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Corona und Grippe: Uns droht im Herbst eine Doppelwelle


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Corona und Grippe
Jetzt droht uns die "Twindemie"


Aktualisiert am 28.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Deutschland im Corona-Herbst: Diese Animation zeigt, wie es um potenziell gefährliche Virusvarianten steht und welche Vermutung aus aktuellen Daten folgt. (Quelle: t-online)
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Zwei Jahre fiel die Grippewelle aus. Nun befürchten Experten einen Doppelschlag in der kalten Jahreszeit: Corona und Influenza.

Die Corona-Infektionszahlen schwanken, doch klar ist: In Herbst und Winter schlägt das Virus erneut zu – wieder mit einer neuen Variante. - Sorge macht den Experten jedoch noch ein anderer Umstand: In den vergangenen Jahren blieb die jahreszeitlich übliche Grippewelle aus. Die Anti-Corona-Maßnahmen minderten auch das Risiko für eine Infektion mit dem Influenza-Virus.

Vor einigen Wochen warnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf Twitter: "Im Moment baut sich eine kombinierte Welle von Covid und Grippe auf." Fachleute sprechen von Twindemie – zusammengesetzt aus "Twin" (englisch für Zwilling) und Pandemie.

Zahlen der Barmer Ersatzkasse dokumentieren eine Verdopplung der Krankschriften wegen Atemwegserkrankungen im September. Waren Anfang des Monats noch rund 200 von 10.000 Beschäftigten wegen dieser Infekte krankgeschrieben, lag der Wert Anfang Oktober bereits bei 410. Etwa ein Drittel davon ging auf Corona-Infektionen zurück.

Neue ansteckendere Corona-Variante auch bei uns angekommen

Corona dürfte in den kommenden Wochen noch einmal Fahrt aufnehmen, denn Experten prophezeien, dass sich die ansteckendere Variante BQ.1.1. ("Cerberus" genannt) auch in Deutschland durchsetzen und Mitte bis Ende November die dominante Variante im Infektionsgeschehen sein wird.

Bislang ist nicht bekannt, ob sie auch die Schwere der Krankheitsverläufe nach einer Infektion beeinflusst, aber Fachleute gehen eher nicht davon aus. So erklärte der Modellierer Kristan Schneider im Gespräch mit t-online: "Momentan befinden wir uns im Blindflug. Aber dass das die neue Killervariante ist, kann man ausschließen." Wäre dem so, müssten die Hospitalisierungs- und Mortalitätsraten in den USA schon höher sein, so der Experte.

Dennoch kann sich die neue Variante nur durchsetzen, weil sie einen Übertragungsvorteil hat, Genesene und Geimpfte sich also leichter anstecken. Befürchtet werden hohe Personalausfälle, die besonders in der kritischen Infrastruktur zu Problemen führen können.

Australien dieses Jahr schwer getroffen

Um einzuschätzen, wie heftig die Grippewelle sein könnte, die uns erwartet, lohnt ein Blick auf die Südhalbkugel. Denn die Influenza-Viren zirkulieren um die Welt und schlagen meist dort zu, wo Winter herrscht.

Ende Juli berichtete das australische Überwachungssystem für meldepflichtige Krankheiten (National Notifiable Diseases Sureveillance System) über die höchste Zahl Grippeinfizierter seit fünf Jahren: 212.573, davon waren 246 Todesfälle auf einen Zusammenhang mit Influenza zurückzuführen. 6,5 Prozent der Patienten mussten intensivmedizinisch betreut werden.

Auffällig war allerdings, dass ab Mitte Juli die Zahl der Fälle abnahm und sogar unter den Durchschnitt der letzten fünf Jahre fiel. Dabei waren besonders Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren betroffen. Dennoch lassen die Zahlen aufhorchen.

Deutschland droht eine schwere Grippewelle

Prof. Dr. Markus Rose ist Ärztlicher Leiter des Bereichs Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und CF am Olgahospital des Klinikums Stuttgart. Er erklärte Mitte des Monats, mit Blick auf die Daten aus Australien, dass auch bei uns eine schwere Grippewelle drohe.

