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Erfahrungsbericht: Schwanger im Studium


Ungeplant schwanger
Baby im Studium

t-online, Jenni Zwick

Aktualisiert am 23.04.2014Lesedauer: 4 Min.
Ungeplant schwanger! Kann das Experiment Familie gelingen?Vergrößern des Bildes
Ungeplant schwanger! Kann das Experiment Familie gelingen? (Quelle: Thinkstock by Getty-Images - Symbolfoto)

Jessica und Lars (Namen geändert) hatten eine völlig andere Zukunftsperspektive: Studium, Ausland, Neues ausprobieren, Job - und dann kam alles anders. Abtreibung war Jessicas erster Gedanke. Als Glück empfanden die beiden das Baby erst nach einer Weile:

Mit meinem damaligen Freund, ich nenne ihn Lars, war ich gerade drei Monate zusammen. Ich mochte ihn sehr, doch ein gemeinsames Leben war (noch) kein Thema. Er war damals 26 und ich 28 Jahre alt. Wir lernten uns beim Jobben in einer Lounge kennen, er war Barkeeper, ich Servicekraft. Er wollte demnächst ein Praxissemester in Schweden machen, ich hatte vor, nach dem Studium nach Berlin oder Hamburg zu gehen. Doch es kam anders.

Schwanger? Ich doch nicht!

Ich hatte schon ein seltsames Gefühl, als ich aufstand und meine Brüste weh taten. Irgendwie wusste ich es da schon. Aber ich dachte, ich und schwanger? das kann gar nicht sein.

Ich schwänzte die Uni und sprintete zur Apotheke. Dort erfuhr ich, dass man eine Schwangerschaft sowieso erst nach zwei Wochen feststellen kann, aber er funktionierte schon. Als ich zuhause den zarten rosa Strich auf dem Test sah, konnte ich es nicht glauben: Ich und schwanger, das konnte einfach nicht wahr sein. Ich rief Lars an und sagte, er solle doch bitte vorbei kommen, wenn es irgendwie geht. Er kam auch und war genauso geschockt wie ich.

Nicht bereit für ein Kind

Wir redeten, ob wir uns ein Kind vorstellen könnten, was das für uns bedeuten würde und ob wir uns bereit für ein Kind fühlen würden. Für mich stand schon immer fest, ich bekomme erst ein Kind, wenn ich einen Job habe, in einer festen Beziehung bin und mein Leben in geregelten Bahnen verläuft. Vor allem aber, wenn ich mich bereit fühle, so viel Verantwortung zu tragen. Lars sagte mir ziemlich direkt, dass er sich ein Leben mit mir vorstellen könnte und dass er das Kind wolle. Ich verneinte völlig. Ich motzte ihn an, dass er das ja wohl nicht gut überlegt habe und dass wir noch studieren würden. Ich wollte kein Kind!

Emotionen pur: Abtreibungstermin abgesagt

Wir machten einen Termin beim Frauenarzt (der die Schwangerschaft bestätigte), bei der Caritas (für einen Beratungsschein) und bei der Klinik, die Abtreibungen vornahm. Das Ganze dauerte keine zwei Wochen. Doch in dieser Zeit arbeitete es in mir. In meiner Vorstellung sah ich einen großen hellen Ball, um den winzige Lichtpunkte flogen. Ich spürte, das ist ein Geschenk! Ich muss es annehmen, denn solch ein großes Geschenk darf man nicht ablehnen. Das klingt esoterisch, aber dieses einmalige Gefühl war so überwältigend, dass ich meine Angst zumindest so weit verlor, die Entscheidung für das Kind zu fällen. Den Beratungsschein und die Genehmigung von der Krankenkasse schon in der Tasche, sagte ich den Termin in der Abtreibungsklinik ab.

Nur wenige Freunde von uns wussten von der Schwangerschaft. Eine Abtreibung erzählt man schließlich nicht herum. Auch unsere Eltern wollten wir nicht informieren. Das sah jetzt natürlich anders aus. Meine Mutter schrieb in dieser Zeit ein Buch und hatte wenig Zeit. Ich sagte zu ihr, ich müsste sie mal sehen, wenn sie wieder etwas Zeit hätte. Sie erzählte mir später, dass sie dachte, ich habe Krebs oder sonst eine schlimme Krankheit. Entsprechend erleichtert war sie, dass ich „nur“ schwanger war. Auch die Eltern von Lars und mein Vater freuten sich für uns. Die Bedenken, dass wir ja noch im Studium und wir erst so kurz zusammen seien, hielten sie für sich. Obwohl das natürlich auch für uns Beide ein großes Thema war.

Das Gefühl, das Richtige zu tun

Wir suchten uns ein Heim für drei, zogen um und bereiteten uns gemeinsam auf unser Leben zu dritt vor. Obwohl wir uns wirklich noch gar nicht vorstellen konnten, wie das wohl aussehen würde. Doch wir studierten und jobbten weiter und fanden bei unseren Freunden und Eltern große Unterstützung. Die Ängste blieben - doch das Gefühl, das Richtige getan zu haben, überwog sie bei Weitem. Auch die Vorfreude auf das Baby wuchs bei meinem Freund und mir.

Beziehungsbruch nach einem unglaublichen Jahr

Die Geburt selbst ist für mich noch immer das schönste Erlebnis meines Lebens. Ich habe eine wunderschöne Tochter bekommen, die uns natürlich ganz schön auf Trab gehalten hat (und noch hält). Das erste Jahr war unglaublich und wir haben uns als Familie gut behauptet. Nach einem Urlaubssemester studierte ich weiter und beendete mein Studium, als meine Tochter anderthalb Jahre alt war. Doch die Zeit der Diplomarbeit mit Nebenjob und Kind war heftig und es kam zum ersten großen Bruch zwischen Lars und mir. Nach einem weiteren Jahr schrieb er seine Diplomarbeit, zu der Zeit arbeitete ich fast voll und ernährte die Familie. Die Zeit war einfach zu stressig für unsere Liebe und nach einem weiteren Jahr trennten wir uns. Zum Leidwesen unserer Tochter und unserer restlichen Familie, die sich natürlich wünschten, dass wir noch einmal die Kurve bekämen.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist unser Verhältnis sehr gut. Unsere Tochter hat alle zwei Wochen Papa-Wochenende von Donnerstag bis Montag und fühlt sich bei ihm genauso zu Hause, wie bei mir. Sie wünscht sich wahrscheinlich noch immer, dass wir wieder ein Paar werden, doch wir Erwachsenen wissen, dass es die richtige Entscheidung war. Das Geschenk, das uns gegeben wurde, ist für uns noch immer das größte, das wir uns vorstellen können. Obwohl wir uns unser Leben zu dem Zeitpunkt, als wir zusammengekommen sind, anders vorgestellt haben und zu dieser Zeit noch ganz anders geplant hatten.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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