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Wie man bei Kindern gesunden Ehrgeiz wecken kann


Zehn Tipps
Wie man bei Kindern gesunden Ehrgeiz wecken kann

Übertriebener Ehrgeiz wird negativ aufgefasst, doch mangelnder Ehrgeiz ist eine Leistungsbremse in der Schule, im Sport und später im Berufsleben. Eltern können ihre Sprösslinge dabei unterstützen, einen gesunden und vernünftigen Ehrgeiz zu entwickeln. Diese zehn Tipps helfen dabei.

Aktualisiert am 23.11.2017|Lesedauer: 5 Min.
t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli
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Die Freude an Leistung und Erfolg wecken

"Dieser Ehrgeizling!" Wer so genannt wird, kann sich nicht so recht freuen. Denn hier wird Ehrgeiz negativ verstanden, meint verbissenes Strebertum ohne Rücksicht auf Verluste. Doch eigentlich ist Ehrgeiz etwas Positives und wir verwenden den Begriff, um ein ganzes Bündel von Eigenschaften zu beschreiben: die Fähigkeit und Lust etwas zu leisten, Hindernisse zu überwinden und Probleme zu lösen, sowie die Freude am Schaffen und Gelingen. Das ist jedoch nur das Ideal. Denn fast jeder weiß, wie schwierig es ist, Antriebslosigkeit zu überwinden.

Glücksgefühle fördern die Gehirnentwicklung.Vergrößern des Bildes
Glücksgefühle fördern die Gehirnentwicklung. (Quelle: Bigandt_Photography/Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Ambitioniertes Verhalten bereits in den Genen verankert

Die Grundlagen für Ehrgeiz sind schon in unseren Genen angelegt, denn Ehrgeiz ist einer der Antriebsmechanismen unseres Lebens, den schon die Kleinsten intensiv einsetzen. Das bestätigt auch der bekannte Göttinger Neurobiologe und Hirnforscher Gerald Hüther gegenüber "familie.de": "Der Wunsch, über sich hinauszuwachsen, kommt schon ganz früh. Bereits Babys möchten etwas leisten. Das ist von Anfang an ein Bedürfnis, eine grundlegende Erfahrung."

Glücksgefühle fördern die Gehirnentwicklung

Was damit gemeint ist, weiß jeder, der schon mal ein Baby dabei beobachtet hat, wie es mit aller Kraft vorwärts robbt, um nach einem roten Bauklötzchen zu greifen, oder den unermüdlichen Versuch eines Zweijährigen verfolgt hat, aus Klötzen einen riesigen Turm zu stapeln.

Ohne es gelernt zu haben, wollen es die Winzlinge schaffen, ein selbstgestecktes Ziel zu erreichen. Sie lassen nicht locker, bis es gelingt. Der Erfolg wird mit Glücksgefühl belohnt. Dies sei wichtig für die Entwicklung, so Gerald Hüther, denn die positiven Emotionen trügen entscheidend zur "Verschaltung" der Synapsen im Gehirn bei und begünstigten den Aufbau einer differenzierten Gehirnstruktur. Die Kurzformel: Erfolg macht erfolgreich.

Leistungsgesellschaft setzt falsche Anreize

Diese frühe Lust am Gelingen ist jedoch ein kostbarer Schatz, den es zu hüten und zu pflegen gilt. Das heißt für Eltern: Sie sollten ihren Kindern die Möglichkeit geben, sich einzubringen und sich anzustrengen, um zu zeigen, was in ihnen steckt. Doch dieser zielorientierte eigene Antrieb sei heute, wo Kinder häufig einer permanenten Reizüberflutung und vielen Ablenkungen ausgesetzt seien, nicht mehr so einfach umzusetzen, weiß Neurobiologe Gerald Hüther.

Den Kindern fehle es oft an Aufgaben, die sie fordern, anspornen und ihnen die Chance geben, über sich hinauszuwachsen. Außerdem sei es sehr schwer, in unserer Leistungsgesellschaft das richtige Maß an Ehrgeiz zu vermitteln, so Hüther weiter: "Wir leben in einer stark auf Konkurrenz und Rivalität ausgerichteten Gesellschaft. Da wird aus Fördern und Fordern schnell ein strammer, übertriebener Ehrgeiz. Und diesen Ehrgeiz reden wir uns dann auch noch als 'Zukunftskompetenz' schön, weil sich mit ihm Macht und Erfolg scheinbar leicht realisieren lassen. Unseren Kindern tun wir mit solch einer Haltung aber keinen Gefallen."

