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CDU-Generalsekretär Czaja: "Wir haben ein fundamentales Energieproblem"


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CDU-Generalsekretär kritisiert Habeck
"Das ist schlichtweg falsch"


15.07.2022Lesedauer: 6 Min.
Kokerei in Bottrop (Symbolbild): Wieder verstärkt auf Kohle zu setzen, anstatt die Laufzeit der Atomkraftwerke zu verlängern, hält CDU-Generalsekretär Czaja für einen Fehler.Vergrößern des Bildes
Kokerei in Bottrop (Symbolbild): Wieder verstärkt auf Kohle zu setzen, anstatt die Laufzeit der Atomkraftwerke zu verlängern, hält CDU-Generalsekretär Czaja für einen Fehler. (Quelle: Michael Ketzer/imago-images-bilder)

Deutschland drohen Gasengpässe. Wirtschaftsminister Habeck wendet sich deshalb immer wieder an die Bevölkerung. Die Opposition findet: Das reicht nicht.

Noch scheint die Sonne, eine Hitzewelle rollt auf Deutschland zu. Der Winter, Minusgrade, Schnee und Eis scheinen da noch weit entfernt zu sein. Und doch mehren sich die Warnungen vor einem kalten Winter – nicht zuletzt von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Der Grund: Sollte das russische Gas bald dauerhaft nicht mehr fließen, müssten Deutschlands Reserven in den Speichern rationiert werden. Habeck mahnte deshalb, man müsse sich "auf das Schlimmste" vorbereiten.

Die Opposition will sich mit solchen Worten nicht zufriedengeben und fordert stattdessen Maßnahmen, um die Gaskrise abzumildern. Im Gespräch mit t-online sagt CDU-Generalsekretär Mario Czaja jetzt: "Habeck gibt sich als Ankündigungsminister und bleibt den Deutschen viele konkrete Antworten schuldig. Er warnt vor der Krise, aber bringt keine Antworten mit. Er erinnert ein bisschen an Karl Lauterbach. Problembeschreibung: top – Problemlösung: Flop."

Hitzige Diskussionen um Atomkraft

Vor allem eine Ankündigung vermisst Czaja: die Verlängerung der Laufzeiten für Deutschlands Kernkraftwerke.

Die könnte, so Czaja, ein Teil der Lösung der Gaskrise sein. Habeck aber lasse diese Option gänzlich außer Acht. "Er stellt sich aus reiner Ideologie gegen die Möglichkeit, die Laufzeit von bestehenden Atomkraftwerken zu verlängern", erklärt Czaja. "Habeck behauptet, wir hätten kein Strom-, sondern ein Wärmeproblem, aber das ist schlichtweg falsch. Wir haben ein fundamentales Energieproblem. Schließlich wird ein beträchtlicher Anteil Gas verstromt."

Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr durchschnittlich 10,5 Prozent des verbrauchten Gases zur Stromerzeugung genutzt. Gas galt lange Zeit als Brückentechnologie, um von fossilen Brennstoffen zu mehr erneuerbaren Energien zu kommen. Nun aber muss Deutschland genau diesen Energieträger ersetzen, um die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren.

Habeck hat deshalb eine Gesetzesänderung angestoßen, die es ermöglicht, mehr Strom aus Kohle zu gewinnen. Ein deutlicher Kompromiss für den Grünen, denn Kohlekraftwerke gelten als besonders klimaschädlich. Genau das wirft Czaja ihm und seiner Partei nun vor: "Die Grünen sind immer noch mehr Anti-AKW-Partei als Klimaschutzpartei, sonst würden sie in dieser Frage anders entscheiden."

Inwiefern Atomkraft hingegen eine geeignete Alternative darstellt, ist umstritten. Thilo Schaefer, Energieexperte am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW), sagt t-online: "Atomenergie kann eine Grundlast abdecken, Gas hingegen ist viel flexibler." Genau diese Flexibilität ist aber nötig, um die Spitzen bei der Energieversorgung abdecken zu können.

