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Geheimsprachen von Kindern: Welche gibt es?


Erziehung
Kryptisches Palaver: Wenn Kinder in Geheimsprachen reden

Schon der kleine Wolfgang Amadeus Mozart sprach angeblich gerne rückwärts, um sich mit seinen Geschwistern verschlüsselt zu verständigen. Und Astrid Lindgrens junger Meisterdetektiv Kalle Blomquist kommunizierte ebenfalls mit seinen Mitstreitern am liebsten in einer Kunstsprache, die nicht für fremde Ohren bestimmt war. Auch heute lieben und kennen fast alle Kinder Geheimsprachen. Vor allem zwischen Geschwistern entstehen häufig solche kryptischen Redeweisen, die für die meisten Eltern unverständlich bleiben. Hier haben wir neun Geheimsprachen zusammengestellt, die bei Kindern besonders beliebt sind.

Aktualisiert am 07.03.2013|Lesedauer: 4 Min.
t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli
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Geheimsprachen entstehen bei Kindern unbewusst

Verschlüsselte Dialoge hat auch die Norwegerin Inga, die schon lange mit ihrer Familie in Deutschland lebt, bei ihren beiden Kindern erlebt. Da ihre Tochter und ihr Sohn zweisprachig aufwachsen, hätten die beiden, kaum dass sie sprechen konnten, ihre Bilingualität auf eine sehr kreative Art genutzt: "Sie haben einen eigenen Jargon aus den zwei Sprachen gebastelt", erzählt Inga. "Das war ein wilder Mix. Da bin ich meist auch nicht mehr mitgekommen - und Außenstehende schon gar nicht. Aber die beiden haben sich blendend verstanden - waren dann eine verschworene Einheit."

Babys: Die "Konversation" dieser Baby-Zwillinge in Dada-Sprache ist ein Video-Hit im Internet.Vergrößern des Bildes
Die "Konversation" dieser Baby-Zwillinge in Dada-Sprache ist ein Video-Hit im Internet. (Quelle: Youtube)

Dass Privat-Sprachen bei Geschwistern nichts Ungewöhnliches sind, weiß der Schweizer Psychologe und Pädagoge Jürg Frick, der sich auch in seinem Buch "Ich mag dich, du nervst mich!" mit Geschwisterbeziehungen auseinandersetzt. Gegenüber der Eltern-Redaktion von t-online.de sagt er: "Solche Geschwister-Codes entstehen meist im Kindergartenalter und während der Grundschulzeit. Danach nimmt das Interesse daran ab."

Typisch für diese "verschlüsselte" Verständigung ist, dass die erdachten Sprachen keiner Systematik folgen. Sie entwickelten sich mit der Zeit eher unbewusst und kämen meist bei Geschwistern vor, deren Altersunterschied nicht mehr als etwa drei Jahre betrage, so Jürg Frick. Dabei spiele auch die Gestik und Mimik eine große Rolle.

Geheimsprachen von Kindern: Codes schweißen Geschwister zusammen

Dass solche kryptischen Unterhaltungen Kindern ein riesiges Vergnügen bereiten, weil sie sich so ungehemmt austauschen können, ohne dass Außenstehende mitreden können, ist naheheliegend. Aber die Attraktivität von verschlüsselter Sprache hat noch eine andere wichtige Funktion: "Geheimsprachen sind deshalb so reizvoll, weil sich Kinder so gegen ihre Eltern deutlich abgrenzen und sich Freiräume erhalten können", erklärt Frick. "Auch um beispielsweise Verbote oder Gebote zu unterlaufen, setzen Geschwister gerne diese Art der Kommunikation ein."

Dabei werde gleichzeitig die geschwisterliche Solidarität gefördert, weil die Geheimsprache etwas Gemeinsames sei: "Die Kinder fühlen sich so verstanden. Ihre Sprache schweißt sie zusammen - ist ein guter und starker Klebstoff." Und dieser könne so nachhaltig wirken, dass sich manche Geschwisterpaare auch Jahre später noch, so die Erfahrungen von Jürg Frick, bei bestimmten Gelegenheiten mit großem Spaß wie bei einem Revival in ihrer Geheimsprache, die sie nie vergessen hätten, unterhielten.