Der Ehrgeiz der Eltern muss zurückstehen

So ist es wichtig, eine Balance zu finden, denn die Lust auf Leistung sollte bei Kindern nicht dazu führen, dass sie zu kleinen Karrieristen werden, die sich permanent mit anderen vergleichen und sich immer in einer Wettbewerbssituation sehen. Eine große Rolle spielt bei diesem falschen Ehrgeiz die Haltung der Eltern. Denn oft sind es die Erwartungen anderer, die den Kindern wie ein Korsett übergestülpt werden und sie antreiben.

Diese Art der Motivation halten die meisten Fachleute für äußerst schädlich, denn übertriebener, falsch verstandener Ehrgeiz von Eltern sei oft ein größeres Problem als mangelnder Ehrgeiz von Kindern. Denn Kinder, an die dauerhaft hohe Erwartungen gestellt werden, erleben oft eine doppelte Enttäuschung: Das Kind ist dann nicht nur unglücklich über sich selbst, wenn etwas misslingt, sondern auch über diejenigen, die diese Erwartungen hatten. Das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen und in die Bezugspersonen geht so verloren.

Eine solch negative Emotionalität, erläutert Hirnforscher Hüther, habe auch Einfluss auf die grauen Zellen: "Beides erzeugt eine so starke innere Unruhe im Gehirn, dass nichts Neues mehr dazugelernt werden kann."

Anstrengen um der Sache willen

Auch der Lübecker Schulpsychologe Norbert Hartmann weiß aus seiner Praxis, dass es am besten ist, wenn Kinder aus sich heraus handeln und sich nicht nur anstrengen, weil es von ihnen erwartet wird: "Ideal ist es , wenn ein Kind beispielsweise eine gute Note schreibt, weil es sich für das Thema interessiert, und den Stoff durchdrungen hat. Die Eins ist dann sozusagen die schönste Nebensache der Welt." Problematisch werde es, so der Experte weiter, wenn ein Kind sich nur um der Noten willen bemüht, um damit Lob und Anerkennung von Eltern und Lehrern zu ernten. Da gehe es dann nur noch um die Reaktion auf die Leistung und das sei langfristig keine gute Basis.

Um solchen Automatismen entgegenzuwirken, sollten Eltern ihr Interesse an den Leistungen ihrer Kinder nicht an den Noten festmachen, sondern zum Beispiel nach einer Klassenarbeit zuerst nach den Inhalten zu fragen. So kommt beim Nachwuchs die Botschaft an: "Es geht um die Sache und nicht um eine Zahl, die ein Lehrer unter meine Arbeit schreibt."

Vorbild sein ohne Druck zu machen

Die beste Methode, wie Eltern kindlichen Ehrgeiz vermitteln und fördern können, ist, ihren Kindern Schaffensfreude und positives Engagement vorzuleben und nicht mit erwartungsvollen Sätzen wie "jetzt streng dich mal an" oder "Gib dir doch Mühe" Druck zu machen.

Die Vorbildfunktion der Eltern kann sich in alltäglichen, unspektakulären Situationen spiegeln – wenn etwa Mama mit viel Fleiß und Ausdauer jedes Jahr die besten Weihnachtsplätzchen bäckt, sich Papa intensiv um seine selbstgezüchteten Tomaten kümmert oder als ehrenamtlicher Handballtrainer motiviert seine Mannschaft führt. Solche vorgelebten Ambitionen färbten auf Kinder ab, weiß Schulpsychologe Norbert Hartmann. Das heiße aber nicht, dass sie damit automatisch zum Klassenbesten würden. Doch die familiäre Inspiration sei ein Kapital, von dem man ein ganzes Leben zehren könne.

Maßstäbe der Erwachsenen sind nicht relevant

Gesunden Ehrgeiz bei ihren Kindern zu fördern, heißt für Eltern aber auch, sich bewusst zurückzunehmen und den Nachwuchs einfach mal machen zu lassen. Denn die innere Motivation und die Interessen der Kinder sollten Erwachsene nicht nach den Maßstäben der eigenen "reifen" Welt bewerten.

Es muss nicht alles gleich erkennbar sinnvoll, effizient, wichtig und lohnend sein, wofür Kinder sich engagieren. Da ist es gar nicht schlimm, wenn sich zielgerichtete Begeisterung, Disziplin, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen in kleinen Nischen entwickelt, wie etwa beim Sammeln von Dino-Stickern, beim Üben von Zaubertricks oder beim Einstudieren einer Zirkusvorstellung. So zeigt sich oft am besten, welche Gestaltungslust und Lernfreude von Natur aus in Kindern steckt.

Diese zehn Tipps zeigen weitere Möglichkeiten, wie Kinder auch mit Unterstützung der Eltern gesunden und vernünftigen Ehrgeiz entwickeln können.

ratgeber.t-online.de: Selbstständig werden: Kinder fördern, ohne zu überfordern

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