Zudem gilt ein Weiterbetrieb der letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke, die planmäßig zum Jahresende abgestellt werden sollen, als sehr teuer. "Bei Investition sollte immer auch gefragt werden, ob nicht mit der gleichen Menge Geld an anderer Stelle mehr zu erreichen ist", so Schaefer. "Das wäre in diesem Fall sicherlich bei erneuerbaren Energien der Fall. Diese sind allerdings im Vergleich zu Atomenergie sehr volatil."

Auch die Betreiber der Atomkraftwerke selbst hatten zuletzt auf diese Probleme hingewiesen. So hieß es etwa vom Stromkonzern RWE: "Unser Kraftwerk in Emsland ist auf den Auslaufbetrieb zum Ende des Jahres ausgerichtet, zu dem Zeitpunkt wird der Brennstoff aufgebraucht sein. Ein Weiterbetrieb über den 31. Dezember 2022 hinaus wäre mit hohen Hürden technischer als auch genehmigungsrechtlicher Natur verbunden."

Angespannte Versorgungslage

Klar ist allerdings, dass eine Alternative gefunden werden muss. Denn die Versorgungslage ist angespannt. Sei Beginn dieser Woche fließt kein Gas mehr durch die Ostseepipeline Nord Stream 1.

Dieser Stopp war zwar geplant – es handelt sich um jährlich stattfindende Wartungsarbeiten –, doch ob die Lieferungen danach wieder aufgenommen werden, ist diesmal unklar. Russland wollte zuletzt keine Garantien dafür geben, ab dem 21. Juli wieder Gas durch die Pipeline zu schicken.

Während diese Wartungsarbeiten in der Vergangenheit nie ein Problem darstellten, schauen die deutsche Politik und vor allem auch die Wirtschaft diesmal mit Sorge auf die Entwicklung.

Gas war zuletzt zweitwichtigster Energieträger

Von den Lieferungen hängt nämlich auch der Füllstand der Gasspeicher ab. Hohe Füllstände gelten als eine der wichtigsten Säulen, um die Versorgung im Winter zu sichern. Dazu sollen die Speicher bis November zu 90 Prozent mit Gas befüllt sein.

Ohne Gas geht es schließlich nicht: 2021 machte Gas einen Anteil von 26,7 Prozent der in Deutschland verbrauchten Energie aus und war damit nach Mineral- und Heizöl der zweitwichtigste Energieträger. Erneuerbare Energien lagen mit 16,1 Prozent auf dem dritten Platz.

Ein beträchtlicher Anteil von über 55 Prozent dieses Gases stammte aus Russland. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges ist dieser Anteil laut Angaben der Bundesregierung auf 38 Prozent gesunken.

Uniper entnimmt Gas aus Speichern

Derzeit sinkt der Füllstand der Speicher nun aber. Der Energiekonzern Uniper hat gemäß jüngster Meldungen begonnen, Gas aus seinen Speichern zu entnehmen (t-online berichtete). "Seit Anfang der Woche entnehmen wir Gas aus den von uns selbst genutzten Kapazitäten", sagte ein Unternehmenssprecher am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. Als Argumente nannte er Liquiditätsgründe sowie die Erfüllung von Verträgen. Wie viel Gas entnommen wird, sagte der Sprecher nicht.

Das bedeutet vor allem für die Industrie banges Warten, denn sie verbraucht in Deutschland das meiste Gas – 36 Prozent des Gesamtabsatzes 2021. Sie ist dabei aber nicht nur der größte Abnehmer – Gas ist mit über 30 Prozent auch der wichtigste Energieträger in der Industrie.

Vorrang der Privathaushalte wackelt

Heikel ist dabei vor allem, dass im Falle einer Gasmangellage kritische Infrastruktur und Privathaushalte besonders geschützt sind, die Industrie also das Nachsehen hätte. So steht es zumindest bislang im deutschen Notfallplan Gas, der die Verteilung in einer Krisensituation regelt. Mehr dazu lesen Sie hier.

