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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leere Regale wegen Coronavirus Virologe: Hamsterkäufe sind "völlig fehl am Platze"
Mehl, Nudeln, Konserven, Toilettenpapier: Wer aktuell einkaufen geht, steht vielerorts vor leeren Regalen. Selbst dort, wo es noch keine Fälle des neuen Coronavirus gibt, decken sich die Menschen ein.
Seit sich das neuartige Coronavirus auch in Deutschland ausbreitet, entstehen Ängste. Obwohl die Bundesregierung grundsätzlich zu Vorräten für Notsituationen wie Hochwasser oder Stromausfall rät, scheinen die Menschen eine Isolierung in der eigenen Wohnung erst jetzt als eine reelle Gefahr zu sehen. Die Aufnahmen aus Deutschlands Supermärkten sehen Sie oben im Video oder hier.
Hamsterkäufe für den Quarantäne-Fall
"Seit Mittwoch geht das so", sagt eine Berliner Rewe-Verkäuferin mit Blick auf leere Regale. "Das ist doch verrückt!" Seit die Medien auf Tipps zur Vorratshaltung der Bundesregierung hinweisen, kaufen die Menschen alles, was sich gut lagern lasse, erklärt die Mitarbeiterin. Dabei gibt es in Berlin bisher keinen Coronavirus-Fall.
Nicht nur Nudeln und Konserven, auch Trockenfleisch, Milch und Mehl sind in vielen Märkten nahezu ausverkauft. Auch bei den Getränken werden die Regale leerer.
Absperrung von Städten weiterhin unwahrscheinlich
Doch: Hamsterkäufe sind nicht notwendig, auch die Angst, dass es zu Sperrbezirken kommt, ist zunächst einmal unbegründet: "Hamsterkäufe sind natürlich völlig fehl am Platze. Wir müssen dafür sorgen, dass die Infrastruktur gut funktioniert", erklärt der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR), "dass wir weiterhin die Kranken versorgen können, dass Ärzte in die Krankenhäuser kommen." Deshalb sei nicht damit zu rechnen, dass Städte abgeriegelt werden.
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer erklärte, die Absperrung von Regionen oder Städten sei zwar nicht völlig auszuschließen. "Dieses Szenario wäre das letzte Mittel", so der CSU-Politiker.
Kritik und Häme in den sozialen Netzwerken
In den sozialen Netzwerken machen sich viele Menschen über die leeren Regale lustig oder kritisieren die Panik, die dadurch verbreitet werde. "Wenn man Angst vor Corona hat, dann sollte man vielleicht Menschenmassen meiden", schreibt eine Twitter-Nutzerin – beim Einkaufen hätte man schließlich Kontakt mit vielen anderen Menschen.
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"Dass hier jetzt jeder ein Bild postet von irgendeiner leeren Ware und das auf Hamsterkäufe schiebt, ist auch lächerlich", schreibt ein anderer Nutzer, sowas habe es auch schon vor Corona gegeben. Andere witzeln, wer gehamstert habe, müsse sich nun sehr lange von Fertiggerichten aus Dosen ernähren.
Desinfektionsmittel sind kaum noch erhältlich
Noch leerer sind allerdings die Regale in den Drogeriemärkten: Desinfektionsmittel, Toilettenpapier, selbst Hygienespüler sind vielerorts ausverkauft. Auch Apotheken haben kaum noch Mundschutz oder Desinfektionsmittel vorrätig.
Und natürlich ist die Händedesinfektion eine wichtige Maßnahme, um die Verbreitung von Krankheitserregern einzudämmen. Doch nicht jedes Mittel wirkt gegen jeden Erreger. "Viruzid" wirksame Desinfektionsmittel können beispielsweise den größten Teil der Viren unschädlich machen – etwa bei Norovirus-Infektionen.
Die "begrenzt viruziden" Produkte hingegen wirken nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) nur gegen sogenannte behüllte Viren. Dazu zählen auch Coronaviren. Viele der Desinfektionsmittel aus der Drogerie wirken allerdings nur gegen Bakterien oder Pilze, nicht aber gegen Viren.
Handelsverband: "Sind auf Hamsterkäufe vorbereitet"
Dem deutschen Einzelhandel hingegen bereiten erste Hamstereinkäufe wegen der Verbreitung des Coronavirus in Deutschland bislang keine Sorgen. Die Lieferstrukturen im Handel seien effizient und gut vorbereitet, die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet, sagt der Sprecher des Handelsverbands Deutschland, Kai Falk.
Einschränkungen bei der Warenverfügbarkeit im Handel seien bislang nicht festzustellen, sagt Falk weiter. Wie die weitere Verbreitung des Virus die Konsumstimmung und das Kaufverhalten beeinflusst, bleibe abzuwarten. Die Unternehmen seien mit den Behörden in Kontakt, um auf weitere Entwicklungen und Empfehlungen zum Schutz der Kunden und Mitarbeiter angemessen reagieren zu können.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagentur dpa
- WDR Aktuelle Stunde
- Robert Koch-Institut: Hygienemaßnahmen