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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gesund abnehmen oder schlaues Marketing? Protein-Fasten: Das verbirgt sich hinter dem Trend
Protein-Fasten kombiniert Intervallfasten mit einer Extraportion Protein, um die Gewichtsreduktion zu unterstützen. Experten bemängeln jedoch die wissenschaftliche Grundlage dieses Trends.
Wer abnehmen will, stößt früher oder später auf das Intervallfasten. Dabei wird nur in einem bestimmten Zeitfenster gegessen, zum Beispiel acht Stunden am Tag oder fünf Tage in der Woche. Die restliche Zeit wird gefastet. Eiweißfasten ist eine Abwandlung dieser Methode, bei der das Intervallfasten mit einem erhöhten Eiweißanteil in der Nahrung kombiniert wird. Dadurch soll die Gewichtsreduktion noch verstärkt und weitere gesundheitliche Vorteile erzielt werden.
Aber was genau verbirgt sich hinter dieser Strategie? Ist sie wirklich so effektiv oder birgt sie auch Risiken?
Gut zu wissen
Beim klassischen Intervallfasten ist nicht vorgeschrieben, was man essen darf. Es sollte allerdings möglichst gesund sein. Insgesamt lassen Studien vermuten, dass man mit dem Intervallfasten in etwa so viel abnehmen kann wie mit einer klassischen Diät, bei der man über den Tag verteilt einen Teil der Kalorien einspart. Letzteres wird als kontinuierliche Kalorienrestriktion bezeichnet.
Wie funktioniert Protein-Fasten?
Beim Protein-Fasten wird der Anteil an eiweißreichen Lebensmitteln in der Ernährung erhöht. Während eine normale Ernährung etwa 15 bis 25 Prozent Eiweiß enthält, sollen bei dieser Fastenform etwa 35 Prozent der täglichen Kalorien über Eiweiß aufgenommen werden. Außerdem sollten diese eiweißreichen Mahlzeiten gleichmäßig über die Fastenzeit verteilt werden.
Das heißt: Anstatt Protein nur in einer oder zwei Mahlzeiten aufzunehmen, sollten sie besser alle zwei bis drei Stunden Protein zu sich nehmen, etwa in Form von eiweißreichen Snacks. Diese Form des Fastens wird daher auch als Intervallfasten mit Protein Pacing bezeichnet. Denn das Protein Pacing ist eine Form der Ernährung, bei der Eiweiß in kleinen Portionen regelmäßig über den Tag verteilt aufgenommen wird.
Vorteile des Protein-Fastens
Große Aufmerksamkeit bekam das Protein-Fasten durch eine Studie aus dem vorigen Jahr. Dabei wurde festgestellt, dass Intervallfasten mit Protein Pacing die Gewichtsabnahme im Vergleich zu einer kalorienreduzierten mediterranen Diät steigert. Studienteilnehmer, die diesem Fastenmodell folgten, verloren mehr Körpergewicht und Bauchfett, ohne dass die Muskelmasse stark abnahm. Zudem berichteten die Probanden über weniger Magen-Darm-Beschwerden, was die Autoren auf eine Zunahme vorteilhafter Darmbakterien der Familie Christensenellaceae zurückführten.
Dabei ist der Ansatz, mit einem höheren Proteinanteil abzunehmen, nicht neu. Denn es wird schon länger vermutet, dass eine proteinreiche Ernährung schneller satt macht, die Muskelmasse erhält, den Energieverbrauch erhöht und zur Reduzierung von Heißhungerattacken beiträgt.
Und auch Intervallfasten hat nachweislich einen positiven Effekt auf die Gewichtsreduktion und den Stoffwechsel. So hilft es offenbar nicht nur beim Abnehmen, sondern verbessert auch den Insulinstoffwechsel und hilft, Blutzuckerschwankungen zu reduzieren. Zudem geht nach bisherigem Forschungsstand weniger Muskelmasse verloren als bei einer kontinuierlichen Kalorienrestriktion.
