Vererben, vermachen Vermächtnis und Erbe: Was ist der Unterschied?
Bei der Verteilung des Nachlasses machen die meisten Menschen zwischen den beiden Worten keinen Unterschied. Den gibt es dennoch, etwa beim bürokratischen Aufwand. Fragen und Antworten zu Besonderheiten des Vermächtnisses.
Wann ist ein Legat hilfreich?
Zum Beispiel, wenn in Patchworkfamilien Kinder aus früheren Beziehungen etwas vom Vermögen abbekommen, aber bei der Verteilung des Erbes nicht mitreden sollen. Oder wenn Freunde, Bekannte, Lebenspartner, Vereine, Kirchen und Tiere zum Zuge kommen sollen. Der Vorteil für die so Bedachten: Anders als klassische Erben müssen sie weder Schulden aus dem Nachlass begleichen noch die mit dem Tod des Erblassers verbundene Bürokratie abwickeln, etwa Erbschein beantragen und Wohnung auflösen.
Die Münchner Rechtsanwältin Julia Roglmeier vergleicht die Situation mit einer Sahnetorte. "Der Vermächtnisnehmer hat Anspruch auf die Kirsche obendrauf. Er nimmt sie, steht vom Tisch auf und geht." Um den Rest der Torte darf sich dann die erbende Verwandtschaft schlagen.
Wer bestimmt die Größe der Kirsche, sprich den Inhalt des Vermächtnisses?
Der Erblasser ordnet testamentarisch an, wer was erhält. Das reicht von der Briefmarkensammlung über die Perlenkette, Omas Geschirr und Fotos bis hin zu Immobilien, Aktien und Geld. Die zugedachten Dinge sind präzise zu beschreiben. Das vermeidet Diskussionen. "Alles muss so eindeutig sein, dass jeder sofort weiß, was gemeint ist", sagt der Notar Thomas Wachter aus München.
Bei der Perlenkette sind das zum Beispiel Länge und Farbe, bei Depots Nummer, Bank, Ansprechpartner, bei Firmen und Häusern Handelsregister- und Grundbuchauszug. Bei Geld wird entweder der genaue Betrag genannt oder eine Quote.
Wer kann mit einem Vermächtnis bedacht werden?
"Jede natürliche und juristische Person", sagt Jan Bittler von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) mit Sitz im baden-württembergischen Angelbachtal. Besonders gerne werden ihm zufolge Legate genutzt, um Tiere zu versorgen. Das geht indirekt. "Der Person meines Vertrauens wende ich ein Vermächtnis mit der Auflage zu, dieses für die Pflege meines Tieres zu verwenden." Zur Kontrolle werde ein Testamentsvollstrecker eingesetzt. Pflegekräfte können nichts erhalten – dem stehen die Heimgesetze entgegen.
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Wie kommen Vermächtnisnehmer an das ihnen Zugedachte?
Ansprechpartner sind die Erben. "Von ihnen wird das Vermächtnis eingefordert", erläutert Bittler. Dazu bleiben mindestens drei Jahre Zeit ab dem Ende des Jahres, in dem der Bedachte von dem Passus zu seinen Gunsten erfährt.
Wer Streit zwischen Erben und Vermächtnisnehmer vorbeugen will, setzt den Vermächtnisnehmer zum Testamentsvollstrecker in eigener Sache ein. "Er kann dann die ihm zugedachten Sachen an sich selbst herausgeben", erläutert Roglmeier.
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Können auch Erben mit Vermächtnissen bedacht werden?
Ja, das geht. Der Fachbegriff heißt Vorausvermächtnis. Der oder die Erben erhalten das Zugedachte vorab zusätzlich zu ihrem Erbteil. Mit diesem wird das Legat nicht verrechnet, weil Bedachte das Vermächtnis wie die Kirsche vor Verteilen des Erb-Kuchens wegnehmen.
- Nachrichtenagentur dpa