Ob das so bleibt, ist derweil ungewiss. Am Donnerstag wurde ein Papier der EU-Kommission bekannt, das Vorschläge für die Sicherung der Gasversorgung auflistet – und in besonderen Fällen auch den Vorrang der Privathaushalte infrage stellt.

Im Papier heißt es dazu: "In Notfällen können die Mitgliedstaaten beschließen, der Gasversorgung bestimmter kritischer Gaskraftwerke Vorrang vor der Gasversorgung bestimmter Kategorien geschützter Kunden einzuräumen, sofern die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung gefährdet sein könnte."

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Habeck hatte sich zu Beginn der Woche ähnlich geäußert. Bei einem Besuch in Wien sagte er, dass auch Privathaushalte "ihren Anteil leisten" müssten. Denn "eine dauerhafte oder langfristige Unterbrechung von industrieller Produktion" hätte "massive Folgen" für die Versorgungssituation.

Czaja: Auktionsmodell seit Wochen angekündigt

Um die industrielle Versorgung zu gewährleisten, hatte Habeck bereits vor einigen Wochen ein Auktionsmodell vorgestellt. Dabei orientierte er sich an einem Vorschlag von Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller und bestehenden Mechanismen auf dem Strommarkt.

Die Idee: Die Firmenkunden bieten um die Höhe staatlicher Entschädigungszahlungen, das niedrigste Gebot erhält den Zuschlag. Dahinter steht der Gedanke, dass diejenigen, die niedrige Gebote abgeben, am ehesten auf das Gas verzichten und durch die Entschädigungszahlungen auf Alternativen ausweichen könnten, die ohne die Zuschüsse zu teuer wären.

Im Ernstfall käme dann das Gas noch bei all jenen Betrieben an, die am wenigsten darauf verzichten können. Mehr dazu lesen Sie hier.

Bislang jedoch gab es eine solche Auktion nicht, wie auch CDU-General Czaja kritisiert. "Wieder einmal fällt Robert Habeck durch Aktionismus auf", sagte er t-online. "Er warnt, anstatt Lösungsansätze anzubieten, um einen solchen Notstand abzuwenden: Die seit Wochen angekündigte Auktionierung für freiwillige Einsparungen in der Wirtschaft soll frühestens im September kommen."

Angst könnte Preise treiben

Ist es dann schon zu spät? Czaja jedenfalls fürchtet, dass die Unsicherheit unter den Deutschen steigen dürfte – und die Situation sie dann auch teuer zu stehen käme. Denn an den Rohstoffmärkten werde diese Unsicherheit bereits mit einkalkuliert.

"Habeck muss Sicherheit für den Winter schaffen und damit Spekulationen an den Märkten mit allen Mitteln verhindern", fordert Czaja. Neben dem Gas gehe es dabei auch ums Öl: "Die Preise am Rohölmarkt haben längst nichts mehr mit der realen Verknappung zu tun, sondern sind angstgetrieben. Diese Ängste werden von Habeck nicht genommen, sondern noch verstärkt", so der CDU-Politiker weiter.

Allianz zwischen Union und FDP

Auffällig: Die Kritik an Habecks Kurs kommt inzwischen nicht mehr nur aus der oppositionellen Union. Auch beim Koalitionspartner FDP gibt es Widerspruch – an seiner Haltung zur Atomkraft, aber auch am allgemeinen Management der Energiekrise.

So sagte etwa FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der "Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft": "Aus meiner Sicht tut er zu wenig." Auch die Empfehlungen des Grünen-Politikers, wie Bürger Energie sparen könnten, kritisierte Djir-Sarai: "Aufgabe des Wirtschaftsministers ist es, Versorgungssicherheit zu gewährleisten und nicht Dusch-Tipps zu geben. Das ist mir, offen gestanden, ein wenig zu plump." Außer zu Einsparungen in der Industrie hatte Habeck mit einer eigenen Kampagne auch Privatpersonen dazu aufgefordert, im Alltag Energie zu sparen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Mario Czaja (CDU)
  • Gespräch mit Thilo Schaefer (IW)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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