So lief die Studie ab
In einem achtwöchigen Test nahmen 41 übergewichtige Personen teil, die aber ansonsten gesund waren. Sie wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe ernährte sich nach dem Intervallfasten kombiniert mit Protein Pacing und nahm täglich vier Mahlzeiten mit 25 bis 50 Gramm Protein zu sich. Insgesamt sah ihre Ernährung einen Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinanteil von jeweils 35, 30 und 35 Prozent vor und beinhaltete Fastenperioden von bis zu 60 Stunden pro Woche. Die andere Gruppe ernährte sich nach einer kalorienreduzierten mediterranen Diät. Die insgesamt aufgenommenen Kalorien waren in beiden Gruppen gleich: 1200 Kilokalorien für Frauen und 1500 Kilokalorien für Männer.
Die Studie wurde von Forschenden des New Yorker Skidmore College und der Arizona State University in den USA erarbeitet. Sie erschien in dem Fachjournal "Nature Communications". Sponsor der Studie war Isagenix, ein Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln.
Mögliche Nachteile und Risiken
Allerdings gibt es auch Experten, die sowohl das Konzept Protein-Fasten als auch die oben angeführte Studie kritisieren. Laut der "Pharmazeutischen Zeitung" (PZ) spricht Dr. Stefan Kabisch, Studienarzt in der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung an der Berliner Charité, von einer "methodisch nur teilweise gut durchgeführten Studie". Er bemängelt unter anderem die geringe Probandenzahl. Zudem kritisiert der Experte, dass die Studie von einem Nahrungsergänzungsmittelhersteller finanziert wurde.
Auch Professor Dr. Christian Sina, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, kritisiert nach Angaben der "PZ" die geringe Probandenzahl und den zu kurzen Zeitraum der Studie. Die Schlussfolgerung, dass Intervallfasten mit vielen Proteinprodukten das Mikrobiom positiv beeinflusst und insgesamt gesünder ist als eine kalorienreduzierte mediterrane Diät, sei dem Experten zufolge daher wissenschaftlich nicht zulässig.
Für wen ist Protein-Fasten nicht geeignet?
Protein ist einer der drei Grundbausteine der Ernährung (Makronährstoffe) und daher für jeden Menschen wichtig. Eine Menge von zehn bis 35 Prozent der täglichen Kalorien oder 0,8 bis 1,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag gilt allgemein als gesund. Bei einem 80 Kilogramm schweren Mann wären das zwischen 64 und 96 Gramm pro Tag. Menschen, die regelmäßig Sport treiben, brauchen tendenziell etwas mehr Protein. Je nach Sportart und Intensität werden ihnen 1,1 bis 1,7 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag empfohlen.
Allerdings sollte man es auch nicht übertreiben. Denn zu viel Eiweiß kann die Niere belasten. Daher sollten vor allem Menschen mit Nierenproblemen eine proteinreiche Ernährung vorher mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin besprechen. Auch Menschen mit Gicht sollten vorsichtig sein. Denn viele tierische Eiweißlieferanten enthalten Purine, die Gichtanfälle auslösen können. Außerdem liefern eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch und Käse oft auch viele gesättigte Fettsäuren – und diese schaden dem Herzen und den Gefäßen.
Fazit
Sowohl eine proteinreiche Ernährung als auch das Intervallfasten können beim Abnehmen helfen und sich positiv auf den Stoffwechsel und die Muskulatur auswirken. Die Kombination dieser beiden Ernährungsformen, das Protein-Fasten, hat in einer kleinen Studie ebenfalls einen positiven Effekt auf das Körpergewicht von übergewichtigen Menschen gezeigt. Allerdings bezweifeln Experten, dass das Protein-Fasten besser ist als andere, kalorienreduzierte Ernährungsformen. Zudem ist eine sehr proteinreiche Ernährung nicht für alle Menschen geeignet.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- pharmazeutische-zeitung.de: "Abnehmen mit Protein Pacing und Intervallfasten". (Stand: Mai 2024)
- nature.com: "Gut microbiome remodeling and metabolomic profile improves in response to protein pacing with intermittent fasting versus continuous caloric restriction". (Stand: Mai 2024; englisch)
- springermedizin.de: "Intermittent fasting: is there a role in the treatment of diabetes? A review of the literature and guide for primary care physicians". (Stand: 2021; englisch)
- mayoclinichealthsystem.org: "Are you getting enough protein?". (Stand: 2024; englisch)