Wohnrecht bei Eigenbedarf BGH stärkt Mieterschutz beim Verkauf kommunaler Wohnungen
Die obersten deutschen Zivilrichter stärken den Schutz von Mietern bei kommunalen Immobilienverkäufen. Ist im Kaufvertrag ein lebenslanges Wohnrecht vermerkt, kann den Mietern nicht einfach gekündigt werden. Von der Sozialcharta profitieren viele Mieter.
Wenn Kommunen ihre Wohnungen verkaufen, stellt sich auch immer die Frage nach der Zukunft der Mieter. In einem Fall aus Bochum stellte der Bundesgerichtshof (BGH) nun fest, dass eine im Kaufvertrag enthaltene Kündigungsschutzklausel langjährige Mieter schützt. Die Richter bestätigten damit das in dem Vertrag festgeschriebene lebenslange Wohnrecht. Das Urteil dürfte den Schutz von Mietern auch in anderen Fällen stärken (BGH Az. VIII ZR 109/18).
Worum ging es in dem konkreten Fall?
Die Stadt Bochum verkaufte im Jahr 2012 ein Siedlungshaus, in dem ein ehemaliger Bergmann seit 1981 wohnte. Der Kaufvertrag enthielt unter anderem die Vorgabe: "Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht." Der Käufer übernehme auch das bestehende Mietverhältnis. Auch eine Kündigung wegen Eigenbedarfs wurde vertraglich ausgeschlossen. Es war zudem vorgesehen, dass bei einer Kündigung die Stadt als Verkäufer das Grundstück zurückkaufen kann.
Im Jahr 2015 kündigten die neuen Eigentümer dennoch. Die Mieter wollten dies nicht akzeptieren und beriefen sich auf das in dem Kaufvertrag festgeschriebene lebenslange Wohnrecht. Die neuen Eigentümer erhoben daraufhin eine Räumungsklage.
Wie entschieden die Gerichte?
Schon das Amtsgericht und das Landgericht in Bochum schmetterten die Klage ab. In letzter Instanz wies nun auch der Bundesgerichtshof die Revision zurück. Die Mieter können sich damit auf die Kündigungsschutzklausel in dem Vertrag berufen. Die Stadt Bochum habe "alles Erdenkliche" getan, um ihnen ein lebenslanges Wohnrecht zu garantieren, sagte die Vorsitzende Richterin des zuständigen BGH-Zivilsenats, Karin Milger. Es sei auch "alles andere als überraschend", dass die Stadt langjährige Mieter schützen wollte.
Wo lag der rechtliche Knackpunkt?
Die Mieter schlossen den Kaufvertrag nicht ab, sondern waren nur davon betroffen. Die Gerichte mussten deshalb prüfen, ob es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter handelt. Gesetzlich ist vorgesehen, dass ein Dritter unter bestimmten Umständen die festgeschriebenen Leistungen einfordern kann. Die Gerichte bejahten dies in diesem Fall. Das Berufungsgericht in Bochum habe die gesetzlichen Vorgaben "mustergültig" ausgelegt, befand Bundesrichterin Milger.
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Welche grundsätzliche Bedeutung hat der Fall?
Nach Ansicht des Deutschen Mieterbunds (DMB) weist die Entscheidung weit über den Einzelfall hinaus, weil sich Mieter nun auf die in Kaufverträgen zwischen Kommunen und Käufern festgeschriebenen Kündigungsschutzregeln berufen können.
Das Urteil hat dem DMB zufolge Konsequenzen für die kommunalen Immobilienverkäufe der vergangenen Jahre, in denen für Mieter eine sogenannte Sozialcharta vereinbart wurde. Dabei wurden etwa Regelungen zum Kündigungsschutz oder zum Schutz von Mieterhöhungen auch oft in Kaufverträgen festgehalten. Betroffen sind davon nach Schätzungen des Mieterbunds mehrere hunderttausend Wohnungen. Das höchstrichterliche Urteil sei auf diese Fälle übertragbar.
- Nachrichtenagentur AFP
- Nachrichtenagentur dpa