Geheimsprachen bei Zwillingen schon im Kleinkindalter

Ein besonderes Phänomen stellen "Privatsprachen" bei Zwillingen da. Hier kommt es nämlich manchmal schon im Kleinkindalter vor, noch bevor die Muttersprache erlernt wird, dass die Geschwister untereinander Zwiegespräche der speziellen Art führen. Wie sich dies anhören kann, zeigen auf beeindruckende Weise die Zwillinge Sam und Ren aus den USA in einem YouTube Video, das mittlerweile über siebzig Millionen mal angeklickt wurde: Darin führen die 17 Monate alten Quasselstrippen eine rege "Diskussion", bei der sie lautstark nur mit "Dada"-Lauten aber in ständig variierenden Satzmelodien "argumentieren" - stets unterstützt von ausdrucksstarker Gestik und Mimik. Dabei amüsieren sich die beiden Minis zwar prächtig, pflegen aber zugleich eine disziplinierte "Gesprächskultur", indem sie den anderen immer ausreden lassen. Man versteht sich eben - ohne konkrete Worte.

Zwillinge orientieren sich beim Spracherwerb aneinander

"Kryptoglossie" oder "Idioglossie" nennen Wissenschaftler solche Sondersprachen zwischen Zwillingen, die vor allem bei eineiigen Geschwisterpärchen beobachtet werden. Experten begründen diesen intensiven verbalen Austausch damit, dass sich Zwillinge, im Gegensatz zu einzeln geborenen Kindern, beim Spracherwerb weniger an den Eltern orientieren. "Bei Zwillingen ist es speziell", erläutert Frick. "Sie leben in der Regel in einer engeren Welt, sind sehr aufeinander bezogen - ergänzen einander. Der jeweils andere ist sozusagen die zweite Lebenshälfte - die primäre Bezugsperson." So sind die kleinen Individuen im Doppelpack weniger darauf angewiesen, dass ihre Umwelt sie unbedingt verstehen muss. Sie sind in gewisser Weise autark, genügen sich selbst und entwickeln deshalb häufig ihre eigene spezielle Kommunikation.

Verzögerte muttersprachliche Entwicklung

Diese Tatsache wirkt sich auch auf das Lernen der Muttersprache aus. Zwischen ihrem zweiten und vierten Lebensjahr können Zwillinge gegenüber gleichaltrigen "Nicht-Zwillingen" in ihrer sprachlichen Entwicklung bis zu sechs Monate hinterher hinken. Das sei jedoch nicht beunruhigend. Spätestens bis zur Einschulung wäre dieses Manko wieder wettgemacht, erklärt die Züricher Linguistik-Professorin Ulla Kleinberger gegenüber dem Schweizer "Tagesanzeiger": "Solange die Kinder nebst dieser autonomen Sprache auch den normalen Spracherwerb der Umgebung bewältigen, besteht kein Anlass zur Sorge". Kinder seien absolut fähig, so die Expertin, mehrere Sprachen gleichzeitig zu lernen.

Eltern sollten Geheimsprachen von Kindern tolerieren

Auch Psychologe Jürg Frick kann kindlichen "Privatsprachen" nur Gutes abgewinnen und rät deshalb Vätern und Müttern gelassen zu bleiben und nichts dagegen zu unternehmen: "Es ist ganz wichtig, dass Eltern, die für sie unverständlichen Codes einfach tolerieren und nicht versuchen sie aufzuweichen, um mitreden zu können. Denn Geheimsprache ist ein wichtiger Entwicklungsfreiraum für Kinder. Eltern sollten diese Art der Kommunikation einfach positiv sehen und sich über die Kreativität ihrer Kinder freuen."

Training für die grauen Zellen

Neben den "innerfamiliären" Geheimsprachen existieren aber auch noch jede Menge andere verschlüsselte Sprachen, die Kinder verwenden. Sie funktionieren im Gegensatz zu Geschwister-Codes nach einem logischen, für jedermann erlernbaren Konstruktionsprinzip und sind eigentlich eher ein unterhaltsames Spiel. Basis ist immer die Muttersprache, die nach bestimmten Regeln verfremdet wird, so dass sie nicht sofort entziffert werden kann. Mit solcher Sprachakrobatik zu jonglieren macht nicht nur Spaß, sondern ist auch perfektes Gehirnjogging. Denn die grauen Zellen müssen bei diesen "Kunst-Sprachen" die bekannten Wörter zunächst zerlegen und sie dann nach dem Prinzip der jeweiligen Geheimsprache verfremden. Das erfordert Konzentration und Durchhaltevermögen. Hier haben wir neun Geheimsprachen zusammengestellt, die bei Kindern besonders beliebt sind.

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