Das sagt das RKI So gut wirken die scharfen Corona-Maßnahmen in Deutschland
Seit Wochen gelten auch in Deutschland drastische Maßnahmen, um das Coronavirus auszubremsen. Die Einschränkungen haben sich offenbar gelohnt. Die Reproduktionsrate des Virus sinkt.
Noch am Mittwoch hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Deutschen wenig Tröstliches und viel Bitteres verkündet: Kein Ostereier-Suchen im großen Familienkreis, Kontaktsperren bis mindestens 19. April. Und für alle, die auf eine Lockerung hofften, legte sie die Latte noch höher. Erst müsse der tägliche Anstieg der Infektionszahlen auf fünf bis sechs Prozent gedrückt werden. Eine Woche zuvor hatte sie gut sieben Prozent für ausreichend gehalten.
Was die Kanzlerin nicht sagte, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) als hoffnungsvolle Botschaft nicht einmal 48 Stunden später etwas verklausuliert mit: Die Kontaktsperren haben offenbar Erfolg, das exponentielle Wachstum der Infektionen ist vorerst gestoppt. Die Zahl der Neu-Ansteckungen sollte zudem in den nächsten Tagen zurückgehen. Übersetzt heißt dies für die Regierungs-Szenarien: Deutschland ist auf dem Pfad des "Best Case". Und vielleicht sogar einen Tick besser.
Geschwindigkeit der Ausbreitung nahezu halbiert
Die verschärften Kontaktsperren gelten nun seit zwölf Tagen. Da die Inkubationszeit beim Coronavirus – also die Zeit zwischen Ansteckung und Symptomen – zwischen fünf und 14 Tagen beträgt, muss sich die Wirkung gezeigt haben. Und tatsächlich hat sich die Geschwindigkeit der Ausbreitung der Epidemie nahezu halbiert.
In der vergangenen Woche lag im Schnitt der tägliche Zuwachs an Infektionen bei neun Prozent, in der Woche zuvor waren es noch 17 Prozent. Damit hätte man die früher von Merkel genannte Maßgabe für eine Lockerung der Einschränkungen von gut sieben Prozent bereits beinahe erreicht.
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RKI-Chef Lothar Wieler hatte eine noch bessere Nachricht parat: Die sogenannte Reproduktionsrate sei auf eins gedrückt. Das bedeutet: Ein Infizierter steckt nur jeweils einen weiteren an, das exponentielle Wachstum ist gestoppt. Und er habe die Hoffnung, dass die Rate in den nächsten Tagen unter eins sinke, sagte Wieler. Damit würde die Epidemie sogar zurückgehen.
Selbst Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach so von "leicht positiven" Trend, lehnte aber jedes Signal der Entwarnung ab. Denn klar ist, dass die Epidemie immer wieder mit hohen Raten wieder ausbrechen könnte, solange es keinen Impfstoff gibt. Die Politik will deswegen kein Signal der Entwarnung geben und fordert weiter Disziplin.
Das sogenannte "Szenario 1 (Schnelle Kontrolle)"
Ende März hatte die Bundesregierung Szenarien entwickelt, die bis zu einer Million Toten vorhersagten – im schlimmsten Fall. Tatsächlich bewegen sich die Zahlen aber in dem internen Papier beim besten Fall, des "Szenario 1 (Schnelle Kontrolle)". Die wirtschaftliche Bilanz wäre zwar dann ähnlich der Weltwirtschaftskrise 2009, was in dem Papier dennoch als "Hoffnungsschimmer" bezeichnet wird.
Entscheidend für dieses Szenario sei, dass es gelinge, "die exponentielle Verbreitung des Virus zu stoppen und die Ansteckungsrate vor Ostern auf unter 1 zu senken". Exakt dies hat RKI-Chef Wieler in Aussicht gestellt.
Das Papier skizziert zudem für dieses Szenario einen Verlauf, den die Autoren damals selbst als optimistisch einschätzten: Ab 6. April – also Montag – werde die Ansteckungsrate mit 0,8 unter eins liegen. Unter eins werde sie bis zum 20. April – also für die Dauer der Kontaktsperren – auch bleiben.
Das bedeutet dann laut Regierungsszenario: "Schrittweise Lockerung der Ausgangsbeschränkungen, Wiederaufnahme des Schulbetriebs, sobald dies ohne erneutes Aufflammen der Epidemie möglich ist."
Krankenhausgesellschaft: "Sind gerüstet"
Die Autoren weisen aber selbst in diesem "Best Case Szenario" auf ein Risiko hin: Die Kapazitäten der Krankenhäuser könnten dennoch überfordert sein. Auch darauf wies RKI-Chef Wieler hin. "Ich persönlich habe die Einschätzung, dass sie nicht reichen werden. Und ich freue mich, wenn ich mich täusche."
Dieser Ansicht ist offenbar nicht der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. Er zeigt sich zuversichtlich, dass die 15.000 bis 20.000 freien Intensivbetten ausreichen. Beatmungsgeräte würden in den kommenden zwei Wochen für alle Covid-19 Patienten zur Verfügung stehen.
Setzt sich der Trend bei den Neuinfektionen fort, sollte nach den zwei Wochen auch die Zahl neuer Patienten sinken.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagentur Reuters