"Allein im Stuttgarter Olgahospital, der Kinderklinik des Klinikums Stuttgart, liegen zurzeit sieben Kinder mit Lungeninfektionen, die durch Influenzaviren verursacht wurden. Im letzten Jahr hatten wir mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus eine ähnliche Situation, auch da waren die hohen Infektionszahlen aus Australien ein Vorbote für das, was uns erwartet hat."

Immunsystem ist schlecht trainiert

Auslöser einer schwereren Grippewelle könnte auch ein Umstand sein, der auf den Kampf gegen das Coronavirus zurückzuführen ist: Durch die Anti-Corona-Maßnahmen hatte unser Immunsystem kaum Möglichkeiten, sich zu trainieren.

Rose: "Über die vergangenen zwei Jahre haben wir nur eingeschränkten Kontakt untereinander gehabt. Durch die im Rahmen der Corona-Pandemie notwendigen Kontaktbeschränkungen fehlt unserem Immunsystem das natürliche Training, dass es braucht, um eine Immunität aufbauen zu können."

In Deutschland droht Überlastung des Gesundheitssystems

Dr. Ralf Dürrwald, Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Influenza am Robert Koch-Institut, berichtete Mitte des Monats: "Seit Ende September ist die Zahl der an das RKI übermittelten Influenzafälle im Meldewesen deutlich angestiegen. Die Interpretation dieses Anstiegs ist jedoch schwierig."

Bei Anzeichen einer akuten Atemwegsinfektion werde ein Test auf Covid-19 empfohlen – und je nach Symptomatik und bei Grunderkrankungen auch auf Influenza. Das sei vermutlich auch der Grund, weshalb Influenza-Fälle entdeckt werden und in den Meldedaten auftauchen, die in den vergangenen (vorpandemischen) Jahren um diese Zeit nicht erfasst wurden, so Dürrwald. Heißt: Durch die verstärkten Testungen bei Symptomen könnten auch Influenza-Fälle entdeckt werden, die vorher nicht als solche bestätigt waren.

Aktuell seien laut Robert Koch-Institut Influenzaviren schon sehr präsent. In Kombination mit einer verstärkten Corona-Herbstwelle kann dies zu Problemen führen. "Es ist schwer vorherzusehen, ob Grippe und Covid-19 in diesem Winter zu einer Doppelbelastung führen werden", erläutert Anke Huckriede, Professorin für Vakzinologie am Institut für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Groningen in den Niederlanden.

Das gleichzeitige oder kurz nacheinanderfolgende Auftreten von Infektionspeaks könne jedoch zu einer Belastung des Gesundheitssystems führen – durch mehr Patienten einerseits und Personalausfälle andererseits.

Auch Doppelinfektionen sind möglich

Was Experten zusätzlich Sorgen macht: Auch eine Doppelinfektion ist möglich. Prof. Dr. Stephan Ludwig, Direktor am Institut für Molekulare Virologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, erklärt: "Da sich Coronaviren und Influenzaviren unabhängig voneinander ausbreiten, kann es auch zu Doppelinfektionen kommen, die besonders gefährlich sind. Die gute Nachricht: Gegen beide Erreger kann man sich impfen lassen, sogar gleichzeitig."

Wirksame Impfstoffe und Hygieneregeln helfen

Da die Risikogruppen für schwere Krankheitsverläufe bei beiden Virenarten vergleichbar sind, sollten diese die Impfungen in Anspruch nehmen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt sowohl die Corona-Auffrischimpfung (vierte Impfung) als auch den Anti-Grippe-Pieks vor allem Menschen über 60 Jahre, Vorerkrankten, Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen sowie medizinischem Personal und Schwangeren.

Stephan Ludwig ergänzt: "Obwohl zur Passform der aktuellen Grippe-Impfstoffe noch nicht viel bekannt ist, kann man doch davon ausgehen, dass sie aufgrund der guten Vorhersagen einen guten Schutz vermitteln. Die Impfstoffe gegen Corona wurden ja gerade auf die noch zirkulierende Omikron-Variante angepasst."

Auch die anderen Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Corona, wie Maskentragen und Abstandhalten, würden gegen die Ausbreitung der Grippe wirken, sodass man hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlage, so Ludwig.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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