragt nach, was das für unser Zusammenleben bedeutet. Es gibt keine Gesetze, die das regeln."
Auch die Teilnehmer einer interdisziplinären Veranstaltung der Universität Bielefeld zum Thema "Robotik und Gesetzgebung" kamen erst kürzlich zu dem Ergebnis, dass das Recht derzeit nicht hinreichend auf die neuen Herausforderugen, die sich hier stellen, vorbereitet ist.
Wir können etwas, was der Roboter nicht kann
Denkt man den Gedanken an eine Roboter-Nanny zu Ende, kommen unweigerlich weitere Fragen auf. Was ist, wenn der Roboter das Kind falsch versteht und daraus folgend einen gravierenden Fehler macht? Oder der Nachwuchs ihm Befehle erteilt, die nicht zu seinem eigenen Wohl sind? Was, wenn der Maschine eine Sicherung durchbrennt? Oder sich die künstliche Intelligenz im Umgang mit dem Kind weiterentwickelt und dieses nicht mehr hergeben will?
Doch andererseits: Ein Roboter ist nie müde, immer freundlich und auch bei der 15. Runde "Mensch, ärgere Dich nicht" geht ihm die Lust am Spiel nicht verloren. Er wird jeden Trotzanfall mit viel Geduld lösen und auch dann noch lächeln, wenn uns bestenfalls noch ein klägliches Grinsen gelingt. Was er aber nicht kann, ist herzhaft lachen, auch einmal weinen und ganz wichtig: lieben.